Ist Griechenland die Testplattform für große Aufgaben?

Michail Khazin ist ein Ökonom, der regelmäßig Analysen mit interessanten Blickwinkeln darbietet. Eine solche möchte ich heute wiedergeben.

Vorwort

Seit dem Jahr 1981 wurde zuerst in den USA, später in der ganzen Welt, die Nachfrage privater Kredite gefördert, um die Nachfrage von Privatkunden zu steigern. In den USA hat das seitdem die private Verschuldung massiv in die Höhe getrieben. In Europa haben sich eher die Staaten verschuldet, um private Nachfrage zu stimulieren. Refinanziert wurden die Schulden mit neuen Krediten und die Schuldenberge sind inzwischen so hoch, dass ihre Rückzahlung nur erfolgen kann, wenn der Lebensstandard der Bevölkerung halbiert wird. Weil diese Möglichkeit nicht durchsetzbar erscheint, bleibt als Alternative die Liquidierung der Schulden. Letzteres kann auf zwei Wegen geschehen: Abschreibung oder sehr hohe Inflation.

Man kann warten, bis die Schuldenblase in einer großen Krise explodiert oder man kann versuchen, das Problem zu lösen. Khazin meint, dass die EU gerade versucht, an der Lösung zu arbeiten. Nach dem Motto: Jede Krise bereitet nicht nur Probleme, sondern bietet auch Möglichkeiten.

Lösung Schritt 1: Der Fall Zypern

Auf Zypern hat die EU das erste Experiment durchgeführt und getestet, ob man die Einlagen privater Gläubiger einfach abschreiben kann. Das sei im Großen und Ganzen gelungen, bis jetzt hat es niemand geschafft, sein Geld gerichtlich zurück zu holen. Die Organisatoren haben wertvolle Erfahrungen mit Zypern gesammelt und können sich auf den nächsten Fall noch besser vorbereiten.

Aber was ist mit Staatsschulden? Die Gläubiger hier sind keine Hausfrauen, sondern große Banken und Finanzinstitute und man darf mit Recht annehmen, dass sie die gerichtlichen Möglichkeiten deutlich erschöpfender nutzen werden als die Kleinanleger.

Lösung Schritt 2: Der Fall Griechenland

Gefragt ist ein neues Experiment, bei dem Staatsschulden im größeren Stil abgeschrieben werden, um die Methoden einzustudieren und die damit verbundenen Risiken in der Praxis kennen zu lernen.

Griechenland drängt sich für dieses Experiment geradezu auf. Es gehört nicht zum Kern der EU, es ist klein, es ist derzeit aufmüpfig. Wenn das Experiment schief geht, gibt es Probleme in der Peripherie der EU, so weit weg vom Zentrum wie möglich. Khazin macht darauf aufmerksam, dass die EU erstaunlich zurückhaltend mit Griechenland verfährt und mehr Zugeständnisse macht, als man es gewohnt ist.

Womöglich hat die EU entschieden, an Griechenland die Abschreibung von Staatsschulden zu testen. Alle blauen Flecken dieser Operation entfallen auf Griechenland und die EU sammelt wertvolle Erfahrungen mit dem Prozedere und wie man die negativen Folgen minimieren kann.

Wir werden sehen.

Khazins Artikel finden Sie hier. Er beinhaltet mehr Informationen, als ich zitiert habe.

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