Sprachlich institutionalisierte Asozialität

Unter vielen anderen Anglizismen in der deutschen Sprache gibt es “clever”. Man sagt im deutschen, dass jemand etwas clever gemacht hat, wenn er die Regeln bricht oder sich zumindest in einer dunkelgrauen Zone bewegt, dabei aber formal nicht anfechtbar ist. Wenn Arjen Robben leicht an der Schulter berührt wird und daraufhin hoch und flach in die Luft springt, als ob er von einem Auto angefahren worden wäre, dann ist das nicht asozial – nein, das ist clever. Und das gilt es nicht mit einer gelben Karte zu bestrafen – nein, das gilt es mit einem Elfmeter zu belohnen. Und der Verteidiger, der Robben an der Schulter berührt hat, war nicht unschuldig, sondern ungeschickt.

Cleverness als formal nicht anfechtbare Asozialität. Man beachte, dass Cleverness absolut positiv ist. Der Arme verteidiger muss im Interview sich selbst für sein Ungeschick geißeln und Robben für dessen Cleverness loben. Während Robben nicht mehr tun muss, als auf die Berührung zu verweisen, um gerichtsfest zu beweisen, dass er nichts verwerfliches getan hat. Verkehrte Welt. Man beachte, dass die formale Unanfechtbarkeit integraler Bestandteil von Cleverness ist. Wenn Robben die gleiche Schwalbe macht, ohne dass er vom Finger des Verteidigers berührt wurde, ist er schon nicht mehr clever, sondern dreist. Die Asozialität der Cleverness muss im Kleid der formalen Korrektheit daherkommen.

Man könnte auch den deutschen Begriff “listig” verwenden können, es wäre viel zutreffender, denn List hat etwas gemeines in sich. List ist unfair. Wenn man List einsetzt, hat man allen Grund, sich zu schämen. List ist der korrekte Begriff, aber in einer Kultur, die Asozialität fördern und gutheißen will, ist List nicht der passende Begriff. Deswegen ist ein Arjen Robben nicht listig, wenn er eine Schwalbe macht, sondern clever.

Das gewählte Beispiel Fußball ist wirklich nur ein Beispiel. Das Prinzip ist tatsächlich universell in der angelsächsischen Kultur. Wer sich einen trickreichen Steuerberater leistet, um formal-juristisch legal die Steuern nicht zahlen zu müssen, ist nicht ein Asozialer, sondern clever. Wer sogar so viel Geld hat, dass er die Bundesregierung davon überzeugt, Steuergesetze von privaten Anwaltskanzleien schreiben zu lassen und sich dann von diesen Kanzleien auf den Leib zugeschnittene Steuerlöcher schreiben lässt, ist kein Verbrecher am Staate, sondern clever. Wer Wahlversprechen macht, die er nicht zu erfüllen gedenkt, ist kein Lügner und Betrüger, sondern clever – er will ja möglichst viele Stimmen sammeln und alle lügen übertreiben ein wenig dafür und es gibt kein Gesetz, das zur Einhaltung der Wahlversprechen verpflichtet, nicht wahr? Und so ist es überall, die angelsächsische Gesellschaft ist durchzogen von dieser Vorstellungswelt.

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Sprachlich institutionalisierte Egoismus-Kultur

May I have…

Darf ich…

Can you…

Können Sie…

Die angelsächsische Kultur lässt “Ich” groß schreiben. Ich, Ich, Ich! Das Gegenüber dagegen wird selbst in der förmlichen Anrede klein geschrieben: you.

Mir liegt keine Statistik zur Hand, aber üblicherweise wird es genau andersherum gehandhabt. Üblicherweise nimmt eine Kultur das “ich” vornehm zurück und betont dessen Bedeutung nicht durch Großschreibung. Die Betonung des Ich ist auch nicht nötig, denn das Ego des Menschen wächst ohnehin ins Unendliche, wenn es nicht durch Kultur und Erziehung gezähmt wird. Den Respekt vor dem Gegenüber muss man dagegen erst erlernen, das ist nicht angeboren. Die meisten Kulturen helfen auch, und in der Schrift drückt sich das in der Großschreibung des förmlichen “Sie” aus.

Subtile Hinweise auf die Kulturen.

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Skandal über sexuellen Missbrauch – Wer sind die Opfer?

Seit Wochen wird in den Medien ein gigantischer Skanal über sexuellen Missbrauch entfacht und am Leben gehalten. Urplötzlich und gleichzeitig erinnern sich unzählige Schauspielerinnen, wie sie von ihren Kollegen vor dreißig Jahren vergewaltigt, am Knie betatscht oder mit einem Anmachspruch beehrt wurden.

Das kann natürlich alles Zufall sein. Vielleicht aber auch nicht. Wenn wir nicht an Zufall glauben und ganz bösartig eine Kampagne vermuten, müssen wir natürlich auch annehmen, dass diese Kampagne konkrete Ziele hat. Die Ziele erkennen wir am sichersten an den Auswirkungen. Zu den Auswirkungen gehört, dass viele einflussreiche Leute unter die Räder gekommen sind. Wenn wir die Leute, die im Rahmen des Skandals unter Druck gesetzt werden, auflisten und uns ein wenig genauer anschauen – erkennen wir dann ein Muster? Gehören diese Leute vielleicht mehrheitlich einem Lager an? Das wäre spannend.

Ein sich aufdrängender Hintergedanke ist, dass dieser Skandal eine Operation im laufenden globalen hybriden Weltkrieg ist. In diesem Weltkrieg haben wir zwei Hauptlager – die transatlantischen Oligarchen auf der einen Seite und die Verfechter der multipolaren Welt auf der anderen Seite. Die größten Reizfiguren sind Clinton, Trump, Putin. Um also nicht völlig planlos drauflos zu recherchieren, könnte man konkret nach folgenden Dingen suchen:

  1. Wer ist im Rahmen des Skandals unter die Räder gekommen? (Auflistung)
  2. Wie haben sich die öffentlich Beschuldigten zu Clinton / Trump / Putin geäußert?
  3. Laufen uns im Rahmen der ersten beiden Fragen andere große Marker über den Weg, die eine klare Zugehörigkeit der Beschuldigten zu einem der beiden Hauptlager (Globalisten vs Multipolaristen) erkennen lassen?

Sachdienliche Hinweise zu den drei Fragen bitte in den Kommentaren notieren. Ich werde die Hinweise sammeln und im Beitrag auflisten – und bin sehr gespannt, wie weit wir mit derartiger Nutzung von Schwarmintelligenz kommen können.

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Laufend aktualisierte Liste:

  • Michael Fallon, britischer Verteidigungsminister, musste von seinem Posten zurücktreten. Einordnung?
  • Peter Pilz, Parteichef der neuen Grünen “Liste Peter Pilz”, gibt seinen Posten ab und nimmt sein Mandat im Nationalrat nicht an. Einordnung?
  • Kevin Spacey, unter Druck geraten. Clintoniode.
  • Harvey Weinstein, Produzent, Clintoniode (“Doku” gegen Trump, außerdem will Weinstein jetzt offen Politik machen).
  • Dustin Hoffman, unter Druck geraten, Clintonoide.
  • Ben Affleck, unter Druck geraten, Clintonoide.
  • James Toback, Produzent. Einordnung?
  • Mark Garnier, britischer Außenhandelsstaatssekretär, unter Druck geraten. Einordnung?
  • Terry Richardson, Fotograf, unter Druck geraten. Einordnung?
  • Brett Ratner, Regisseur, unter Druck geraten. Einordnung?
  • Roy Price, Amazon-Manager, Job verloren. Einordnung?
  • Howard Rubin, Manager in Soros’ Diensten, wegen Vergewaltigung angeklagt.
  • Damian Green, Vizepremier in Großbritanien, unter Druck geraten. Einordnung?
  • Leon Wieseltier, Redakteur, unter Druck geraten, Clintoniode. Vorbildlich aufgearbeitet von Katharina.
  • Roman Polanski, Regisseur, angeklagt und unter Druck geraten. Einordnung?
  • Tariq Ramadan, Islamwissenschaftler und Verfechter einer Islamisierung Europas. Unter Druck geraten und seine Oxford-Professur verloren.
  • Carl Sargeant, walisischer Minister, ist tot aufgefunden worden, nachdem Missbrauchsvorwürfe gegen ihn laut wurden. Einordnung?
  • Mark McDonald, schottischer Jugend-Minister, zurückgetreten. Einordnung?
  • Charlie Sheen, unter Druck geraten. Trump-Unterstützer.
  • Louis C.K., Comedian, ist zurückgetreten und hat Aufträge verloren. Clintoniode. Danke an Strukturdenker (und auch an die anderen) für die Einordnung – das Niveau der Beteiligung steigt.
  • Steven Seagal, Schauspieler, Putin-Unterstützer.
  • Anthony Weiner, US-Demokrat, muss ins Gefängnis (Fall schon 2016 begonnen). Clintonoide.
  • George Bush Senior, unter Druck geraten.
  • Roy Moore, erzkonservativer republikanischer Senats-Kandidat, droht seine Kandidatur zu verlieren.
  • George Takei, Schauspieler, Anti-Trump, unter Druck geraten.
  • Richard Dreyfuss, Clintonoide (distanziert sich inzwischen schlauerweise), unter Druck geraten.
  • Glenn Thrush, New York Times Reporter, vorerst suspendiert.
  • Charlie Rose, CBS-Reporter, gefeuert.
  • John Lasseter, künstlerischer Leiter bei Pixar, geht in Deckung.
  • Sylvester Stallone wird auch beschuldigt.
  • Matt Lauer, populärer Moderator, nach einer internen Anschuldigung gefeuert.
  • Jeremy Piven, Schauspieler. Seine Serie wurde nach Vorwürfen eingestellt.
  • James Levine, Dirigent, darf vorerst nicht mehr in der New Yorker Metropolitan Opera auftreten.
  • Al Franken, demokratischer US-Senator, kündigt Amtsniederlegung an.
  • John Conyers, Demokrat, dienstältester Kongress-Abgeordneter, ist zurückgetreten. Mit dem Vorschlag, dass sein Mandat an seinen Sohn übergehen soll, hehehe.
  • Blake Farentholt, Republikaer, Kongress-Abgeordneter, wird unter Beschuss genommen.
  • Trent Franks, Republikaner, Kongress-Abgeordneter, ist zurückgetreten.
  • Larry Nassar, Teamarzt der US-Turnerinnen, wegen Besitz von Kinderpornografie zu 60 Jahren Haft verurteilt. Der Prozess um sexuellen Missbrauch der Turnerinnen dauert noch an.
  • Donald Trump wird mal wieder beschuldigt. Demokratische Senatoren rufen zum Rücktritt auf.
  • Ryan Lizza, Journalist, aufgrund von Vorwürfen gefeuert.
  • Charles Dutoit, Stardirigent, verliert seine Auftritte.

Associated Press hat sich die Idee abgeschaut und auch eine Liste der betroffenen Männer erstellt. Weitere Nachahmer hier und hier (ohne Prüfung auf Korrektheit).

Anfang Dezember kommt Schwung rein, es rollen Köpfe. Drei hohe Politiker abgeschossen, zwei weitere unter Beschuss.

Der Fahrstuhl wird ausgemistet.

Haha, Trump wird tatsächlich auch noch mal angegriffen. Wird natürlich nichts mit seiner Absetzung, aber soll die Welt ruhig glauben, dass die USA von einem psychopathischen Vergewaltiger regiert werden. So wird den Zombies und Träumern weltweit ein realistisches Bild der USA vermittelt. Und alle, die sich von den USA lösen wollen, haben umso bessere Argumente in der Hand, je bescheuerter und chaotischer die Lage in den USA ist. Auf einer hohen Ebene ist das genau so eingeplant. Trump wird ja nicht nur von außen als Psychopath dargestellt, er arbeitet auch von sich aus fleißig an diesem Image. Das ist feines politisches Judo putinscher Art – die Energie des Gegners nutzen, um den Gegner zu Fall zu bringen.

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Israels Problem mit Iran

Der israelische General Golan war vor kurzem in den USA, um die neue israelische Militärdoktrin mit den USA abzustimen. Golan ist damit beauftragt, diese Doktrin auszuformulieren. Iran soll als primäre Bedrohung reinkommen.

In his Washington Institute address, Golan said he understood, yet disagreed, with the priority that U.S. and European countries have placed on defeating ISIS, arguing instead that the real threat is and remains Iran.

Golan verstehe, dass USA und Europa der Vernichtung des IS eine hohe Priorität einräumen, stimme dem aber nicht zu, da die wahre Bedrohung der Iran sei.

“For decades, we’ve dealt with ISIS-style terrorism. I don’t say it’s not a problem. But we managed to live with that. … They are primitive and with relatively limited capabilities. Yes, they have their determination and they are dangerous,” he said. ”But when looking at the Iranian threat, it’s much more dangerous compared to the ISIS threat.

IS-Terrorismus sei ein Problem, aber damit könne Israel leben. Die sind primitiv und haben beschränkte Möglichkeiten. Dagegen sei die Bedrohung aus dem Iran viel gefährlicher im Vergleich zum IS.

Interessant. Was genau ist so gefährlich an Iran?

“They [Iran] are a higher form of civilization. They have nice, academic infrastructure, impressive industry, good scientists and many talented young people. They are very similar to us, and because they are similar to us they are much, much more dangerous. And we can’t cope with them alone.”

Übersetzung:

Sie [Iran] sind eine höhere Form der Zivilisation. Sie haben eine gute akademische Infrastruktur, eine beeindruckende Industrie, gute Wissenschaftler und viele talentierte junge Leute. Sie sind uns sehr ähnlich und weil sie uns ähnlich sind, sind sie viel viel gefährlicher. Und wir können ihnen nicht im Alleingang widerstehen.

Sehen Sie, was den Iran so böse macht? Eine gut ausgebaute Industrie, gute Wissenschaftler, talentierte junge Menschen. Das ist doch wirklich unverschämt!

Golan weiter:

“I’ve followed the Iranian mindset for many years. They think globally, from a historical perspective and in a very wide frame. They’ve had, up until now, three different empires. Why wouldn’t they have a fourth?”

Übersetzung:

Ich verfolge die iranische Denkweise seit vielen Jahren. Sie denken global, aus einer historischen Perspektive heraus und in großem Rahmen. Sie hatten bis jetzt drei Imperien. Warum sollten sie kein viertes haben?

Global zu denken und sich seiner Geschichte bewusst zu sein ist wohl ein Privileg, das nicht jedem Volk zusteht. Wo kämen wir denn hin?

Und nachdem die Bedrohungslage geklärt ist, wird noch das Ziel der US-Visite verdeutlicht:

“We can achieve decisive victory over Hezbollah, and we don’t need help from a single American soldier, but we cannot fight Iran alone,” he said. “I consider future cooperation with the U.S. much more important than anything we’ve had in the past.”

Hezbollah und andere Milizen an seinen Grenzen könne Israel selbst besiegen, nicht aber Iran. Die zukünftige Kooperation mit den USA sei viel bedeutender als die Kooperation vergangener Tage.

Die USA sollen auch weiterhin die große Keule spielen, die Israels Interessen im Nahen Osten durchknüppelt. Nun sollen die USA sogar für eine Zerstörung Irans im israelischen Interesse bürgen. Und wo versucht sich General Golan diese Bürgschaft einzuholen? Im Washington Institute for Near East Policy, einer Ausgründung der Israel-Lobby AIPEC.

Gewisse Leute wollen den Knall nicht wahrhaben.

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In der Kürze liegt die Würze (17) – Russlands Exporte

Im Jahr 2016 hat Russland Waffen im Wert von 15,3 Milliarden Dollar exportiert. Und im gleichen Zeitraum Nahrungsmittel und Landwirtschaftserzeugnisse im Wert von 17,1 Milliarden Dollar.

Quelle.

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Der richtige Begriff…

Im letzten Beitrag hat dieser Ausschnitt für Diskussionsfreude gesorgt:

Dazu möchte ich lediglich anmerken, dass, wenn hier im Blog von „Globalisten“ die Rede ist, genau diese Art von Eliten gemeint sind, die Globalisierung als Westernisierung verstanden haben. Und Westernesierung bedeutet hierbei nicht bloß die Verbreitung von Hollywood-Gülle bis in die letzte Ecke des Globus, sondern eine Kolonisierung der Welt durch den Westen. Davon abzugrenzen ist die Globalisierung als Prozess der fortschreitenden Verzahnung von einzelnen Kulturen und Wirtschaftsräumen. „Globalisten“ ist kein besonder guter Begriff, um die Elitengruppe zu bezeichnen, die ich damit meine. Ich suche noch nach einem besseren, präziseren Begriff.

Also los, entfachen wir einen Gehirnsturm. Manche Leser haben ihre Kommentare bereits unter diesem Beitrag untergebracht (irgendwo ganz unten). Ich greife die Vorschläge hier auf und wir können die Diskussion hier weiterführen.

Gesucht ist also ein besserer Begriff als “Globalisten”.

Einer der Vorschläge war “Imperialisten”. Das mag dem westlichen Bürger passend erscheinen, denn der westliche Bürger orientiert sich am westlichen Imperialismus. Imperialismus kennt aber verschiedene Gesichter. Beim westlichen Raubtier-Imperialismus werden Kolonien des Imperiums brutal ausgebeutet. Großbritanien tat es unverhohlen. Die USA verhüllen die gnadenlose Ausbeutung in kunstvolle PR und da heißt die Ausbeutung “Verbreitung von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten”. Kennzeichnend ist aber in beiden Fällen der angelsächsische Rassismus, der Völker in Klassen einteilt und es gutheißt, “niedere” Völker auszubeuten, da diese nicht aus vollwertigen Menschen bestehen. Dieser Rassismus ist noch heute tief verankert im Westen und drückt sich im Alltag unmissverständlich aus, gern mit Ironie maskiert. Unterstützend ist die westliche Kultur von Individualismus geprägt – wer erfolgreich ist, ist es natürlich nur wegen seines Könnens und Willens und wer in Armut und Elend leben muss, ist ausschließlich selber schuld daran. Auf dieser geistigen Haltung aufbauend lässt sich ruhigen Gewissens andere Völker ausbeuten. Wir exportieren unseren Giftmüll nach Afrika, fischen fremde Gewässer leer und entziehen der dort lebenden Bevölkerung sprichtwörtlich die Nahrungsgrundlage, wir lassen überall auf der Welt Menschen (auch Kinder) unter unwürdigen Arbeitsbedingungen für einen unverschämten Hungerlohn arbeiten, damit wir uns den maßlosen Konsum leisten können, den wir uns im Westen leisten können. Das ist westlicher Raubtier-Imperialismus. Sehr viele leiden, damit es sich einige wenige besonders gut gehen lassen können.

Imperialismus geht aber auch anders. George Friedman als Russlands Feind (und damit des Wohlwollens unverdächtig) hat über den russischen Imperialismus geschrieben, dass er gescheitert ist, weil die Zentralgewalt mehr Geld in den Aufbau ihrer Peripherie gesteckt hat, als sie dort rausgeholt hat. Es ist tatsächlich so, dass das imperiale Moskau in allen angeschlossenen Gebieten Infrastruktur, Schulen, Krankenhäuser, Universitäten, Industrie, Kultureinrichtungen und alles andere aufgebaut hat, was vielerorts vorher nicht da war. Russischer Imperialismus atmet einen ganz anderen Geist als der westliche Imperialismus. Und so haben schon immer die Völker und Staaten an Russlands Peripherie (und auch darüber hinaus) eigeninitiativ bei Moskau Schutz gesucht. Das ist lukrativ, weil russischer Imperialismus nicht ausbeutet, die angeschlossenen Gebiete in Selbstverwaltung belässt und lediglich die Außenpolitik dem Zentrum unterstellt wird. Zu Russland laufen die Vasallen selbst hin, wenn Russland stark ist (was dieser Jahre live beobachtet werden kann). Russland als Herr ist viel angenehmer als ein westlicher Herr. Der Westen muss sich seine Kolonien mit Gewalt nehmen, denn was der Westen für seine Kolonien im Angebot hat, würden die freiwillig nicht auf sich nehmen.

Jetzt ist ein halber Vortrag über Imperien draus geworden… und wir sind noch gar nicht darauf eingegangen, dass Imperien auch verbinden und welche positiven Effekte daraus resultieren. Kurzum, Imperium als Begriff und Konzept ist nicht so eindeutig negativ, wie die Haltung und das Vorgehen der “Globalisten”. Wir brauchen einen Begriff, der die moralischen Eigenheiten und die Ziele der bezeichneten Elitengruppe transportiert, aber dabei nicht auf andere Konzepte und Begriffe abfärbt. Wir dürfen weder Imperialismus noch Globalismus negativ belegen, denn beide Konzepte bergen viel Positives in sich, das wir uns emotional nicht verbauen dürfen.

Ein weiterer Vorschlag war Weltoligarchie. Weltoligarchie, Globaloligarchie, Weltoligarchen. Darüber lohnt sich nachzudenken.

Globalfaschisten, ein weiterer Vorschlag, ist auch gar nicht schlecht, aber emotional sehr aufgeladen. Auch über diesen Vorschlag lohnt sich nachzudenken.

Und zum Abschluss ein Zitat aus dem Kommentar von Zeloten:

Über einen Namen habe wir auch oft nachgedacht. Und fast scheint es dass irgendwo da draussen in/aus der Kunst eine passende Bezeichnung herumschwirrt.

So wie wir es sehen.
Sie schleichen sich immer von hinten an.
Sie manipulieren mit den Ziel der Unterwerfung.
Sie nutzen dabei ALLE sich bietenden Möglichkeiten.
Sie agieren eiskalt, lieben es zu opfern, generieren daraus Lust.
Ihre Ontologie kennt keine Sünden aber zwanghaft radikale Möglichkeiten.
Sie werden und können nicht geliebt werden.

Eine treffende Beschreibung der Elitengruppe, von der die Rede ist. Das gilt es in einem Wort auszudrücken.

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Botschaften vom Valdai-Forum

Einige Botschaften von der langen und sehr sehens-/lesenswerten Valdai-Sitzung mit Putins Beteiligung (russisch, englisch). Alle Übersetzungen von mir.

Putin in seiner Rede:

Ein offnes Gespräch ist längst überfällig, ein Gespräch mit Beteiligung nicht nur einer Gruppe von Auserwählten, angeblich der würdigsten und fortschrittlichsten, sondern mit Beteiligung der gesamten Weltgemeinschaft. Mit Vertretern verschiedener Kontinente, kultur-historischer Traditionen, wirtschafts-politischer Systeme. In einer sich ändernden Welt müssen wir flexibel und offen sein, fähig zu einer schnellen und präzisen Reaktion. Verantwortung vor der Zukunft ist das, was uns vereinen sollte, insbesondere in Zeiten wie jetzt, wo sich wirklich alles und gleichzeitig verändert.

Die Menschheit war noch nie so mächtig wie jetzt, hatte noch nie so viel Einfluss auf die Natur, den Raum, die Kommunikationen und das eigene Sein. Aber diese Macht ist breit gestreut und findet sich bei Staaten, Konzernen, öffentlichen und religiösen Gemeinschaften und sogar bei einzelnen Personen. Es ist klar, dass sehr viel schwere, kleinschrittige Arbeit nötig sein wird, um all diese Elemente in eine einzige, effektive, steuerbare Architektur zu überführen. Ich möchte betonen: Russland ist bereit, sich an dieser Arbeit zu beteiligen, mit allen interessierten Partnern.

In unseren Augen muss die UNO mit ihrer universellen Legitimität weiter das Zentrum des internationalen Systems bleiben, und unser aller Aufgabe besteht darin, ihre Autorität und Effektivität zu erhöhen. Die UNO hat heute keine Alternative. (….)

Reformen sind nötig, die Vervollkommnung des Systems UNO ist nötig, aber die Reformen können nur schrittweise ablaufen, evolutionär, und natürlich müssen sie unterstützt werden von einer breiten Mehrheit der Mitglieder innerhalb der Organisation selbst.

Meine Anmerkungen dazu:

  • Amüsant ist der besondere Gruß an Rothschild (“Macht der Menschheit liegt teilweise bei einzelnen Personen”).
  • Während sich viele politisch interessierte Menschen auf Details in der Ukraine oder sonstwo fokussieren, blickt Putin weit in die Zukunft und beschäftigt sich mit der Frage der Weltregierung (“verteilte Macht in eine, effektive und steuerbare Einheit überführen”). Aus systemischer Sicht ist eine Weltregierung unvermeidlich. Schön zu sehen, dass clintonoide New-World-Order-Architekten nicht die einzigen sind, die sich damit beschäftigen. Wer sich dem Thema nicht widmet, verspielt seine Chance zur Mitwirkung.
  • Zur Basis der Weltregierung erklärt Putin die UNO. Er fordert Reformen der UNO, aber “evolutionär” (so wie er Russland aus der Versenkung geholt hat, ganz ohne Revolutionen) und im Sinne der Mehrheit. Zum Verständnis, das ist das Gegenteil von den NWO-Plänen, deren Vertreter in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr aktiv an der UNO gerüttelt haben.

Afghanistans Ex-Präsident Karzai in seiner Rede:

Heute bin ich einer der größten Kritiker der US-Politik in Afghanistan. Nicht, weil ich ein Kritiker des Westens bin, in Wirklichkeit bin ich ein überzeugter Demokrat, habe eine westliche Bildung und mag die westliche Kultur. Aber ich bin gegen ihre Politik, weil sie nicht erfolgreich ist und weil sie zu einer Masse von Problemen und zu zunehmendem Extremismus, Radikalismus und Terrorismus führt.

Ich bin gegen die US-Politik, weil unter ihrer Beobachtung und unter ihrer vollen Kontrolle unseres Luftraumes, unserer Soldaten durch diese Supermacht, der IS in Afghanistan aufgetaucht ist. Wie konnte dieses Auftauchen möglich sein, 14-15 Jahre nachdem die USA hier waren, mit all ihren Ressourcen und ihrem Geld? Warum gibt es heute keine internationale Kooperation mit den USA in Afghanistan, so wie früher? (….)

Zweifellos erleben wir heute ein Spiel des Extremismus, deshalb stellen sich viele in Afghanistan und in anderen Ländern die Frage: Extremismus und Terrorismus – sind sie ein Werkzeug und ein Vorwand, wie der geschätzte Präsident bereits sagte, oder kämpfen wir wirklich gegen Extremismus? Oder tun wir nur so, als ob wir mit Extremismus kämpfen? Oder verteidigen wir unsere Interessen um jeden Preis?

Ich bin dieser Frage im Laufe vieler Jahre oft begegnet, bei Diskussionen mit Kollegen. Heute will ich folgendes sagen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Afghanistan herrscht großes Leid, gerade heute sind fast 50 unserer Soldaten gefallen, gestern waren es 70, in den letzten zwei Tagen verloren wir etwa 300 Menschen, die sehr jung waren und Familien hatten. Der einzige Weg nach vorn ist dieser – die USA müssen beginnen, in Afghanistan neue Bedingungen der Zusammenarbeit mit unserem Volk zu akzeptieren.

Zweitens. Die USA müssen in Afghanistan beginnen, erneut mit unseren Nachbarn und mit den Supermächten zusammen zu arbeiten – das sind in erster Linie China, Russland, Indien – mit Hilfe von zentralen, verständlichen, transparenten Zielen. Dies berücksichtigend, muss die Weltgemeinschaft den afghanischen Mechanismus zur Lösung der bestehenden Probleme unterstützen. (….)

Ich hoffe, da hier der Präsident Russlands anwesend ist, und wir erwarten viel von unserem Freund, historischen Verbündeten und Nachbarn, dass Russland aktiver mit den USA und dem Westen in der afghanischen Frage zusammenarbeiten wird, und uns die helfende Hand reicht, damit wir unsere eigenen Mechanismen zur Lösung der bestehenden Probleme aufbauen können.

Bitte, schickt eure Unternehmen und Investoren nach Afghanistan, wir sind nah bei euch, deshalb brauchen wir eure Unternehmen sehr.

Anmerkungen dazu:

  • Karzai gibt ein Beispiel dafür, wie politische Marionetten das Lager wechseln, wenn der alte Herr abstürzt und neue Herren auftauchen. So ist das Spiel der Macht.
  • Karzai beschuldigt die USA der Verbreitung des IS, des Terrorismus und des Extremismus in Afghanistan. Ich weiss nicht, wie sehr die Leser dieses Blogs aus anderen Quellen mitbekommen, wie offen und massiv Russland inzwischen die USA des Einsatzes von Terroristen beschuldigt und das mit Belegen untermauert. Jetzt schließen sich bereits Russlands Vasallen-Bewerber an. Die Wahrheit ist noch viel härter – und wir haben gute Chancen, bald noch mehr davon zu hören.
  • Karzai stellt den USA Forderungen, sagt, was die USA tun müssen. Gut, er ist nicht mehr Präsident, kann jetzt theoretisch quatschen, was er will. Er ist aber auch kein dahergelaufener “Experte”, seine Kontakte zu afghanischen Eliten sind noch sehr frisch und sein Wort keinesfalls bedeutungslos.

Asle Toje, als Vertreter des Westens in der Runde, sagte unter anderem:

Im Westen waren viele der Ansicht, dass die Globalisierung eine Westernisierung ist, und sie waren unangenehm überrascht, dass andere Faktoren Elemente der westlichen Globalisierung genommen haben, diese genutzt und für sich adaptiert haben und das auch noch sehr erfolgreich gemacht haben.

Dazu möchte ich lediglich anmerken, dass, wenn hier im Blog von “Globalisten” die Rede ist, genau diese Art von Eliten gemeint sind, die Globalisierung als Westernisierung verstanden haben. Und Westernesierung bedeutet hierbei nicht bloß die Verbreitung von Hollywood-Gülle bis in die letzte Ecke des Globus, sondern eine Kolonisierung der Welt durch den Westen. Davon abzugrenzen ist die Globalisierung als Prozess der fortschreitenden Verzahnung von einzelnen Kulturen und Wirtschaftsräumen. “Globalisten” ist kein besonder guter Begriff, um die Elitengruppe zu bezeichnen, die ich damit meine. Ich suche noch nach einem besseren, präziseren Begriff.

Zum Schluss noch die Antwort von Putin auf die Frage, wie sehr Russland beunruhigt ist von der erhöhten NATO-Präsenz in Russlands Nähe:

Wir analysieren das, schauen uns das genau an. Jeder Schritt ist uns bekannt und verständlich. (…) Es beunruhigt uns nicht. Sollen sie so trainieren. Alles unter Kontrolle.

So viel zur Bedeutung der aufgestockten NATO-Truppen in Osteuropa, insbesondere auch der deutschen Truppen. Was zählt, sind die neuen Raketenstellungen der USA in Osteuropa, das hatte Putin in seiner Rede auch betont. Aber zusätzliche US-Panzer in Polen und ein paar Tausend deutsche Soldaten im Baltikum und dergleichen mehr ist belanglos. Deutschlands Motiv ist meiner Meinung nach, den USA formell den eifrigen Einsatz gegen Russland vorzugaukeln. Das funktioniert auch. In der Sache wirkungslos, aber formell ist alles wasserdicht.

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In der Kürze liegt die Würze (16) – Die großen Fehler

Auf dem Valdai-Forum sagte Sabina Fischer zu Putin, dass bei Beziehungsproblemen immer Fehler auf beiden Seiten vorliegen. Welche Fehler würde Putin bei Russland sehen und was müsse geschehen mit Blick auf die zukünftige Entwicklung der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen?

Putins Antwort (Übersetzung von mir):

Unser größter Fehler in den Beziehungen zum Westen ist, dass wir euch zu sehr vertraut haben. Und euer größter Fehler besteht darin, dass ihr dieses Vertrauen als Schwäche empfunden und dieses Vertrauen missbraucht habt. Man muss zurücklassen, was geschehen ist, muss diese Seite umblättern und weitergehen, wobei wir unsere Beziehungen auf gegenseitigem Respekt aufbauen und einander wie gleichwertige Partner behandeln.

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Vertreter der deutschen Wirtschaft verkünden Putin die deutsche Außenpolitik

Putin hat sich in Sotschi mit Vertretern der deutschen Wirtschaft getroffen (russisch, englisch). Einen bemerkenswerten Ausschnitt aus dem Grußwort von Wolfgang Büchele möchte ich übersetzen:

Dieses mal treffen wir uns in sehr interessanten Zeiten: In Russland werden im kommenden Frühling Präsidentschaftswahlen abgehalten, in Deutschland wurde gerade erst ein neuer Bundestag gewählt und es formiert sich die neue Regierung. Und natürlich stellen wir uns alle die Frage, was das für unsere zukünftigen Beziehungen bedeutet.

Wenn wir auf die vergangenen Jahre zurückschauen, dann hat die Politik eine sehr große Rolle in der Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Staaten gespielt. Neben der Kanzlerin haben auch die sozialdemokratischen Außenminister den politischen Dialog mit Russland unterstützt. In dieser Hinsicht zeichnen sich Änderungen ab, die zu politischen Änderungen führen können [hier geht bei der Rückübersetzung aus dem russischen möglicherweise der Sinn der Aussage flöten].

Allerdings stellen Umfragen immer wieder eines fest: Die überwiegende Mehrheit der Deutschen zweifelt nicht im Geringsten an, dass wir freundschaftliche Beziehungen zu Russland brauchen und dass wir alles mögliche tun müssen, um eine Stagnation unserer Beziehungen zu überwinden, oder besser gesagt, zu vermeiden.

Dieser Wunsch wird natürlich auch eine Orientierung für die neue Bundesregierung werden. Wir, der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, sind tief davon überzeugt.

Bücheler verkündet die kommende deutsche Russland-Politik, als sei er selbst deutscher Außenminister. “Dieser Wunsch [nach freundschaftlichen Beziehungen zu Russland] wird natürlich auch eine Orientierung für die neue Bundesregierung werden.”

Nicht umsonst heißt es in meinen Quellenhinweisen zu Putins Portal:

Hier erfährt man vom mächtigsten Mann der Welt aus erster Hand, wohin die Reise in Russland und in der Welt gehen wird.

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Stalin vs. Lenin und den großen Rest

Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, dass Stalin der einzige sowjetische Kommunist ist, der im Westen so richtig verteufelt wird? Stalin ist das Böse schlechthin, gleichsam mit Hitler.

Kein Lenin, kein Trotzki, kein Breschnew oder Chruschtschow oder sonst jemand aus der frühen oder späten Sowjetzeit wird verteufelt. Obwohl zum Beispiel Leute wie Lenin und Trotzki die Sowjetherrschaft begründet und errichtet haben.

Warum hat es in den Augen des Westens niemand außer Stalin verdient, verteufelt zu werden?

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