Ansagen von Stratfor

Stratfor ist ein privater US-Geheimdienst. Als Privatunternehmen will es Geld verdienen. Das tut die Agency unter anderem, indem sie ihre Analysen verkauft. Und um die zu bewerben, gibt es einen kostenlosen Newsletter, wo hin und wieder interessante Häppchen umsonst angeboten werden. Das ist nicht vergleichbar mit den Lageberichten, die dem US-Sicherheitsrat auf den Tisch gelegt werden. Ein flüchtiger Blick hin und wieder lohnt aber durchaus.

Neulich gab es wieder mal Häppchen, die ich interessant fand.

How the FIFA Scandal Could Turn Deadly
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Da teilt uns Fred Burton mit, dass die Ermittlungen gegen die FIFA ihr Sicherheitssystem lähmen werden. Und das hat zur Folge, dass…

Today, the FIFA scandal is about corporate corruption, sponsorship and timeslots. But today’s articles about bribery charges could very well give way to grislier headlines if terrorist groups use the chaos and panic within the organization as an opportunity to strike. Let’s hope FIFA keeps their eye on the ball.

… dass Fußball ein gutes Ziel für Terroristen wird. Sieht es aus wie eine gutgemeinte Warnung? Oder wie eine Ankündigung? So oder so kein gutes Signal.

A Net Assessment of East Asia.
Hier teilt uns George Friedman ein paar interessante Dinge mit:

When I began this series a month ago, I pointed out that the most significant feature of the global system currently is the ongoing destabilization of the Eurasian land mass, from the Atlantic to the Pacific, from the Arctic to the Arabian Sea. One important aspect of this is that the destabilization isn’t, at this point, a single systemic crisis, but a series of relatively self-contained disorders. Thus the European, Russian and Middle Eastern systems have different dynamics, and while they touch on each other, they have not yet reached the point of having merged into a single crisis.

Das wichtigste “feature” des heutigen globalen Systems ist die fortschreitende Destabilisierung Eurasiens. Und zwar ganz Eurasiens, von ganz West bis ganz Ost und von ganz Süd bis ganz Nord. Betrifft also auch die gesamte EU, dieses feature. Aber noch haben wir es mit einzelnen, nicht zusammenhängenden Bränden zu tun, die noch nicht zu einem Flächenbrand zusammengewachsen sind. So erfahren Sie ganz ungezwungen, wohin die Reise gehen soll.

Noch ein schönes Zitat aus dem gleichen Artikel:

In spite of the U.S. rhetoric about a pivot to Asia, East Asia is not the United States’ top priority in Asia. Washington’s main concerns remain the Middle East and the borderland between Russia and the European Peninsula. Unless East Asia undergoes a fundamental redefinition, the United States has few interests that involve military intervention.

Ost-Asien ist nicht relevant genug, um sich dort militärisch einzumischen. Die wichtige Musik spielt an Russlands westlichen und südlichen Grenzregionen. Und wenn von der einen Region explizit betont wird, dass sie einen militärischen Einsatz nicht wert ist, dazu eine andere Region genannt wird, die viel wichtiger ist, dann impliziert das, zumindest in meiner Wahrnehmung, dass diese wichtigere Region einen militärischen Einsatz schon wert ist.

Friedman erklärt in diesem Artikel auch, warum Japan ein so treuer US-Vasall ist und es auch bleiben wird. Japan hat eine hochentwickelte Industrie, aber keine eigenen Rohstoffe, die die Industrie benötigt. Alle Industrierohstoffe müssen importiert werden und die Handelsrouten werden von den USA kontrolliert. So simpel kann Geopolitik sein. Deshalb wird sich Japan auch weiterhin von den USA ficken lassen und dabei brav lächeln, egal ob Japan das geil findet oder nicht so sehr.

Naja, und weil Stratfor eine US-Agency ist, die sich stark im öffentlichen Raum bewegt, darf sie nicht einfach nur analysieren, sondern muss sich auch an Gehirnwäsche beteiligen:

The United States has an elective relationship with the rest of the world. Except when a regional hegemon is trying to dominate Europe, the United States limits its global exposure.

Von hier. Sehr süß. Ich liebe dich auch, George.

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EU macht sich vom russischen Gas unabhängig

Die EU lässt ihren markigen Worten endlich Taten folgen und macht sich vom russischen Gas unabhängig, indem… Nord Stream massiv erweitert wird.

2013 flossen 86 Milliarden Kubikmeter Gas von Russland über die Ukraine in die EU (Quelle). Nord Stream wird um 55 Milliarden Kubikmeter Kapazität erweitert. Türkei Stream wird ein paar Dutzend Milliarden Kubikmeter Kapazität freimachen, von denen aber nicht klar ist, ob auf das Gas auf diesem Weg weiter als bis nach Südosteuropa gelangen kann. Aber selbst wenn nur Griechenland und Bulgarien auf diesem Weg versorgt werden, ist das eine Entlastung um 5 bis 6 Milliarden Kubikmeter jährlich. Und wenn man bedenkt, dass Nord Stream noch nicht ausgelastet ist und zu den zusätzlich geplanten 55 Milliarden Kubikmeter noch etwas weitere Kapazität freimachen kann, dann sieht man, dass die EU die Transitkapazität der Ukraine wird annähernd kompensieren können, um wie gehabt russisches Gas zu konsumieren und weiter davon abhängig zu sein. Es ist wohl “alternativlos”.

Nur unsere Freunde aus Übersee werden solche Entwicklungen gar nicht gern sehen. Warten wir ab, was sie sich noch einfallen lassen werden, um die EU vom russischen Gas abzuschneiden.

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Moldawiens Regierung ist zurückgetreten

Mit der Blockade von Pridnestrowje von beiden Seiten (Ukraine und Moldawien) wurde der Konflikt um diese Region wieder aufgewärmt und könnte bald in die heiße Phase übergehen. In Pridnestrowje sind russische Friedenstruppen stationiert und da leben außerdem zahlreiche Menschen mit russischer Staatsbürgerschaft. Wenn es dort zum bewaffneten Konflikt kommt, wird Russland militärisch eingreifen und Pridnestrowje anerkennen. Georgien 2008 sollte eine Lehre für derartige Szenarien sein. Nun war Georgien bei seinem Angriff genauso fremdbestimmt wie es die Ukraine heute ist. Vom kleinen Moldawien darf nichts anderes erwartet werden. Für die Puppenspieler sind die ehemaligen Sowjetstaaten nur Verbrauchsmaterial, das man sorglos im Krieg gegen Russland opfern kann.

Am 12. Juni ist Moldawiens Premierminister zurückgetreten, weil er verdächtigt wird, seinen Schulabschlusszeugnis gefälscht zu haben. Wen interessiert schon Moldawien, würde man normalerweise meinen. Zu einem Zeitpunkt jedoch, da Moldawien in den Mittelpunkt einer Intrige zwischen den USA und Russland gerät, sind solche Meldungen vielleicht doch etwas Aufmerksamkeit wert? In den deutschen News habe ich nichts gefunden. In Russland wurde auch erstaunlich wenig darüber berichtet. Die moldawische Regierungsseite erwähnt den Rücktritt in ihren News nicht. In den USA hat man zumindest Notiz davon genommen.

Moldawiens Gesetzgebung sieht vor, dass beim Rücktritt des Premierminister auch die gesamte Regierung zurücktreten muss. Das ist am 16. Juni dann auch geschehen.

Ist der Zeitpunkt zufällig? Ist das schon ein Teil der russischen Antwort auf den US-Trumpf Pridnestrowje-Blockade? Erstaunlich ist, dass sich die Medien auf beiden Seiten der Front ausschweigen. Wo bleiben die Anschuldigungen des Westens, dass russische Geheimdienste Moldawiens Regierung zu Fall gebracht haben? Das wäre ausnahmsweise eine glaubwürdige Anschuldigung und gerade eine solche lassen sich die tollwütigen westlichen Medien entgehen? Vermutlich finden hinter den Kulissen derart wichtige Verhandlungen statt, dass die Medien beiderseits an die kurze Leine genommen wurden.

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Wer arbeitet eigentlich für wen?

Die westliche Presse lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass Janukowitsch ein “prorussischer” ukrainischer Präsident war. Der böse “prorussische” Janukowitsch hat die gute prowestliche Timoschenko in den Knast geworfen wegen angeblicher  Kompetenzübeschreitung bei der Unterzeichnung eines Gas-Deals mit Russland, der sich als ziemlich nachteilig für die Ukraine erwies.

Als Janukowitsch 2010 gewählt wurde, setzte Russland bei den ukrainischen Wahlen auf… Timoschenko. Das legt jedenfalls ein Forbes-Bericht nahe. Timoschenko traf sich 2009 mit Putin, kurz darauf wurden die Gasverträge abgeschlossen, für die Timoschenko später im Gefängnis landete. Kurz nach diesem Treffen wurde auch eine der größten ukrainischen Metallurgie-Holdings an russische Investoren verkauft, dabei wurden 300 Millionen Dollar für Timoschenkos Wahlkampf 2010 freigesetzt. Finanziert wurde der Deal von der russischen, angeblich regierungsnahen Wneschekonombank.

Während Russland die “prowestliche” Timoschenko finanzierte, steuerte der “prorussische” Janukowitsch zielstrebig die EU-Integration an.

Timoschenko war schon dem prowestlichen Juschtschenko ein Dorn im Auge. Beide gingen als Sieger des Maidans 2004 hervor, Juschtschenko wurde Präsident, Timoschenko Premierministerin. Leider konnten sie sich gegenseitig nicht leiden und legten einander so viele Steine in den Weg, dass die Bevölkerung schnell von ihren Maidanpolitikern enttäuscht war. Während Juschtschenkos Präsidentschaft stiegen die Exporte in die Länder der ehemaligen Sowjetunion übrigens um 2,23 mal an, während die Exporte in die EU nur um 17,5 % wuchsen.

In diesen Betrachtungen aus alternativen Blickwinkeln wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass Janukowitsch überhaupt keinen Anklang beim Maidan-Mob fand, dafür aber freudig vom Westen akzeptiert wurde. Die Wahl 2010 wurde vom Westen als fair anerkannt und die USA unternahmen nichts, Janukowitsch mit einem Maidan abzusetzen. Wozu auch? Janukowitsch war schon Premierminister unter dem prowestlichen Präsidenten Kutschma. Unter Janukowitschs eigener Präsidentschaft stieg der Export in die Länder der ehemaligen Sowjetunion um 17,8%, der Export nach Europa um 23,4%. Wäre die EU nicht so dreist und gierig, die Ukraine umsonst haben zu wollen, hätte es auch keine Verzögerung bei den Assoziationsverträgen gegeben.

Und noch eine interessante Beobachtung: In der ukrainischen Geschichte seit der Unabhängigkeit mussten zwei Ministerpräsidenten hinter Gitter: Timoschenko und ihr Verbündeter Lasarenko. Beide haben als Premireminister gegen prowestliche Präsidenten angekämpft (Lasarenko gegen Kutschma, Timoschenko gegen Juschtschenko).

Der “prorussische” Janukowitsch, der von Russland im Februar 2014 in höchster Not gerettet wurde, hat übrigens nichts unternommen, um aus dem Exil irgendeinen prorussischen Einfluss auf sein Land zu nehmen. Seine Vermögen sind bis heute unangetastet. In der Ukraine bellen verrückte Hunde seit über einem Jahr danach, Janukowitsch sein Vermögen zu nehmen, konkrete Handlungen blieben aber aus. Die Ukraine selbst hat Janukowitsch übrigens erst 2015 auf die eigene Sanktionsliste gesetzt, als die EU sinngemäß gefragt hat: warum steht der Typ eigentlich seit einem Jahr auf unserer Sanktionsliste, aber nicht auf eurer?

Und die Moral von der Geschichte? “An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen”.

Dieser Beitrag ist angeregt von diesem Material.

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Warum wird Bargeldverkehr eingeschränkt?

In Griechenland wurde im Laufe der Krise der Bargeldverkehr schon längst beschränkt. Aus einer Petition habe ich erfahren, dass es solche Bemühungen bereits EU-weit gibt, auch in Ländern wie Schweden, die nicht nach Krise riechen.

Warum?

Bargeldverkehr ist für die Banken teurer als bargeldloser Geldverkehr. Deshalb haben die Banken grundsätzlich ein Interesse, dass wir möglichst wenig mit Bargeld hantieren. Aus diesem Grund werden uns bargeldlose Systeme (Kartenzahlung, Überweisungen usw.) generell schmackhaft gemacht.

Es rechtfertigt aber noch nicht eine drastische Einschränkung des Bargeldumlaufs. Der Grund hierfür ist ein anderer. Die EU bereitet sich auf eine kolossale Krise vor.

Das Problem ist, dass vieles von dem Geld, was im Umlauf ist, rein virtuell ist. Wenn Sie zur Bank gehen und ihr Vermögen in bar haben wollen, ist das kein Problem. Wenn das mehr als ca. 3% der Bürger gleichzeitig tun, wird es zu einem Problem, denn mehr Geld ist nicht da.

Von der Tatsache, dass über 95% unseres Geldbestandes rein virtuell ist, merken wir nichts, solange wir die Verlässlichkeit des Geldsystems nicht anzweifeln. In einer Krise zweifeln wir das aber an, gehen zu unseren Banken und wollen unser Geld in bar haben. Und dann stellt sich heraus, dass die Bank nicht annähernd so viel Geld hat, wie sie ihren Kunden gutschreibt. Das löst eine Panik aus und alles wird noch viel schlimmer. Jeder will zu den 3% der ersten gehören, die zur Bank rennen, um ihr Geld abzuholen.

Eine Krise steht uns bevor. Unsere Regierungen bereiten sich darauf vor. Aber nicht, indem sie uns sagen, dass eine Krise bevorsteht und was uns dann erwartet. Sondern indem sie Gesetze einführen, die unser Panikverhalten im Krisenfall eindämmen sollen. Die Einschränkungen des Bargeldverkehrs sollen dafür sorgen, dass wir in unserer Panik nicht so viel Geld abheben dürfen, wie wir auf dem Konto haben. Vielleicht reicht das aus, um die Zahlungsunfähigkeit unserer Banken nicht offenbar werden zu lassen und so den Systemkollaps zu verhindern? Einen Versuch ist es wert, vielleicht klappt es ja.

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Griechenland ist die Testplattform für große Aufgaben

Anfang März habe ich Michail Khazins Überlegungen zu Griechenland dargelegt.

Schnellzusammenfassung:
Die im Westen angesammelten Schuldenberge drohen das Finanzsystem zu sprengen. Die EU sucht nach Wegen, das Problem zu lösen. Ein Weg besteht darin, die Schulden abzuschreiben. Ein juristisch heikler Prozess, dem sich die EU schrittweise nähert, indem sie die peripheren Mitgliedstaaten als Versuchskaninchen gebraucht. An Zypern hat man die Abschreibung privater Schulden ausprobiert, an Griechenland soll die Abschreibung von Staatsschulden getestet werden.

Heute vermeldet SPON, dass die deutsche Regierung an der Insolvenzverwaltung von EU-Staaten arbeitet.

Khazin hatte Recht.

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The World is isolating Russia

“As long as the World looks like this.”
Von Ian Bremmer.

Zum Vergleich.

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MH 17 Trolling

Die nächste MH 17 Trolling-Runde ist über uns hereingebrochen. Schauen wir uns die Rahmenbedingungen dieses Schauspiels an, ohne in die inhaltlichen Details zu gehen.

Vorgeschichte

Knapp 300 unbeteilige Zivilisten haben mit ihrem Tod den “Game Changer” bewirkt und den USA endlich genug Rechtfertigung gegeben, die EU zu Sanktionen gegen Russland zu bewegen. Westliche Medien kannten nach einem Tag die Schuldigen, die offizielle Untersuchung dagegen wurde maximal in die Länge gezogen und verwässert. Unter anderem haben die Ukraine, Belgien, Australien und Niederlande ein Veto-Recht gegen die Veröffentlichung von Untersuchungsmaterial. Die Black Box ging aus immer noch nicht erklärten Gründen an Großbritanien. Die USA schwafelten von haufenweise eindeutigem Beweismaterial ohne konkret zu werden, und sie haben selbst nichts beigesteuert, obwohl sie den Luftraum zur Zeit des Absturzes besonders gründlich überwachten. Eine Armada von US-Kriegsschiffen war im Rahmen einer Übung im Schwarzen Meer, ganz nahe der Abschussortes. Die Kriegsschiffe sind mit hochleistungsfähigen Radargeräten ausgestattet. Zusätzlich zu allen üblichen Satelliten, die die Ukraine überwachen, flog exakt zum Abschusszeitpunkt exakt über den Abschussort ein neuer US-Satellit, vermutlich nicht mit der schlechtesten Technik ausgestattet.

Zu den Rahmenbedingungen gehört, dass der Westen über seine Medienmacht besonders lautstark Russland für den Abschuss beschuldigt, aber sich besonders auffällig mit Beweismaterial zurückhält und die offizielle Untersuchung, die ja komplett in der Hand des Westens ist, in eine Sackgasse geführt hat. Der Westen behindert die Aufklärung und maximiert die Anschuldigung des Feindes.

Auf der anderen Seite steht Russland, das nicht über die Medienmacht verfügt, seine Position in die breite Öffentlichkeit zu drücken, dafür aber mit qualitativ hochwertigem Material aufwartet und regelmäßig eine unabhängige Untersuchung fordert.

Zu den Rahmenbedingungen gehört, dass der Westen direkt nach dem Absturz mit maximaler Intensität den Absturz genutzt hat, um die Stimmung zwischen EU und Russland zu vergiften. Wenig später jedoch, als die Fakten klar gegen die westliche Version sprachen und sich daran schwerlich etwas beschönigen ließ, war der Westen sehr bemüht, MH 17 von der Bildfläche verschwinden zu lassen.

Russland hat in dieser Informationsschlacht wenige Tage nach dem Absturz eine gute Portion belastbares Material geliefert, was den alternativen Internetmedien weltweit genug Unterstützung gab, sich an den Lügen der Massenmedien abzuarbeiten.

Das Verhalten russischer Diplomaten, allen voran Außenminister Lawrow, deutete recht früh darauf hin, dass Russland sehr konkrete Beweise für die wahren Schuldigen des Abschusses hatte. Als der offizielle Westen den Abschuss schon vergessen hatte und es im Westen niemanden störte, dass die Untersuchung nicht vom Fleck kam, trollte Lawrow seine westlichen Partner regelmäßig mit MH 17, forderte den zügigen Verlauf der Untersuchung und fragte immer wieder nach den Ergebnissen. Zusätzlich kamen in Russland in regelmäßigen Abständen exklusive Informationen und Analysen zum Abschuss heraus. Mal war es eine Vereinigung von Flugzeugspezialisten, die einen Bericht herausbrachte, mal war es ein ukrainischer Insider, der hochbrisantes Material über das beteiligte Kampfflugzeug an die Öffentlichkeit brachte.

Was fällt mir an Russlands Strategie in dieser Informationsschlacht auf?

  • Neue Belege zum Abschuss sind von hoher Qualität. Entweder Zeugenaussagen von Involvierten oder Analysen von Experten. Ob die Belege näher an die Wahrheit führen, sei dahingestellt, aber sie sind auf jeden Fall von einer Qualität, die man nicht so leicht in Stücke reißen kann. Man kann sich daran abarbeiten, aber das kann sich der Westen nicht erlauben, weil er sich dann in eine detaillierte fachliche Diskussion begibt. Vermutlich will Russland genau das bewirken, um die westliche Presse aufs Glatteis zu führen.
  • Die Belege werden von sehr ehrbaren Vertretern präsentiert. Große TV-Sender, Ingenieurvereinigungen, große Militärhersteller. Keine leichte Beute für die westliche Propaganda. Auf der anderen Seite alles von der Regierung unabhängige Vertreter neuer Belege, so dass im Falle des Falles das offizielle Russland außen vor steht. Es würde mich sehr wundern, wenn diese Informationsschlacht ohne koordinierende Beteiligung russischer Geheimdienste abläuft. Der Krieg wird auf beiden Seiten professionell geführt.
  • Die Belege unterstützen verschiedene Versionen des Abschusses. Mal sprechen die Belege sehr eindeutig für einen Abschuss aus der Luft, mal belegen sie den Einsatz einer BUK seitens der Ukraine. Das ist besonders lustig, da Russland gewiss den wahren Tathergang kennt (genauso wie die westlichen Partner). Wir beobachten also ein Spiel.

Was bewirkt diese Strategie?

  1. Russland übt diplomatisch Druck aus. In internationalen Verhandlungen ist MH 17 ein Trumpf in der russischen Hand. Die Drohung, den Trumpf auszuspielen und weiteres Material oder gar das entscheidende Material zu veröffentlichen, schwebt stets in der Luft. Jede neue Expertenanalyse, die in Russland veröffentlicht wird, könnte ein Signal sein, dass man es ernst meint.
  2. Russland höhlt die Glaubwürdigkeit des Westens langsam, aber konsequent aus, und… der Westen kann wenig dagegen machen. MH 17 ist wie eine Kuh, die man immer wieder melken kann. Natürlich werden die in Russland vorgelegten neuen Belege nicht vernünftig in den westlichen Großmedien beleuchtet. Auf Umwegen sickert die Information aber in den Westen ein, vor allem da auch im Westen immer mehr Menschen erkennen, wie dreist sie von ihren Medien belogen werden, und sich daher alternative Nachrichtenkanäle erschließen. Die westliche Propaganda kann keine effektiven Kontermaßnahmen dagegen ergreifen. Stumpfes Beschuldigen zieht nicht mehr und untergräbt die eigene Glaubwürdigkeit nur weiter. Sich mit den Argumenten der russischen Experten auseinander zu setzen kommt nicht in Frage, weil man genau weiss, wer in dieser Schlacht lügt, dass sich die Balken biegen. Russland wartet nur darauf, dass der Westen eine der Einladungen annimmt und sich von der Ebene haltloser Beschuldigungen auf die argumentative Ebene begibt. Bleibt nur eine Methode übrig: Die Glaubwürdigkeit Russlands anzugreifen, ohne sich auf die neuen Belege einzulassen (Hintergründe dazu hier).

Aktuelle Runde

Damit sind wir bei der neuesten Runde des MH 17 Trollings angelangt. Russland hat am 2. Juni eine weitere Analyse zu MH 17 vorgelegt. Diesmal vom großen Waffenhersteller Almaz-Antej, der die BUK-Raketen herstellt. Der Zeitpunkt ist heiß, denn die USA spielen gerade den mächtigen Pridnestrowje-Trumpf aus und versuchen Russland entweder in den Krieg gegen die Ukraine reinzuziehen oder aber Russland eine lokale, sehr schmerzhafte Niederlage zuzufügen. Es würde mich nicht wundern, wenn der Zeitpunkt der Veröffentlichung des neuen MH 17 Berichts damit zusammen hängt.

Der Zeitpunkt, an dem sich deutsche Medien zum Thema MH 17 wieder aktivisiert haben, ist auch spannend: 1. Juni. Zufall? SPON bezieht sich auf den NATO-Agenten bellingcat. Schauen wir uns seine Berichterstattung über MH 17 an, so sehen wir, dass er durchgehend Material liefert. Eine kurze Pause hatte er im Februar, ansonsten aber bringt er seit einem halben Jahr im Abstand von ein bis zwei Wochen einen Artikel über MH 17. Schön regelmäßig. Zu einem Thema, das der Westen geschlossen halten will. Der Westen hält es auch geschlossen oder haben Sie im letzten Halbjahr alle zwei Wochen eine neue MH 17 bellingcat Entlarvungsstory in der deutschen Presse vernommen? Nein, bellingcat hält verschiedene Themen am köcheln, intensiviert das Thema bei Bedarf und die westliche Presse bedient sich bei ihm, wenn mal wieder eine Propaganda-Operation ansteht und der Anschein unabhängiger Expertise notwendig ist.

Zwischen dem 29. Mai und dem 3. Juni hat bellingcat ganze vier Artikel über MH 17 gebracht. Das ist eine untypische Aktivisierung, wenn man ein halbes Jahr zurückblickt. Wer immer die westliche Presse lenkt, hat bellingcat kurz vor dem Erscheinen der neuen russischen Analyse aktiviert. Und der Lenker der westlichen Presse hat auch SPON aktiviert, bellingcats Story aufzugreifen. Der Rest der deutschen Pressemeute hat es dankbar aufgegriffen.

Der Impact der russischen Analyse sollte dadurch minimiert werden, dass man genau zur Veröffentlichung Russlands Vertrauenswürdigkeit in dieser Frage untergräbt. Die zeitliche Koordination ist gut gelungen.

Aber wir sehen das Glatteis, von dem weiter oben die Rede war. Russland wartet nur darauf, dass die westlichen Medien sich auf das Thema einlassen. SPON musste sich nur zwei Tage nach seiner Sensations-Propaganda selbst geißeln. Nebenbei wurde bellingcat die Maske abgezogen. Das Vertrauen in die westlichen Medien ist damit sicher nicht größer geworden. Die Konter-Attacke des Westens in der MH 17 Medienschlacht ist mal wieder teuer erkauft worden. Besonders verheerend wird der Ansehensverlust der westlichen Medien im Ausland sein. Was viele im Westen nicht wissen: Nicht Russland ist isoliert, sondern der Westen ist inzwischen isoliert. Und während sich die Massen im Westen weiterhin unter einer dichten Propagandaglocke befinden, ist man im Rest der Welt deutlich besser informiert über das, was in der Welt geschieht. Und die Welt schaut zu, wie sich die deutsche Presse mal wieder blamiert hat.

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Wolverine 2 – Filmkritik

Heute hatte ich das Vergnügen, mir “Wolverine: Weg des Kriegers” anzuschauen. Es drängt mich, eine kleine Filmkritik der etwas anderen Art zu verfassen. Im folgenden wird gespoilert, was das Zeug hält, also nicht weiterlesen, wenn Sie den Film noch unvoreingenommen schauen wollen.

Es beginnt damit, dass die Amis die Atombombe über Nagasaki abwerfen und damit ein riesiges Areal verwüsten. Der Ami-Superheld Wolverine ist irgendwie mittendrin und rettet einem japanischen Soldaten das Leben. Ein Geretteter pro zerstörte Großstadt ist schon mal ein gutes Verhältnis. Der japanische Soldat sprüht denn auch ernsthaft vor Dankbarkeit über.

Ein paar Jahrzehnte später lädt dieser japanische Soldat den Ami-Superhelden zu sich ein, um ihm die Ami-Superkräfte zu stehlen. Schön dreist, die Japaner. Aber der Ami findet schnell eine fünfte Kolonne in den Reihen des Bösewichts. Wolverine fickt die Tochter des Bösewichts. Die arme Maid glaubt tatsächlich, dass der Ami mehr als Sex will und versucht gar, ihm die japanischen Werte zu vermitteln. Der Ami ermahnt sie mit einem scharfen Blick, solchen Blödsinn gefälligst zu unterlassen und bricht die japanischen Traditionen provokativ noch einmal, um klar zu zeigen, wessen Werte jeglicher Relevanz entbehren. Hat die gute Japanerin brav geschluckt. Der Ami tötet dann noch den bösen Vater, mit tatkräftiger Unterstützung der fünften Kolonne. Damit ist die Mission erfüllt. Der Ami lässt seine Liebschaft wie eine heiße Kartoffel fallen. Die quittiert das mit einem Lächeln und voller Verständnis. So gehört sich das! Dann fliegt der Ami weiter zur nächsten Mission. Auf Kosten der Japaner wohlgemerkt! Film Ende.

Und die Moral von der Geschicht:

  • Japan will etwas von den Amis haben: schlechter Vasall! Wird mit dem Tod bestraft.
  • Japan kollaboriert mit dem Ami, lässt sich ficken, seine Kultur mit den Füßen treten, wird sitzen gelassen und liebt den Ami trotzdem über alles: guter Vasall! Wird damit belohnt, mächtige japanische Konzerne führen zu dürfen.

Der Film hat mich auf unerwartete Art und Weise sehr beeindruckt.

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Russlands demographisches Herz herausreißen

Im März 2014, als die Ukraine-Krise sich zum Kristallisationskern eines großen geopolitischen Events entwickelte, tauchte im Forbes-Magazin dieser Artikel auf, auf den ich erst jetzt aufmerksam gemacht wurde.

Der Autor schlägt vor, Russland fertig zu machen und stellt dazu einen Drei-Punkte-Plan auf. Zwei Punkte finde ich interessant:

2. We stabilize the U.S. dollar.  This would drive world oil prices down, thereby crushing Russia’s economy, export earnings, and government revenues.  (Details here.)
3. Then we rip Russia’s heart out, demographically.

Punkt 2 wurde Ende 2014 tatsächlich umgesetzt, aber die Fachleute sind sich nicht einig, ob das von den USA durchgezogen wurde oder ob der Markt von sich aus reif für einen neuerlichen Preisverfall beim Öl reif war.

Interessanter finde ich Punkt 3. Der vorgeschlagene Plan ist folgender:

Russland hat eine Bevölkerung von 142,5 Millionen. Davon sind 16,4 Millionen im Alter von 20 bis 30. Basierend auf IQ, Bildung, Aussehen, Sportlichkeit usw. werden die oberen 10% dieser Gruppe anvisiert, also 1,6 Millionen junge Russen.

Man errichte eine Website, auf der die Russen testen können, ob sie zu diesen elitären 10% gehören. Für diese wird über Facebook & Co ein Programm beworben, bei dem diese Leute 20.000 $, eine green card (Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis in den USA) und einen Arbeitsplatz in den USA bekommen.

Der Ideengeber geht davon aus, dass man eine Million aus der Zielgruppe damit ködern kann. Kosten des Programms: 20 Milliarden Dollar. Ist das viel oder wenig? Ein Kosten-Nutzen-Vergleich wird gleich mitgeliefert. 20 Milliarden seien nur 5% von Googles Marktwert. Das letzte Kriegsschiff der USA hat 13 Milliarden gekostet. Auf der Nutzenseite hat man die besten russichen Köpfe im eigenen Land. Wozu die fähig sind, wird auch gleich veranschaulicht: Googles Mitgründer Sergej Brin ist Russe und im Alter von 6 Jahren mit seinen exzellent in Moskau ausgebildeten Eltern in die USA eingereist. Und der größte Nutzen: die USA stehlen Russlands Bildungselite und “reißen Russlands demographisches Herz heraus”.

Der Forbes-Autor zählt nicht zu den bekannten politischen Größen, die solche Dinge ins Rollen bringen können. Mit dem gleichen Ansatz geht aber auch ein Edward Luttwak offen hausieren (zur Person).

So weit ich weiss, gibt es dieses Programm (noch) nicht. Aber ich finde es einfach schön, wie offenherzig das Imperium seine destruktiven Absichten öffentlich diskutiert. Ein harmloses, aber bezeichnendes Beispiel der US-Politik.

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