Schlechte Zeichen für Saudi-Arabien

Es werden Reparationszahlungen fließen – und sie fließen schon in Strömen – aber sie heißen nicht Reparationszahlungen.

Aus diesem Kommentar

Saudi-Arabien etwa investiert seit ein paar Jahren Milliarden Dollar in Russland. Und zwar (unter anderem) in einem speziellen Fond, dessen Projekte den Saudis von vornherein gar nicht bekannt sind. Der Vertrag sieht im Kern so aus, dass für jeden Rubel, den die russische Regierung in den Fonds steckt, die Saudis ihrerseits einen Rubel (mal Faktor) dazulegen.
Katar investiert seit ein paar Jahren auch sehr fleißig in Russland. Und zwar interessanterweise (wie die Saudis) schwer in die russiche Öl- und Gas-Wirtschaft, zu denen die Scheichs in direkter Konkurrenz stehen.

Aus diesem Kommentar

Am 14. Oktober hatte Wladimir Putin einen großen Staatsbesuch in Saudi-Arabien und am 15. Oktober einen weiteren großen Staatsbesuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).

In Saudi-Arabien teilte Putin mit:

Wie ich schon gesagt habe, wächst das Handelsvolumen, und mit Ihrer Unterstützung hat Saudi-Arabiens Public Investment Fund (PIF) 10 Milliarden Dollar für gemeinsame Projekte mit dem Russischen Fond für Direktinvestitionen (RDIF – Russian Direkt Investment Fund) ausgestellt. Auch der Mechanismus automatischer Ko-Investierung funktioniert erfolgreich. Es gibt neue Vereinbarungen über weitere Initiativen mit Beteiligung des saudischen Kapitals.

Übersetzung von mir.

Die Reparationszahlungen Investitionen der Saudis belaufen sich also bereits auf eine zweistellige Milliardensumme. Weitere analoge “Initiativen” über das Abwandern saudischen Kapitals nach Russland sind bei Putins Besuch beschlossen worden.

Wenn wir noch in die Liste der unterschriebenen Dokumente reinschauen, sehen wir viele interessante Punkte, bei denen oft gar nicht versucht wird zu verschleiern, dass Saudi-Arabien sich als Geldgeber in Russlands Dienst stellt. Hier eine Auswahl:

14. Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen RDIF und PIF über Investitionen im Bereich des Leasings von Flugzeugen zur Unterstützung der Entwicklung russischer Airlines.

15. Memorandum über gegenseitiges Einverständnis zwischen RDIF und PIF über gemeinsame Investitionen in “NefteTransService” (“НефтеТрансСервис”), einen der größten Betreiber von Eisenbahnlogistik in Russland.

20. Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen RDIF und SALIC über die Suche und Umsetzung von gemeinsamen Investitionen in Unternehmen aus dem russischen Agrarwirtschaftskomplex.

Übersetzung und Hervorhebungen von mir.

Saudische Milliarden für die Entwicklung der russischen Wirtschaft.

Und dennoch, dennoch… Wladimir Putin ist verdammt sauer auf Saudi-Arabien. Wenn man die Protokolle von der Reise studiert (eins, zwei, drei), wirkt Putin zwar sehr höflich und freundlich und zuvorkommend, und er lobt und schmeichelt viel… aber von der saudischen Seite wird niemand in den Protokollen zitiert. Das ist absolut ungewöhnlich für den Kreml-Blog. Praktisch immer werden bei Staatsbesuchen (egal, ob in Russland oder im Gastland stattfindend) die Auftritte beider Parteien protokolliert. Das war auch beim Besuch des saudischen Königs im Kreml im Jahr 2017 noch der Fall (hier).

Irgendwo zwischen 2017 und 2019 hat sich Saudi-Arabien Putins besonderen Unmut zugezogen. Seitdem klebt ihnen das Pech an den Füßen – explodierende Öltanker, explodierende Ölanlagen, besonders blamable militärische Blamagen gegen die Huthis, Verbannung aus dem Kreml-Blog (d.h. Putin hat nicht verziehen, was auch immer es war). Hoffen wir für Saudi-Arabien, dass sich zu der bisherigen Anhäufung unglücklicher Zufälle kein Staatszerfall hinzugesellt.

Wie man es besser anstellt, haben die VAE gezeigt. Vor wenigen Jahren noch genauso gegen Russland im Krieg befindlich wie die Saudis, haben die VAE-Scheichs doch rechtzeitig genug erkannt, wohin der Wind weht, und sind zu Putin übergelaufen. Das befreit sie nicht gänzlich von Zahlungen – Putin nennt 2,3 Milliarden Dollar, die bisher aus den VAE in den RDIF geflossen sind. Aber der Thronfolger der VAE erfährt immerhin keine öffentliche Ächtung durch Verbannung von der Kreml-Seite und er beschwört bei seinen Auftritten “Freundschaft” und “strategische Partnerschaft” mit Russland. Regelmäßige Leser dieses Blogs wissen sofort bescheid.

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit: , , , , ,

Norwegen wendet sich von US-Schrott ab

Norwegen will sich jetzt doch nicht am NATO-Luftverteidigungssystem (BMD-NATO) beteiligen. Meldung vom 8. Oktober.

“Nach einer zusätzlichen und umfassenderen Bewertung der Sicherheitslage” hat sich Norwegen entschieden, keine Radarsysteme und Abfangraketen zu erwerben, die hätten Teil von BMD-NATO werden sollen.

Da sage noch einer, das Anti-Marketing der US-Patriots in Saudi-Arabien sei wirkungslos gewesen.

Falls es jemandem nicht bekannt ist: auf dem NATO-Markt gibt es in Sachen Luftverteidigung nichts außer US-Ware. Egal, welches System genau die Norweger erwerben wollten, es konnte nur US-Ware sein.

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit:

Lösung des Kurdenproblems nähert sich dem Höhepunkt

Teile und herrsche. Das ist einer der obersten Grundsätze der westlichen imperialen Politik. Sie wurde und wird im Nahen Osten angewandt, wie überall anders auch. Aus der neuesten Geschichte gibt es im Nahen Osten folgendes Teile-und-Herrsche-Projekt: böser böser IS entsteht aus dem Nichts heraus auf dem Gebiet von Syrien und Irak. Zur gleichen Zeit richten die guten guten Kurden ihre Köpfe auf – ebenfalls auf dem Gebiet von Syrien und Irak. Der böse IS und die guten Kurden sollten beide bis zur Staatsform reifen. Beide bezahlt und geführt von USA, Israel, Saudi-Arabien, der EU und anderen Fahnenträgern der Demokratie. Die neuen Staatsgebilde, das eine gut, das andere böse, sollten das entstandene Chaos in die Nachbarreigionen weitertragen und vermehren.

Dieser Plan wurde durchkreuzt und verhindert. Den IS (sprich NATO) hat Russland offen geplättet. Das war kein Problem, denn der IS war böse. Dem russischen Eingreifen gegen den IS konnte selbst die damals (2015) noch vor Kraft strotzende Matrix nichts entgegensetzen.

Den verbliebenen IS-Söldnern östlich des Euphrat hat man kurdische Flaggen in die Hand gedrückt. Das Problem der Kurdenbeseitigung ist deutlich komplizierter, denn die Kurden sind das Gute, nicht wahr? Das Problem wurde hier beschrieben, im Jahr 2017.

Die Lösung des Kurdenproblems begann 2018, das wurde hier beschrieben. Genau einer hat sich nämlich nie dem Narrativ von den guten Kurden angeschlossen – Erdogan. Genau ihm fiel und fällt die Aufgabe zu, den aufkeimenden Kurdenstaat notfalls militärisch zu zerschlagen. 2018 haben die Kurden ein ernstes Warnsignal bekommen, als sie in der kleinen Anklave im Nordwesten Syriens ausgeräuchert wurden. Die kurdischen Brüder im Nordosten Syriens wurden aufgefordert, es nicht auch so weit kommen zu lassen und sich auf eine friedliche Einigung einzulassen. Das haben sie abgeschlagen. Zu ihrem eigenen Leidwesen.

Jetzt haben wir 2019 und mit den Kurden im Nordosten Syriens passiert genau das, was mit ihren Brüdern westlich des Euphrat vor knapp zwei Jahren passiert ist: Die USA finden einen Grund, sich zu verduften, Erdogan veranstaltet Feuerwerk, Assad schimpft auf Erdogan, Russland mahnt zu Besonnenheit und pocht auf die territoriale Integrität Syriens. Die Kurden merken, dass sie wirklich wirklich von den USA verraten worden sind und betteln bei Assad um Hilfe. Assad schickt seine Befreiungspanzer los und Straße um Straße wird die türkische Militärpräsenz durch die syrische Militärpräsenz ersetzt. Völlig friedlich – oder kann sich jemand an einen türkisch-syrischen Krieg im Jahr 2018 erinnern? Am Ende der gesamten Operation werden kurdische Milizen durch syrische Armee ersetzt.

Manche Leute reagieren emotional. Dabei passiert nichts unerwartetes und schon gar nicht etwas völlig neues. Russland und Türkei wiederholen ein Manöver, das sich bereits bewährt hat. Am Tag vor Beginn der neuen Operation haben Erdogan und Putin noch miteinander telefoniert und von Putins Seite wurden nicht einmal Bedenken geäußert, geschweige denn irgendwelcher Protest. Putin hat Erdogans Rapport zur Kenntnis genommen und sinngemäß mit auf den Weg gegeben: “Aber sei umsichtig, denn wir sind zivilisierte Leute”.

Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass alles, was den Kurden im Nordosten Syriens Anfang 2018 noch angeboten wurde, jetzt obsolet ist. Sie waren gierig und haben der Matrix geglaubt, dass sie von der Matrix mehr bekommen würden als von Putin. Sie hätten als starke Kraft mit Anspruch auf weitreichende Autonomie in die syrischen Konstiutionsverhandlungen gehen können. Sie werden bald als geschlagene Hunde zu Assad kriechen und um seine Hilfe betteln müssen.

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit: , , , , ,

Trumps Geschenk an Putin

Am 7. Oktober, dem Geburtstag von Wladimir Putin, haben die USA angekündigt, die US-Truppen in Syrien aus den Kurdengebieten rauszuziehen, in die Erdogan einmarschieren wird.

Hack, hack.

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit: , , , , ,

Dritter Weltkrieg

Auf dem Valdai-Forum hat Jordaniens König Abdullah II. gesagt:

Ich nehme an, ich habe es schon mehrfach offen ausgesprochen, dass wir einen eigenartigen Dritten Weltkrieg beobachten können, aber in einer anderen Form. Das ist eine Herausforderung, für deren Bewältigung wir die kommenden 10 Jahre brauchen werden.

Das erste mal höre ich aus dem Mund eines hochrangigen Politikers, dass wir mitten im Dritten Weltkrieg sind. Endlich! Der König macht sogar konkrete Angaben dazu, wann dieser Krieg endgültig beendet sein wird.

Über den Dritten “Hybriden” Weltkrieg wird hier im Blog sehr viel geschrieben. Mir scheint, meistens in den Kommentaren, z.B. hier, hier, hier, hier, oh und hier ist ein entsprechender Kommentar in einen Artikel hochgezogen worden.

In einem der Kommentare heißt es:

Der hybride Weltkrieg, der sich gerade dem Ende zuneigt, hat keinen klaren Anfang und wird kein klares Ende haben. Er wurde nie im klassischen Sinn verkündet und er wird nicht im klassischen Sinn mit einer formellen Kapitulation beendet werden.

Deswegen erstaunt es, dass es doch jemand von Rang wagt, diesen Weltkrieg auf großer Bühne beim Namen zu nennen.

Die Einschätzung von 10 weiteren Kriegsjahren finde ich sehr pessimistisch. Aber das hängt auch ein wenig davon ab, wo man den Schlusspunkt setzen will in einem Prozess ohne klaren Beginn und ohne klares Ende. Wenn man die endgültige Stabilisierung und Formalisierung der Nachkriegsweltordnung als Endpunkt des Krieges betrachten will, dann könnten es tatsächlich noch 10 Jahre sein. Schließlich werden die Verlierer nicht wie im klassischen Krieg vor die Wand gestellt und erschossen, sondern müssen scheinwahrend und ganz natürlich wirkend aus dem Verkehr gezogen werden.

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit:

“… froh, Ihren Empfehlungen zu folgen.”

Jordaniens König Abdullah II. beim Treffen mit Putin am 3. Oktober:

Wir sind froh über diese starke russische Präsenz [in unserer Region] und sind froh, Ihren Empfehlungen hinsichtlich zahlreicher Fragen, die wir heute erörtern werden, zu folgen.

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit: , ,

Operation Impeachment

Die Gemüter kochen wieder hoch. Das Weiße Haus (!) hat ein Gesprächsprotokoll von Trump und Selensky veröffentlicht (die vollständige Lektüre sei jedem empfohlen – nicht weil es so spannend ist, sondern weil es eine so seltene Gelegenheit ist). Die Demokraten wittern die Chance auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump.

Ich behaupte, das ist ein Köder, den Trump ganz bewusst in den Demokraten-Sumpf auswirft. Und wenn die anbeißen, hängen sie an Trumps Angel und sind selbst schuld.

Schauen Sie, ein eröffnetes Verfahren ist kein gewonnenes Verfahren. Es sind sich auch alle im Klaren darüber, dass das Verfahren nicht gewonnen wird, weil die Entscheidung beim Senat liegt, das Senat aber in Trumps Hand ist. Das Risiko, das Trump eingeht, ist also überschaubar. Was haben wir dagegen auf der Haben-Seite?

Wenn die Demokraten das Amtsenthebungsverfahren eröffnen, wird das zwangsläufig zu ihrem Wahlkampfthema, bzw. wird es ihren Wahlkampf überschatten. Genau das will Trump, denn genau das ist schlecht für die Demokraten. Das Herumhacken auf dem Präsidenten ist Destruktivität pur. Um Wähler zu überzeugen, braucht man eine positive Agenda. Eine solche zeichnet sich ohnehin nicht ab. Wenn dann noch das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump hinzukommt, sind die Demokraten darauf festgenagelt, sich emotional an dieser Gülle abzuarbeiten. Bäääh.

Derweil hat Trump sehr wohl eine konstruktive Agenda. Konkurrenten plätten, die Industrie zurück in die USA holen, Wirtschaftsverträge aufkündigen, um bessere für die USA auszuhandeln. Das mag alles noch so wild erscheinen, aber da stecken ganz konkrete nationale US-Interessen drin.

Die Demokraten dagegen laufen Gefahr, ihre Interessen offen auf Rache zu reduzieren. Bäääh. Trump treibt sie in diese Falle. Nachdem die Demokraten und die mit ihnen verbündete Presse sich drei Jahre lang rituell am möglichen Amtsenthebungsverfahren aufgegeilt haben, wird es schwer, der Falle zu entgehen.

Das schlimmste für die Demokraten wäre ein doppelter Boden bei dieser Affäre. Während sie nämlich seit drei Jahren über Russlands Einmischung in den US-Wahlkampf 2016 schwadronieren, aber keine Beweise finden konnten, hat die Welt bisher ignoriert, dass die Ukraine sich in den US-Wahlkampf 2016 auf Clintons Seite einmischte. Wenn die Ukraine jetzt im Zusammenhang mit US-internen Konflikten ins Rampenlicht gezogen wird, könnte die Rolle der Ukraine im US-Wahlkampf 2016 durchaus zum Thema werden, und dann kann der Schuss für die Demokraten auch doppelt nach hinten losgehen.

____________

Nachtrag, 01. Oktober 2019:

Sie versuchen MICH zu stoppen, weil ich für EUCH kämpfe!

https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1178055467987275776

Trump im Wahlkampfmodus. Die Ukraine und Bidens Einmischung dort (von Biden selbst vor laufender Kamera stolz vorgetragen!) wird zu einem Angelpunkt für Trumps Kampagne:

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit: , ,

Angriff auf Saudi-Arabien – tiefer graben

Über den Angriff auf Saudi-Arabien haben wir uns schon einige Gedanken gemacht. In den Kommentaren wurden weitere Versionen geäußert, so zum Beispiel der Hinweis auf die zeitliche Übereinstimmung mit der Wahl in Israel, wo Netanjahu große Schwierigkeiten mit seiner Partei hat und einen Grund für noch mehr Hetze gegen den Iran sicher gebrauchen kann.

Graben wir tiefer, indem wir uns ein paar markante Ereignisse rund um den Zeitpunkt des Angriffs anschauen, auf die der Angriff einen Einfluss hat.

Halten wir zunächst kurz fest, dass die Patriot Luftabwehrsysteme versagt haben. Erinnern wir uns daran, dass Europa keinen besseren Schutz hat als die Patriots – also völlig schutzlos ist, wie am Beispiel Saudi-Arabiens demonstriert wurde. Wenn man den Anschuldigungen der Presse folgen mag und entweder die Huthi-Rebellen oder den Iran für den Angreifer hält, ist es aus Sicht der europäischen Sicherheit umso schlimmer. Wenn der europäische Schutzschild schon gegen Huthis wirkungslos ist, was ist dann gegen einen ernsthaften Gegner wie Russland zu erwarten? Ohje…

Wie MilitaryTimes zu berichten weiss, sind die USA diesen Sommer wieder auf die Prinz-Sultan-Luftwaffenbasis südlich von Riad zurückgekehrt – und haben unter anderem Patriots mitgebracht. Von der Luftwaffenbasis bis zum angegriffenen Ölfeld in Khurais sind es etwa 130 Kilometer, wie jeder Interessierte beim Online-Kartendienst seines Vertrauens nachmessen kann. Und 130 Kilometer sind in Reichweite der Patriots. Die Amis hätten also zumindest etwas Konkretes mitbekommen müssen. Wir müssen uns keinen weiteren Spekulationen darüber hingeben, ob die Amis es mitbekommen wollten und wenn ja, ob sie überhaupt Interesse am Eingreifen gehabt haben usw. Das wäre sinnlose Spekulation und auch gar nicht von Belang. Wir halten einfach die Tatsache fest, dass frische US-Truppen mit frischen Patriots in Reichweite waren. Was folgt daraus? Alles mögliche und nichts. Die Amis könnten den Angriff ausgeführt oder inszeniert haben. Die Amis könnten dort sein, um ihre neuesten Patrios gegenüber den Huthis zu testen. Der Angriff könnte eine Demonstration für die Amis gewesen sein. Wir wissen es nicht. Wir notieren uns einfach den Zufall, dass die Amis mit frischen Truppen und Patriots vor Ort waren.

Ein anderer zeitlich übereinstimmender Aspekt sind die russisch-französischen Entwicklungen. Macron hat schon mehrfach öffentlich eine neue eurasische Sicherheitsarchitektur mit Einbezug Russlands gefordert. Am 27. August, wenige Tage nach einem Schlüsseltreffen mit Putin, hielt Macron eine epische Rede vor französischen Diplomaten. Die Rede wurde in der Qualitätspresse fleißig ignoriert und ich wäre dankbar für den Hinweis auf ein deutsches Transkript oder zumindest auf ausgiebige Zitate in der Presse. Jedenfalls hat Frankreich konkrete Verhandlungen mit Russland im Bereich der Sicherheitsarchitektur aufgenommen, im Format Außenministerium + Verteidigungsministerium. Für den 9. September wurde das erste Treffen anberaumt. Und am 14. September wird aller Welt demonstriert, was von der aktuellen Sicherheitsarchitektur Europas zu halten ist. Welchen Einfluss das auf die Verhandlungsposition der Europäer bedeutet, bedarf keiner Erläuterung. Die zeitliche Nähe bedeutet keine Kausalität, aber das eine Ereignis wirkt sich stark auf das andere Ereignis aus, und wenn es nur ein (un)glücklicher Zufall sein sollte, notieren wir ihn uns einfach, denn wir lieben Zufälle.

Die Angriffe auf saudisches Ölgut haben übrigens eine sehr viel größere Bedeutung im Kontext der neuen Sicherheitsarchitektur als im Kontext der globalen Ölpreise. Alle schauen auf die Ölpreise und versuchen um diesen Angelpunkt herum die Hypothesen über Täter und Nutzen aufzubauen. Das ist aber wirklich ein Klacks im Vergleich zu den tektonischen Veränderungen in militärischen Kraftverhältnissen und Sicherheitsarchitekturen, die sich derzeit anbahnen und vollziehen. Wer hier den Angelpunkt sucht, vermag sich Gedanken über ein Spiel auf viel höherer Ebene zu machen. Es geht dabei nicht darum, das Spiel auf der einen Ebene abzustreiten, weil man das Spiel auf einer anderen Ebene zu erkennen vermag. Gespielt wird auf allen Ebenen und die Spiele und Spieler sind dabei auch noch ebenenübergreifend verbunden und vernetzt. Bei dem gegebenen Umstand, dass die Presse zahlreiche wichtige Ebenen gezielt aus der Wahrnehmung der Menschen raushält, während sie andere, zumeist belanglose Ebenen penetrant in den Vordergrund rückt, ist es gar nicht verkehrt, wenn man den Blick eigenständig schweifen lassen kann.

___________

Nachtrag, 20.09.2019: Ausgiebige Zitate aus Macrons Rede vom 27. August gibt es hier (hier das Gleiche im PDF-Format). Besten dank an die Leser für die Links! Eine Übersetzung der Rede ins russische gibt es hier: 1, 2, 3, 4.

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit:

Saudi Arabien brennt – wem nützt es?

Einige Leser rätseln darum, wer für den Angriff auf Saudi-Arabiens Ölanlagen verantwortlich ist. Gut, dass sich jemand eigene Gedanken darüber macht.

Offensichtlich führt der Angriff zu einem Anstieg des Ölpreises. Eine Leser-Hypothese besagt daher, dass es eine False Flag Operation der Saudis selbst sein könnte, denn sie bräuchten einen höheren Ölpreis, um mit ihrem Haushalt klar zu kommen.

Den Gedanken muss man zu Ende denken. Viele Länder und Haushalte profitieren von einem höheren Ölpreis. Man kann genauso gut die Iraner, Russland und die USA beschuldigen. Insbesondere die USA, deren Fracking-Industrie derzeit schwer leidet und wo sich eine ganz üble Entwicklung abzeichnet.

Halten wir an dem Motiv der Preissteigerung fest. Wir sehen, es gibt viele potentielle Interessenten. Für jeden von ihnen ist ein False Flag Angriff auf sich selbst aber nicht so geil. Der Preis geht nur dann stabil hoch, wenn die Produktion stabil eingeschränkt wird. Die eigene Produktion dramatisch zu senken, um die Preise zu erhöhen, ist kein gutes Geschäft. Alle Konkurrenten profitieren davon verlustfrei, während man selbst entweder sehr viel weniger profitiert, oder sogar Verluste einfährt. Mal ehrlich, wenn wir durch einen massiven Angriff auf Ölanlagen die Produktion von Öl und Ölprodukten dramatisch senken wollen, ist es viel naheliegender, einen Konkurrenten anzugreifen, anstatt sich selbst. Saudi Arabien könnte die Vereinigten Arabischen Emirate oder einen anderen kleinen Nachbar angreifen, statt sich selbst. Die USA können Saudi Arabien angreifen, anstelle sich selbst in die Luft zu sprengen.

Kleines Zwischenfazit: Preissteigerung als Motiv klingt plausibel, eine False Flag der Saudis allerdings nicht.

Zur Abwechslung ein anderer Gedanke. In den USA haben sich viele politische Größen sehr schnell ganz fest darauf geeinigt, dass Iran für den Angriff verantwortlich ist. Hmm. Vor anderthalb Jahren hat Trump John Bolton zu seinem Sicherheitsberater gemacht. Bolton, ein Falke, Globalist und offener Iran-Feind. Bolton hat Trump mehrfach vor die Haustür geschissen, indem er auf seinen Auslandsreisen offen das Gegenteil von Trumps Politik betrieb. Nach anderthalb Jahren hat Trump etwas gegen Bolton in die Hand bekommen, um ihn zum Rücktritt zu zwingen. Kaum ist es passiert, wird Saudi-Arabien angegriffen und die Schuld den Iranern zugeschrieben. Die Möglichkeiten zu neuen Manövern in der Iran-Politik, die sich Trump gerade erst eröffneten, werden ihm gleich wieder genommen.

Wir haben somit eine weitere Hypothese für die Hintergründe des Angriffs auf Saudi-Arabien. Die Globalisten (zu denen die mächtige israelische Lobby in den USA gehört) verlieren mit Bolton einen Schlusselposten im Weißen Haus. Der Angriff auf Saudi-Arabien, der in der Matrix sofort Iran angeheftet wird, könnte sowohl Rache als auch Prävention gegen einen Wechsel in der Nahost-Politik sein.

Und damit unsere Gedanken richtig schweifen können, brauchen wir eine dritte Hypothese. Hier ist sie: Der Angriff auf Saudi-Arabien zeigt überdeutlich, dass die Luftabwehrsysteme der USA, mit denen Saudi-Arabien ausgestattet ist, einen Scheißdreck wert sind. Und diese Demonstration ist eindeutig ein Geschenk für Russland.

So viele Profiteure auf so unterschiedlichen Ebenen.

PS: Nachdem es heute aus Deutschland hieß, dass die Beschränkung der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien aufgehoben werden sollte, weil Saudi-Arabien offensichtlich erhöhten Selbstverteidigungsbedarf hat, müssen wir die deutsche Rüstungsindustrie wohl auch als Drahtzieher des Angriffs in Betracht ziehen, hehe.

Veröffentlicht in Analysen Getagged mit: , , ,

Deutscher Wirtschaftsminister auf russischem Wirtschaftsforum

Aus einem Leserkommentar:

Wir sollten uns darüber informieren, was auf dem gerade stattfindenden 5.Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok zur Entwicklung des Fernen Ostens bis 2035 so alles vorgesehen ist. Über 4000 Vertreter aus Politik und Wirtschaft nehmen daran teil, z.B. aus Japan, China, Indien, GB, USA, Schweiz und Italien. Vielleicht könnte dort neben dem indischen Premier Modi in Zukunft auch bald ein neuer deutscher Kanzler sitzen?

Dazu drei Anmerkungen aus dem Ärmel geschüttelt:

  1. In Russland gibt es mehrere regelmäßige große Wirtschaftsforen, die internationalen Besuch von höchstem wirtschaftlichen und politischem Rang anlocken (St. Petersburg, Jekaterinburg, Wladiwostok). Geografisch hübsch verteilt über das riesige russische Reich. Die Wirtschaftsforen in St. Petersburg und Wladiwostok haben absolutes Weltformat und sind inzwischen bedeutender als das im Westen wesentlich bekanntere Wirtschaftsforum von Davos.
  2. Auf dem diesjährigen Wirtschaftsforum in St. Petersburg war Deutschland politisch von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vertreten. Vielleicht wissen viele Deutsche gar nichts davon. Während die Hunde jaulen, zieht die Karawanne weiter. Deutschland ist schon jetzt gar nicht so weit entfernt davon, mit dem Kanzler auf einem großen russischen Wirtschaftsforum vertreten zu sein. Frankreichs Präsident Macron war bereits Gast auf dem Petersburger Wirtschaftsforum.
  3. Auf dem gerade laufenden Wirtschaftsforum in Wladiwostok wird wieder Großes eingetütet. Ich empfehle die gemeinsame Stellungnahme des russischen Präsidenten und des indischen Premierministers zur Lektüre. Beispielhaft sei Punkt 50 herausgegriffen: Russland wird sich weiter dafür einsetzen, dass Indien ständiges Mitglied im reformierten UN-Sicherheitsrat wird.
Veröffentlicht in Analysen Getagged mit: ,