Revolutionsprofis

Eine kurze Reportage von 2011:

Kurz, aber sehr gehaltvoll. Welche Informationen liefert uns der Film?

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In Gedenken an die Gefallenen

Der 9. Mai ist einer der wichtigsten Feiertage in Russland und auch in anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Millionen Soldaten und Zivilisten mussten im Zweiten Weltkrieg ihr Leben lassen. In Russland heißt der Kriegsabschnitt von 1941 bis 1945 “Großer Vaterländischer Krieg”. Er heißt so, weil nicht nur die Armee und die Militärindustrie diesen Krieg gekämpft haben, sondern das gesamte Volk. An der Front und im Hinterland mussten alle Menschen der Sowjetunion alles geben, um den Sieg gegen den Faschismus zu erringen.

Das nachfolgende Video gibt einen winzigen Einblick in das Verhältnis Russlands zum Großen Vaterländischen Krieg. Das Video zeigt eine Sandanimation von Tori Worobjowa (Тори Воробьёва) zum Lied “Ich wurde getötet bei Rschew” von Wladimir Migulja (Владимир Мигуля), nach dem gleichnamigen Gedicht von Alexander Twardowskij (Александр Твардовский) von 1946. Aus dem Gedicht wurde ein Lied und zum Lied wurde die Sandanimation gemacht – so leben der Sieg und das Gedenken in der russischen Kultur, werden immer wieder neu verarbeitet, aufgearbeitet und erzählt. Ich habe das Video untertitelt, um das Lied dem deutschen Publikum zugänglich zu machen.

Originalvideo hier.

Bei Rschew, in der Nähe von Moskau, verlief im Zweiten Weltkrieg ein strategisch wichtiger Frontabschnitt, der äußerst hart umkämpft wurde. Die Kämpfe dauerten über ein Jahr lang, die Sowjetunion verlor an diesem Frontabschnitt mehrere Hunderttausend Menschen allein an Toten, dazu eine noch größere Zahl an Verletzten, Kampfunfähigen und Gefangenen.

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In der Kürze liegt die Würze (2)

In den letzten Tagen wurde in den Kommentaren vermehrt eine Glaubensrichtung beworben, deren Motto und Mantra lautet:

“Ich bin nichts. Andere entscheiden über mich. Ich kann und werde nichts daran ändern.”

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Der Krieg um TTIP geht in die letzte Runde

Obamas große Mission in Hannover war die Bewerbung von TTIP. Unsere Medien haben das großzügig unterstützt. Gleichwohl waren auch kritische Stimmen zu vernehmen. Merkel selbst spielte die Unschuldige und überließ es Gabriel, die Unzufriedenheit zu äußern.

Obamas Lager gab bekannt, dass TTIP bis Ende 2016 eingetütet werden muss. Die kritische Deadline steht. Das heißt auch, dass die EU so lange noch überstehen muss und sich gegen TTIP wehren muss, wenn sie nicht das Schicksal Russlands in den 90ern am eigenen Leib erfahren will. Dieses Jahr noch überstehen.

Der Konter gegen Obamas Besuch kam prompt. Man leakte geheime Verhandlungsdokumente an die Öffentlichkeit. Greenpeace ist dabei nur der bedeutungslose Bote. Die Freigabe kommt von ganz oben. Nach der Medienkampagne für TTIP im Rahmen des Obama-Besuchs soll der öffentliche Widerstand gegen TTIP gestärkt werden. Frankreichs Politik positioniert sich deutlich.

Wenn die EU-Bürger nicht völlig verschnarcht sind, nehmen sie die Steilvorlage ihrer Politiker an und protestieren aus allen Rohren gegen TTIP. Es ist ein Fall, wo die Interessen von Spitzenpolitik und Bürgern zusammen fallen und sich das Ziehen an einem Strang wirklich lohnt. Der Ausgang dieses Krieges ist noch offen und die Bürgerinitiative könnte das entscheidende Zünglein an der Waage sein.

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Warum haben wir die Wohngebiete unserer Städte bombardiert?

Mark Gordienko ist ukrainischer Euromaidaner und skandalträchtiger Volontär. Volontäre sind Leute, die im ukrainischen Hinterland Geld und materielle Zuwendungen als Spenden für die Frontsoldaten einsammeln, davon das Beste für sich behalten, das Unnötige an die Soldaten spenden und den Rest verkaufen. Auf dem Rückweg von der Front beladen sich die Volontäre mit Haushaltstechnik, die an der Front aus verlassenen Häusern gestohlen oder von den Bewohnern konfisziert wird. Das ist ein sehr großer Geschäftszweig, der seit Beginn des Bürgerkrieges in der Ukraine praktiziert wird.

Die Volontäre sind gut informiert, weil sie regelmäßig an der Front sind. Viele sind Teilzeit- oder Showkämpfer in diesem Krieg. Showkämpfer ziehen sich Militärklamotten an, kaufen sich einen hohen Rang in einem der Nazi-Bataillone, schießen vor der Kamera auf irgendeinem Trainingsgelände, töten ein paar “Separatisten” in einer ungefährlichen Situation, halten sich aber von den echten Frontkämpfen fern. Gordienko hat bei den Brandmorden von Odessa vor genau zwei Jahren mitgewirkt. Sein Name ist zumindest in den regionalen Medien ständig präsent.

Lauschen wir einmal diesem “ukrainischem Patrioten”:

Böse Bemerkungen…

Unterhalte mich zwei Tage mit einer Gruppe ausländischer Journalisten. Drei Franzosen und ein Amerikaner. Diese Jungs sind deswegen interessant, weil sie mal bei uns sind, mal in DVR und LVR… Gebildete, kluge und sympathische Jungs… Und natürlich sind sie für uns, aber…

Wenn Menschen von der anderen Seite kommen, frage ich immer nach, wie es den Menschen dort geht. Heute haben sie mir viel darüber erzählt und ich bin traurig…

Mir wurde über einen lugansker Chirurg erzählt, der sehr pro-ukrainisch war, aber nach den Artilleriebeschüssen von Lugansk durch unsere Artillerie und nach der höllischen Schufterei im Operationssaal, will er über die Ukraine nichts mehr hören.

Es stellt sich mir die Frage: Warum haben wir die Wohnviertel unserer Städte gebombt?

Dabei hat nicht ein einziges Geschoss die Basen oder Soldatensiedlungen getroffen. Überhaupt nicht und nie… Meine Antwort, dass es die Separatisten gewesen sein könnten, hat bei den Journalisten für spöttisches Lächeln gesorgt. Auch das hat es gegeben. Aber insgesamt denken sie, und vor allem die Bewohner von Lugansk, anders.

Wir haben dieses Territorium und diese Menschen verloren… Der Krieg hat so viel Leid und Ungerechtigkeit über sie gebracht, dass wir uns sehr lange werden aussöhnen müssen.

Was mich dabei so wütend macht…

Donezk wurde im März von 500 Menschen erobert. Im April fiel Lugansk unter dem Druck einer unorganisierten Bande. Und nach Slawjansk sind überhaupt nur 50 Personen reingegangen…

Das alles hätte man schnell und effektiv verhindern können. Eintausend motivierter Profis hätten leicht alle Banditen ausschalten und unsere Städte befreien können.

Wo hätten wir sie hernehmen sollen? Egal wo, wenn nur der politische Wille da gewesen wäre. Man hätte sie einfach anheuern können und solche Vorschläge wurden auch gemacht…

Stattdessen haben wir für immer die Menschen und Territorien verloren und haben für ewig lange Zeit einen schwelenden Konflikt bekommen und ein schwarzes Loch von Schmuggel, Korruption, Geldwäsche und Ausreden für unsere Presidenten und Premiers, von wegen es ist Krieg und keine Zeit für Reformen…

Und noch was… Ich verstehe meine Motivation und warum ich und meine Freunde unsere Stadt und unser Land verteidigen werden, ich bin unzufrieden und hasse und verachte unsere patriotischen Schurken, Diebe, Idioten und Impotenten, die heute die “Kiewer Junta” sind, aber das ist meine Junta und wir regeln das unter uns.

ABER, ich verstehe die Motivation der Bewohner von DVR und LVR nicht, warum sie zurückkehren wollen in DIESE UKRAINE. Wo Inkompetenz, Korruption und Dummheit regieren. Wo Oligarchen und Verbrecher weiterhin ein sorgenfreies Leben leben, wo ein Kiwalow dem Gerichtssystem vorsteht, wo Finanzamt und Staatsanwaltschaft die Wirtschaft ausrauben, und dafür dem Volk die Kommunalabgaben um ein Vielfaches erhöht wurden… Und die Familien von Fronthelden haben manchmal nichts zu essen… Und die Armee ist nackt und die Generäle sind Arschlöcher… Und Muschenko…

Vielleicht verstehe ich etwas nicht?

Wörtliche Übersetzung von mir.

Sehen Sie, die Wahrheit über die Ukraine ist nicht verborgen. Sie wird offen über Facebook verbreitet. Sie ist offen bei Youtube einzusehen. Das ist nur ein Beispiel von Tausenden. Die ukrainischen Patrioten selbst nehmen kein Blatt vor den Mund, und das nicht erst seit neuestem, sondern schon immer. Wer 2014 auf solche Äußerungen hingewiesen hat, wurde mit “Putin-Agent” abgewehrt. Einfach so, weil es nicht ins Weltbild passte, ohne Diskussion und Gegenargumente. Das Weltbild hat inzwischen Risse bekommen, die “Kreml-Propaganda”-Keule wirkt immer weniger. Aber das Weltbild steht noch immer und es wird nur so weit korrigiert, wie es korrigiert werden muss, um eine neue politische Linie zu untermauern, die nach dem gescheiterten Blitzkrieg gegen Russland her muss. So lange der Westen die Ukraine als Stachel gegen Russland benutzt, werden westliche Medien die ukrainischen Nazis und Faschisten wohlwollend als “demokratische Opposition” und “friedliche Aktivisten” reinwaschen.

Weil heute der 2. Mai ist, schauen Sie hier. Mosijtschuk saß wegen Terrorismus im Knast, wurde nach dem Putsch amnestiert und ist heute ukrainischer Abgeordneter. Vor einem Jahr hat er auf seine Art und Weise den Brandmorden von Odessa vom 2. Mai 2014 gedacht (siehe Link, er war zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung übrigens schon Abgeordneter). Auf dem Bild steht “Ich erinnere mich! Ich bin stolz! Odessa, 02.05.2014”. Vor dem Gewerkschaftshaus im Hintergrund sind Kalaschnikows und Molotow-Cocktails zu sehen. Dazu ein Grill, auf dem Kartoffelkäfer gegrillt werden. Kartoffelkäfer sind fast jedem Menschen im postsowjetischen Raum als Ungeziefer verhasst; der emotionaler Gehalt eines Vergleichs von Menschen mit Kartoffelkäfern ist in Deutschland schwer zu vermitteln, weil nur wenige in Deutschland persönliche Erfahrungen mit dieser Plage haben. “Friedliche ukrainische Aktivisten” benutzen diese Beschimpfung, weil die gelb-schwarze Färbung des Käfers große Ähnlichkeit zum Georgienband hat, welches im Südosten der Ukraine im Laufe des Krieges große symbolische Bedeutung hatte und hat.

Diese Schande ist weiterhin bei Facebook online. Seit einem Jahr. Weil unsere Regierungen es gut heißen. Weil unsere Medien das decken.

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Emotionale Ratschläge

Aus den Kommentaren:

Warum nicht die Oligarschen enteignen,deren geraubtes Vermögen dem Haushalt zuführen?
Die Russen würden das unterstützen.

Klingt toll.

In Russland gibt es zwei gefährliche, im Grunde russlandfeindliche Oppositionsgruppen: Liberale und Hurra-Patrioten.

Die Position der Liberalen: Ergeben wir uns dem Westen und der Westen wird uns dafür glücklich machen. Genau das wurde in den 90ern praktiziert, mit furchtbaren Folgen für das russische Volk und die russische Wirtschaft. Nicht umsonst ist “Liberaler” ein Schimpfwort in Russland geworden. Über die Haltung des Westens gegenüber Russland gibt es keine Illusionen mehr. Die Liberalen können trotz massivster Unterstützung der “internationalen Gemeinschaft” nur noch etwa 3% des russischen Elektorats mobilisieren. Aus der Sicht der Liberalen ist die russische Regierung (selbstredend personalisiert zu Putin) totalitär, diktatorisch, kriegerisch – viel zu hart eben.

Die Position der Hurra-Patrioten: Zerstören wir alle, die uns nicht gefallen. Im Inland, im Ausland, überall. Wir haben eine mächtige Armee, setzen wir sie endlich ein! Das ist eine von Emotionen befeuerte Haltung. Ehre und Gerechtigkeit sollen triumphieren. Wie lange sollen wir uns die Übergriffe des Westens und das Ausrauben durch Oligarchen noch gefallen lassen? Auf zum Widerstand! Revolution! Aus der Sicht der Hurra-Patrioten ist die russische Regierung (selbstredend personalisiert zu Putin) unentschlossen, arschkriecherisch, verräterisch – viel zu weich eben.

Beide Lager, so unterschiedlich sie sind, sind sich einig darin, dass die Lösung aller russischer Probleme damit beginnt, Putin zu stürzen, und die lautesten Schreihälse der eigenen Bewegung an die Spitze des Landes zu bringen. Interessanterweise stimmen sie damit voll überein mit den Feinden Russlands.

Die Position der Liberalen lohnt sich keiner weiteren Diskussion. Russlands bedingungslose Kapitulation vor dem Westen als Weg zum russischen Glück zu verkaufen ist inzwischen zu grotesk, um die Massen zu zombifizieren.

Die Position der Hurra-Patrioten ist genauso schädlich, aber schwerer zu durchschauen – und deshalb viel gefährlicher für Russland. Der oben zitierte Vorschlag, Russlands Oligarchen mit Volkszustimmung zu enteignen, entspricht genau dem Geist der Hurra-Patrioten und findet sich bei ihnen auch als konkrete Forderung wieder.

Bei dieser Gelegenheit zunächst eine Klarstellung: Russland hat keine Oligarchen mehr. Ein Oligarch ist ein sehr reicher Mensch, der die Politik von außen bestimmen kann. Also ohne selbst formal Politiker zu sein. Russland war eine Oligarchie, gerade während es von Liberalen regiert wurde. Putin hat sehr früh in seiner Karriere als Spitzenpolitiker Schluss damit gemacht. Oligarch Chodorkowski wurde öffentlich entmachtet und enteignet, weil er nicht aufhören wollte, Oligarch zu sein. Die anderen Oligarchen haben sich das aufmerksam angeschaut und Rückschlüsse daraus gezogen. Die meisten beschlossen, ihren Status freiwillig von “Oligarch” auf “Superreicher” zu ändern. Einige beschlossen, um die Oligarchie in Russland zu kämpfen – von der britischen Insel aus kläffend. Sie sind gescheitert. Russland hat sehr viele Superreiche, aber unter ihnen ist keiner mehr ein Oligarch.

Superreiche haben Einfluss auf die Politik, aber im Gegensatz zu Oligarchen können sie die Politik nicht bestimmen. Einflussnahme und Bestimmung – spüren Sie den Unterschied.

Warum haben sich die ehemaligen Oligarchen Putin, und damit der Staatsmacht, untergeordnet? Putin hat den Oligarchen den Kampf angesagt. Wenn sie sich zusammen geschlossen hätten, hätten sie gewonnen. Mit tödlichen (im geschäftlichen Sinne) Verlusten. Keiner wollte die Rolle des Bankrotts auf sich nehmen. Wozu auch das Risiko? Die Unterordnung unter Putin erlaubte es allen Oligarchen, als Superreiche weiter zu existieren. Ja, sie mussten fortan Steuern zahlen und gewisse Regeln befolgen. Das hat aber niemanden von ihnen arm gemacht.

Dieser Deal zwischen der russischen Staatsmacht, den russischen Superreichen und dem russischen Volk ist die Basis für die innere Stabilität Russlands. Jeder profitiert von dieser informellen Vereinbarung, auch das einfache russische Volk. Ist diese Vereinbarung maximal gerecht? Natürlich nicht, denn die Superreichen, die ihr Vermögen in den 90ern auf kriminelle Art und Weise erlangten, dürfen das Geraubte behalten. Die Gewinne, die sie damit erwirtschaften, müssen sie teilen, aber das Vermögen bleibt bei ihnen.

Der hurra-patriotische Vorschlag, maximale Gerechtigkeit durch Enteignung der Oligarchen Superreichen herzustellen, basiert entweder auf ehrlicher Unwissenheit, gepaart mit Emotionalität, oder auf bewusster und/oder bezahlter antirussischer Agententätigkeit. Von all dem gibt es reichlich.

Wenn man die Superreichen zu enteignen versucht, stellt man sie vor die Wahl zwischen

  • kapitulieren und garantiert alles verlieren, und
  • kämfen und eine Chance, alles oder einen Teil zu erhalten

Man muss kein Studium in Strategie absolviert haben, um zu erkennen, wozu ein Enteignungsversuch führen wird. Ein Kampf zwischen Regierung und Superreichen bedeutet einen Kampf der russischen Eliten auf höchster Ebene. Das ist der feuchte Traum von westlichen Geostrategen. Es bringt weder der russischen Elite etwas, wenn sie sich gegenseitig zerfleischt, noch bringt es dem russischen Volk etwas, wenn es mitten in einem Krieg entzweit wird.

Russlands Gesellschaft wird im Inneren ohnehin von äußeren Kräften destabilisiert. Es kostet der russischen Gesellschaft sehr viel Kraft auf allen Ebenen – von der Staatsgewalt bis zum einfachen Bürger – sich diesen Angriffen zu widersetzen. Eine selbst herbei geführte Spaltung der Gesellschaft unter diesen Umständen spielt nur den Feinden in die Hände. Auch wenn man diese Spaltung unter dem Vorwand von Gerechtigkeit durchführt.

Emotionen vernebeln den Verstand. Man kann sich den Verstand leicht selbst vernebeln. Hinzu kommt noch, dass der Verstand von uns allen professionell und unter enormem Ressourcenaufwand vernebelt wird. In Russland gibt es viele Stimmen, die Enteignung und Verstaatlichung fordern. Längst nicht alle diese Stimmen sind von sich aus vernebelt. Viele haben sich von “schlüssigen” Argumentationen beeinflussen lassen. Und viele von ihnen sind überhaupt nicht vernebelt, sondern werden dafür bezahlt, große Massen patriotisch eingestellter russischer Bürger durch gekonntes Spiel mit Emotionen zu vernebeln und in den Abgrund zu treiben.

Derlei Spiele werden nicht nur in Russland gespielt. Auch Ihre Emotionen werden gezielt genutzt, um Ihren Verstand zu vernebeln und Sie Dinge tun und sagen zu lassen, die in Wirklichkeit nicht in Ihrem Interesse sind. Seien Sie achtsam.

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Was sind europäische Werte?

Frage in den Raum: Was sind die europäischen Werte?

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Nachtrag, 28.04.16:

Die Diskutanten waren sehr bissig. Es ist natürlich klar, dass der Westen systematisch das Gegenteil dessen macht, was er predigt. Gefragt war trotzdem nach dem positiven Werte-Verständnis, denn Zynismus allein führt nicht weit. Man muss sich aufraffen und den Weg aus der Dunkelheit suchen, wenn man irgendwann wieder Licht sehen will.

Folgende positive Werte wurden zusammengetragen:

  • Freiheit
  • Gleichheit
  • Brüderlichkeit
  • Werte der Aufklärung (Vernunft, Toleranz, Freiheit, Bürgerrechte, Gemeinwohl)
  • Menschenrechte
  • Demokratie
  • Rechtstaat
  • Fairness
  • Gleichberechtigung von Mann und Frau
  • Trennung von Staat und Religion
  • Altruismus
  • Gesundheit
  • Freundschaft
  • Geborgenheit
  • Arbeitsteilung
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Alte oder neue Weltordnung?

Die G7 ist eine informelle Gruppe, vertreten durch USA, Großbritanien, Deutschland, Frankreich, Kanada, Italien und Japan. Sie wurde geschaffen als informelle Weltregierung mit US-Vorsitz. Später hat man Russland aufgenommen und aus der G7 die G8 gemacht. Bemerkenswert ist das Fehlen Chinas. Aus der informellen Weltregierung sollte irgendwann eine formelle werden.

2014 wurde Russland aus dem erlauchten Kreis ausgestoßen und aus der G8 wurde wieder die G7. Die Erwartungen damals waren hoch. Man dachte, Russland in die Knie zwingen zu können. Die russische Wirtschaft sah man bereits in Fetzen gerissen.

Die Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Russland erwies sich als erstaunlich stabil. Mehr noch, Russland beschränkt sich nicht auf Überlebenskampf, sondern setzt seine Interessen viel selbstbewusster durch als vorher. Und Russland treibt den Aufbau einer neuen Weltordnung voran. Gerade der letzte Punkt bereitet Sorge.

Die G7 unterbreitet gerade den Vorschlag, sich wieder zur G8 zu erweitern. Entsprechende Signale an Russland werden unmissverständlich, durch öffentliche Kanäle ausgesandt. Bereits im Januar hat Japans Premierminister Abe dazu aufgerufen, Russland wieder in die G8 einzuladen. Jetzt im April hat sich Steinmeier ebenfalls zum Thema geäußert und auch gefordert, die Bedingungen für die Rückkehr Russlands zu schaffen.

Und Russland? Lehnt ab. Man sehe aktuell keinen Grund, in die G7 zurück zu kehren. Die G20 erachte man als wichtiger. Außerdem beschließt Russland, eine neue außenpolitische Doktrin auszuarbeiten, basierend auf der Idee einer multipolaren Welt.

Der Versuch des Westens, die Uhr zurück zu drehen, scheitert. Der Rubikon ist überschritten. Die Würfel sind gefallen.

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Meuterei der Ukraine – eine Gegenmeinung

Die aktuellen politischen Umwälzungen in der Ukraine habe ich im vorherigen Beitrag so interpretiert, dass die USA die Kontrolle über die Ukraine verlieren. Möglicherweise geben Sie die Kontrolle über den weniger wichtigen Teil der Ukraine im Rahmen eines Deals ab. Vielleicht reißen sie aber auch mit einem brutalen Nazi-Putsch das Ruder noch mal herum.

Der geschätzte jim-garrison hat eine andere, fast entgegengesetzte Interpretation der Ereignisse angeboten. Er ist politischer Stratege und hat viel Erfahrung mit politischen Technologien. So ordnet er die Ereignisse ein:

Unsere US-Partner können was, das muss man ihnen lassen.

Neuer Premierminister der Ukraine sollte offensichtlich Jaresko werden. Allerdings ist sie Bürgerin der USA. Das wäre toll, wenn die nahe Zukunft Wachstum, Erfolg usw. mit sich bringen würde. Die nahe Zukunft allerdings bringt selbst nach offiziellen Prognosen kaum Wachstum oder gar eine Stagnation mit sich, daneben eine Menge Korruption. Die Tarife für die Bevölkerung müssen angehoben werden und früher oder später kommt der kalte Winter. Dazu kommen ein rasanter Anstieg der Kriminalität und immer stärker hervortretende gesellschaftliche Wunden nach der Art der “Bernstein-Republiken” und der “glatzköpfigen Karpaten”*.  Das alles zusammen statt des versprochenen Glücks.

Die USA haben natürlich gar kein Interesse daran, mit den “Erfolgen” dieser Ukraine in Verbindung gebracht zu werden.

Ein solches Jahr Premierminister-Tätigkeit verwandelt die USA nicht nur bei den “Separatisten” in das Böse, sondern auch bei der “progressiven Gesellschaft”.

Deshalb gibt es eine Finte – die US-Amerikaner und alle mit ihnen assoziierten Personen verlassen die sichtbarsten Posten, das “Poroschenko-Regime” wird harter Kritik unterzogen. Der neue Premierminister wird unter Verletzung der Konstitution gewählt** und kommt nur mit Hilfe von oligarchenkontrollierten Abgeordneten an seinen Posten. Und damit auch der letzte kapiert, was los ist, unterbreitet der neue Premier die These, dass die Oligarchen die Würde des ukrainischen Staates darstellen. Eine “Oligarchen-Revanche”, na klar.

Dabei werden Poroschenko & Co. die ganze Drecksarbeit verrichten. Sie werden dabei allen Unmut auf sich ziehen, aber die USA sollten nicht an echter Kontrolle verlieren. Na gut, die Leine wird ein wenig länger. Ob man aus ihm einen “prorussischen Diktator” machen wird?

Die Energie des Widerstands wird die “pro-US”-Opposition in sich aufnehmen.

Und dann…

Alle wissen schon, was dann kommen muss.

* Mit “Bernstein-Republiken” sind illegale Bernstein-Fördergebiete im Westen der Ukraine gemeint. Dort wird in großem Maßstab und mit furchtbaren ökologischen Folgen Bernstein gesammelt. Regionale Politiker stecken mittendrin, Kiew hat keine Kontrollmöglichkeit. Die Bernsteinsammler sind bewaffnet und werden außerdem gedeckt von Nazi-Bataillonen, die wie alle anderen Geld verdienen wollen. Anschaulich: video 1, video 2, video 3. “Glatzköpfige Karpaten” beschreibt das Phänomen, dass die Menschen in großem Maßstab die Wälder der Karpatenberge abholzen, um damit zu heizen, weil sie sich die neuen Gastarife schlicht nicht leisten können. Anschauliche vorher-nachher-Fotos gibt es hier.

** Laut Konstitution muss die Regierungskoalition eine Stimmenmehrheit haben, damit eine Regierung gebildet werden kann. Die Regierungskoalition hatte aber keine Mehrheit. Die nötigen Stimmen kaufte man sich bei parteilosen Abgeordneten und bei der Partei “Oppositionsblock”.

jim-garrison behauptet also, dass der Oligarchen-Aufstand eine Inszenierung der USA ist. Seine Argumente sind stichhaltig.

Von außen ist nicht zu erkennen, welche Interpretation zutreffend ist. Es könnte eine Inszenierung sein oder ein echter teilweiser Machtverlust. Die Zukunft wird es zeigen.

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Meuterei der Ukraine

Das ukrainische Drama nimmt derzeit eine spannende Wendung. Nach dem Putsch 2014 haben die USA immer mehr Ausländer in absolute Spitzenpositionen der ukrainischen Politik installiert (zahlreiche Minister, Berater, Beamte, ein Gouverneur). Diese politischen Eindringlinge machen nicht nur ukrainische Politik, sondern stehlen den ukrainischen Oligarchen und Sicherheitsdiensten auch noch die Geschäfte. Allein Saakaschwili, der mit seinem gesamten georgischen Reformer-Team in die Ukraine transplantiert wurde, hat nicht nur den einträglichen Drogentransfer und -handel im Hafen von Odessa übernommen, sondern startete auch schon die politische Kampagne zur Eroberung des Ministerpräsidentenpostens.

Die ukrainischen Oligarchen haben sich hinter Poroschenko gescharrt, um gemeinsam ihre Aktiva und ihr Recht auf die Plünderung der Rest-Ukraine zu verteidigen. Das ukrainische Oligarchat meutert gegen die USA.

Joe Bidens Rede in der Rada im Dezember, wo er Korruption der Eliten monierte und eine Föderalisierung der Ukraine (!) anordnete empfahl, wurde ignoriert. Jareskos Forderungen nach einer Technokratenregierung wurden ignoriert. Jaresko ist US-Bürgerin, ehemalige US State Department Mitarbeiterin und scheidende Finanzministerin der Ukraine. Jazenjuk, die verlässlichste Marionette der USA, wurde aus dem Amt gedrängt. Jareskos Kandidatur als Nachfolgerin von Jazenjuk wurde ignoriert. Aus der neu gebildeten Regierung sind fast alle von den USA eingeschleusten Minister ausländischer Herkunft verschwunden (über die Neubesetzung des Gesundheitsministers konnte man sich bis jetzt nicht einigen, also arbeitet der Georgier auf diesem Posten weiter). US-Botschafter Pyatt hat die Situation nicht mehr unter Kontrolle. Bereits Ende 2015 musste Nuland persönlich nach Kiew reisen und mit Pyatt zusammen in der Rada auftauchen, um bestimmte ukrainische Gesetze durchzudrücken. Die New York Times hat inzwischen die Hetzjagd auf Poroschenko eröffnet. Das US-Außenministerium erhebt in einem Bericht viele schwere Anschuldigungen gegen die Ukraine.

Im letzten halben Jahr ist die Situation gekippt. Für die USA zeichnen sich zwei große Szenarien ab.

  1. Nazi-Putsch. In der zweiten Reihe haben die USA noch immer ihre getreuen Nazis erhalten können. Turtschinow in seiner aktuellen Position übernimmt die Kontrolle über Regierung und Armee, wenn der Kriegszustand ausgerufen wird. Kommandant und Schlächter des Maidan Parubij als neuer Parlamentspräsident kann die Arbeit der Rada blockieren und wird Präsident, falls Poroschenko nicht in der Lage ist, seine Pflichten als Präsident auszuüben. Zum Beispiel weil er bei einem Autounfall verstorben ist. Oder weil er vor einem Nazi-Putsch ins Ausland fliehen muss. Auf der Basis des Nazi-Regiments Asow werden regionale Zellen gebildet, die angelernt werden, die regionale Verwaltung gewaltsam einzunehmen und zu übernehmen. Sollten sich die USA entscheiden, die volle Kontrolle über die volle Ukraine wieder haben zu wollen, ist das der Weg, der ihnen noch bleibt. Das ukrainische Establishment würde sich wehren und hätte gute Chancen zu bestehen. Größtes Problem für die USA ist aber, dass man dieses Szenario selbst mit aller zur Verfügung stehender Propaganda-Macht nicht mehr als demokratische Revolution verkaufen können wird. Das ist ein sehr schwerwiegender strategischer Nachteil. Ob das Szenario gewählt wird, ist offen, es wird auf jeden Fall als Option vorbereitet.
  2. Rückzug und Gründung eines westukrainischen Staates. Drei Regionen im Westen der Ukraine sind für geopolitische Zwecke der USA ausreichend. Die Westukraine kontrolliert den gesamten ukrainischen Gastransfer zwischen Russland und EU, dort blüht die Russlandfeindlichkeit, dort hat NATO-Partner Polen bereits eine Brigade stationiert. Auf diesem Gebiet kann man einen ideologisch höchst stabilen Bandera-Nazi-Staat errichten und diesen mit einer ordentlichen Armee nach NATO-Standards ausstatten. Dieser Staat wäre billig im Unterhalt, würde auf Befehl der USA gegen den Ost-Nachbarn zündeln, wobei eine formale Aufnahme in EU und NATO natürlich verweigert wird, so dass EU und NATO formal keine Verantwortung für die Angriffe gegen Russland auf sich nehmen werden. Ein westukrainischer Bandera-Staat in US-Hand würde reichen, um eine wirtschaftliche Integration zwischen EU und Russland zu blockieren oder mindestens gravierend zu behindern. Der Rest der Ukraine ist nach dem Verlust der Krim ohnehin von eher geringem Interesse und die steigenden Kosten für Erhalt und Kontrolle dieses Territoriums stehen immer weniger in positiver Relation zum sinkenden Nutzen.

Die Einheit in der anti-russischen Front zerbröselt weiter. Selbst USA und Ukraine sind sich nicht mehr grün. Anti-russisch sind sie weiterhin alle, aber einen immer größer werdenden Teil ihrer Energie verwenden die Partner aus dem Westen für Konflikte gegeneinander. In der Ukraine wird das im Laufe der nächsten ein bis zwei Jahre zu tektonischen Veränderungen führen.

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