Flüchtlings-Theater

In der EU wird um Flüchtlinge gepokert. Ein Schiff voller Flüchtlinge versucht sie irgendwo loszuwerden und die europäische Presse verfolgt gebannt jeden Paddelschlag. Italien und Frankreich zerstreiten sich darüber, versöhnen sich dann wieder. Parallel entfesselt Deutschland ein Flüchtlings-Regierungskrise-Theater (manche glauben, dass Merkel wieder einmal entthront wird – jetzt endlich wirklich), das sich im Kern darauf reduziert, die EU unter Druck zu setzen mit der Drohung, dass Deutschland sonst eine eigene Regelung trifft und die Hälfte der staubgesaugten Flüchtlinge wieder dahin zurückschickt, wo sie zuerst EU-Boden betreten haben. Naja, oder so ähnlich. Die Quälitätspresse emotionalisiert qualitativ hochwertig, damit niemand kapiert, worum es eigentlich geht, wenn gleich mehrere Flüchtlings-Theaterstücke in der EU parallel aufgeführt werden.

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Ein Wort zum Gipfel Trump – Kim

Wenige Tage vor dem Gipfeltreffen von Trump und Kim Jong-un war Russlands Außenminister Lawrow nach Nordkorea gereist, um letzte Anweisungen an Kim zu überbringen.

Und zwei Tage nach dem Gipfeltreffen ist ein Sondergesandter von Kim nach Moskau geeilt, um persönlich Bericht zu erstatten und Putin einen Umschlag zu überreichen. Putin lobte das Gipfeltreffen ausdrücklich, woraus wir schließen dürfen, dass Trump und Kim alles so gemacht haben, wie es ihnen aufgetragen wurde.

Es zeichnet sich folgendes Szenario für die nahe Zukunft ab (Achtung, Prognose!): Pünktlich zum nächsten US-Präsidentschaftswahlkampf werden medienwirksame Schritte zur Denuklearisierung Nordkoreas stattfinden. Trump wird das in vollem Umfang als Erfolg für sich verbuchen dürfen und der Welt und den USA zeigen, dass die USA noch ganz viel wohltuenden Einfluss in der Welt haben (Putin wird energisch zustimmend nicken). Das wird eine der Säulen für Trumps Wiederwahl sein. Russland übernimmt die absolute Garantie für Nordkoreas Sicherheit – entsprechende Unterschriften sind spätestens bei der neulichen Reise von Lawrow überreicht worden. Die atomare Abrüstung Nordkoreas wird einhergehen mit dem Abzug der US-Truppen aus Südkorea. Der Abzug der US-Truppen aus Japan wird dann auch nicht lange auf sich warten lassen. Nord- und Südkorea werden durch Infrastrukturprojekte miteinander verbunden (Gasleitungen und Eisenbahnlinien von Russland nach Südkorea über Nordkorea). Darauf basierend wird die Wiedervereinigung Koreas eingeleitet.

PS: Ob im überreichten Umschlag Botschaften von Kim oder von Trump enthalten waren, wurde der Presse nicht mitgeteilt.

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Einige Anmerkungen zu Putins Sprechstunde

Zwei mal im Jahr nimmt sich Wladimir Putin die Zeit, um vier Stunden lang den Fragen seiner Bürger Rede und Antwort zu stehen. Eine bewusste Rückkopplung der Führungsspitze mit dem einfachsten Volk. Damit die Führungsspitze nicht aus den Augen verliert, was die Sorgen und Nöte der Bevölkerung sind. Jetzt war es wieder so weit.

Ein paar von Putins Antworten scheinen mir auch für das ausländische Publikum von Interesse zu sein.

  • Wenn die Ukraine während der WM mit einer Eskalation im Donbass provoziert, wird das “Folgen für die gesamte ukrainische Staatlichkeit haben”. Das ist eine deftige Ansage. In der gleichen Fragestunde hat Putin das Innenministerium angewiesen, allen willigen Ukrainern (und auch allen anderen russischsprachigen Personen, die sich der russischen Welt zugehörig fühlen) die russische Staatsbürgerschaft nicht zu verweigern.
  • Russlands Militäreinsatz in Syrien dient auch und vor allem russischen Interessen, von denen Putin zwei benennt: Sicherheitsinteressen (effektive Abwehr von Terrorismus, bevor er Russland erreicht) und wirtschaftliche Interessen. Ich kann mich nicht erinnern, dass Putin letzteres bezüglich Syrien bis jetzt so offen benannt hätte. Was genau er damit meint, erläuterte er nicht. Tipp: Es geht um Erdgas.
  • Unter anderem mit Japans Premier Abe, mit Macron und Merkel, ist Putin per “du” und pflegt persönliche, über die reine Politik hinausgehende, Beziehungen. Tschechiens Präsident spricht er aber mit “Sie” an, wegen des merklichen Altersunterschieds.
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Bugariens Premierminister fällt auf die Knie vor Putin

Bulgariens Premierminister Bojko Borissow hatte eine Audienz bei Putin. Auf der abschließenden Pressekonferenz hat er vor der Weltöffentlichkeit seine Schuld für die Verschlechterung der russisch-bulgarischen Beziehungen eingestanden.

Putin machte folgendes klar:

  • South Stream, weches Bulgarien zu einem recht fetten Gas-Transitland gemacht hätte, ist Geschichte.
  • Von Türkisch Stream ist eine Leitung bereits komplett verlegt und die andere zur Hälfte.
  • Erdogan sei aber nach Gesprächen mit Putin bereit, einen Teil von Türkisch Stream in die EU und Richtung Bulgarien weiter zu leiten.
  • Die Fertigstellung des Atomkraftwerks in Bulgarien, mit dessen Bau Russland bereits begonnen hatte und das von Bulgarien gestoppt wurde, könne vollzogen werden, allerdings nur “nach marktwirtschaftlichen Prinzipien”.

Borissow machte folgendes klar:

  • Ja, South Stream ist Geschichte, und wir sind selbst schuld daran.
  • Bulgarien will aber ein Verteilungsknoten für russisches Gas in die EU werden. Russisches Gas kommt bereits über die Ukraine nach Bulgarien. Nun soll eine weitere Route über die Türkei nach Bulgarien führen. Borissow hat das Ehrenwort von Juncker mitgebracht, dass diese Pläne von der EU genehmigt sind. (Ein freier westlicher Staat darf selbstverständlich nicht selbst entscheiden, ob es ein Gasrohr auf seinem Territorium verlegen darf oder nicht…)
  • “Wir haben unsere Lektion gelernt” und jetzt versucht Bulgarien einen Investor zu finden, um das Atomkraftwerk fertig zu stellen.
  • “Wir wissen über die schwierigen Beziehungen, die wir hatten, und wir sind dankbar dafür, dass die [russischen] Kollegen nicht nachtragend sind und dass die russisch-bulgarischen Beziehungen nicht von der Höhe der Schuld eines Politikers abhängen.”
  • “… und unabhängig von der Entwicklung der Beziehungen erweise ich Präsident Putin für seine Einstellung erneut meine Dankbarkeit. Ich hatte die Schuld für das Entstehen einer gewissen Anspannung, aber während der Treffen in Gdansk, Sofia, wir hatten Telefongespräche, in den schwierigsten Momenten, wenn ich anrufen wollte, wurde ich immer gehört. Und ich nehme wirklich einen Teil der Schuld auf mich für die Entwicklung der Situation.”
  • South Stream (welches von Russland direkt nach Bulgarien gehen sollte) ist Geschichte, weil die zweite Linie von Türkisch Stream bereits im Bau ist. Aber wenn sich Bulgarien als stabiler und zuverlässiger Gas-Verteilungspunkt erweist, kann es sich für 9 Milliarden Euro South Stream doch noch holen.
  • “Das bulgrische Publikum weiss es nicht, aber Gasprom und Putin haben darauf verzichtet, sich von uns 800 Millionen Euro erstatten zu lassen für die italienischen Firmen, die die Plattformen nach Burgas gebracht haben.” [Konkrete und kostspielige Vorbereitungen für den Bau von South Stream wurden bereits begonnen, als sich Bulgarien auf Wunsch von Senator McCain quer stellte.]

So schnell ändern sich die Zeiten. Und wer die Änderungen am schnellsten erkannt hat, bekommt von Putin die besten Angebote. Wer zuletzt kommt, muss sich mit den Rest begnügen. Deutschland bekommt seine direkte fette Gas-Leitung, weil Merkel sich nicht blenden ließ und Nord Stream 2 nicht blockierte. Deutschland spart dadurch nicht nur Transitkosten ein, sondern wird selbst zum Transitland für russisches Gas – verwandle zusätzliche Kosten in zusätzliche Gewinne. Erdogan ist rechtzeitig genug aufgewacht und hat seine Leitung auch bekommen und eine zweite dazu, die er für die Weiterleitung in die EU nutzen darf, um Geld praktisch aus dem Nichts zu verdienen. Bulgarien ist zu spät aufgewacht und darf sich nun erst einmal als Verteilungsknoten auf dem Balkan wieder beweisen. Dann vielleicht, für vorgestrecktes Geld, bekommt auch Bulgarien seine Leitung, aber das ist jetzt ferne Zukunftsmusik, während die Leitungen für Deutschland und die Türkei schon im Bau sind (und die bulgarische Leitung schon fertig wäre, wenn…).

Bulgarien hat sich besonders ungeschickt verhalten, weil es sich nicht nur die Gasleitung versaut hat, sondern auch das Atomkraftwerk, das dringend gebraucht wird. Auch hier gilt: Bei Putin geht die Tür niemals zu, aber die Bedingungen werden radikal schlechter. Statt freundschaftlicher Nachlässe und vorgestreckter Leistung kommen jetzt knallharte “marktwirtschaftliche Prinzipien” ins Spiel. Keine Preisnachlässe. Keine vorgestreckten Leistungen für unzuverlässige Kunden. Strafen für Vertragsbrüche. Der Punkt mit der Suche nach Investoren für das Projekt ist sehr spannend. Russland vergibt üblicherweise selbst Kredite für den Bau seiner Atomkraftwerke im Ausland. Raten Sie mal, was mit dem (üblicherweise moderaten) Zinssatz dieser Kredite passiert, nachdem marktwirtschaftliche Prinzipien voll zuschlagen. Bulgarien wird sein Atomkraftwerk bekommen, aber der Preis wird ein anderer sein.

Und die 800 Millionen Schaden, die Gasprom entstanden sind, wurden von Borissow nicht des Spasses wegen erwähnt (werden müssen). Er hat seine Schuld eingestanden, er hat auf den Schaden hingewiesen, der Russland dadurch entstanden ist und der nicht beglichen wurde. Die logische Konsequenz ist, dass Bulgarien diese Schuld gegenüber Gasprom begleicht. Borissow erwähnte anstehende Verhandlungen mit Gasprom bezüglich des Aufbaus des Gasverteilers in Bulgarien. Die 800 Millionen werden dann entweder offiziell beglichen oder als Kosten in den neuen Verträgen versteckt.

Man lerne daraus Putins Politik. Als die Situation heiß war und weiter erhitzt wurde, um Russland und die EU voneinander zu trennen, hat Putin sich nicht reizen lassen, hat fleißig deeskaliert und sogar hohe monetäre Verluste hingenommen. Aber nichts davon ist vergessen und alles wird beglichen werden müssen. Wir sehen bereits die ersten (öffentlich!) ausgestellten und entgegengenommenen Rechnungen für den völlig bescheuerten Krieg gegen Russland, auf den sich die EU eingelassen hat. Wir sehen aber auch, dass selbst diejenigen, die sich am bescheuertsten verhalten haben, wieder am gemeinsamen Tisch Platz nehmen dürfen. Niemand wird ausgeschlossen, aber jeder wird für seine Fehler bezahlen müssen.

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Die Werte, auf denen die EU gegründet wurde

Crimsonalter hat auf eine Bemerkung von George Soros aufmerksam gemacht:

Orban, who ran an anti-Semitic election campaign which held Soros up as a hate figure, is “posing as the defender of his version of a Christian Europe that is challenging the values on which the European Union was founded. (…)” Soros said.

Indem Orban das christliche Europa verteidige, fordert er die Werte heraus, auf denen die EU gegründet wurde, so Soros.

Preisfrage: Auf welchen Werten wurde die EU gegründet, wenn christliche Werte eine Herausforderung dafür darstellen?

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In der Kürze liegt die Würze (18) – Handelskrieg

Wir haben da schon was vorbereitet…

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Eurasien zu Gast bei Putin

Auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg hat sich – so will es der reine, unverfälschte Zufall – das neue Eurasien versammelt. Frankreich wurde vertreten von Präsident Macron, Japan von Premierminister Abe, China von Wang Qishan, dem Stellvertreter Xi Jinpings. Dazu war Lagarde da, um im Namen des IWF zu sprechen.

Was gut für Eurasien ist, ist schlecht für die transatlantischen Globalisten. Und so wundert es nicht, dass sie das Treffen zu torpedieren versucht haben. Dazu wurde die MH 17 Leiche aus dem Keller und vor die Kameras gezerrt. Monsieur Macron, was sagen Sie denn dazu? Wollen Sie wirklich ein strategisches Bündnis mit Russland eingehen? Aber, aber… das Flugzeug! Was sagen Sie jetzt, Monsieur?

In Wirklichkeit ist das ziemlich armselig und einfallslos, aber es zeigt auch, wie wenig die Globalisten noch in der Hand haben. In St. Petersburg ließ sich niemand von der Leiche erschrecken. Macron schob sie höflich beiseite und im übrigen wurde das Störgeräusch aus den Niederlanden gekonnt ignoriert, so sehr sich die anwesenden Journalisten auch um das Gegenteil bemühten.

Lagarde war voll des Lobes für Putin und Russland und die makroökonomischen Errungenschaften der letzten Jahre.

Abe hat deutlich gemacht, dass Japan zu Russland überlaufen will. Die Frontlinie des Kalten Krieges, auf der Japan liege, müsse ersetzt werden durch blühende eurasische Kooperation. Japan will russische Energieressourcen, Japan hat im Gegenzug Technologien und Know-How anzubieten. Japan hat einen Minister für russische Beziehungen. Einen Minister, der sich nur mit dem Aufbau und der Pflege von Beziehungen zu Russland kümmert!

Macron hat sich bei Putin eingeschleimt, so gut es nur ging. Zwischen Russland und Frankreich wurde eine systematische Kooperation von NGOs gestartet. Das bedeutet, dass in naher Zukunft die französische Matrix inhaltlich korrigiert werden wird, was die Einschätzung von Russland angeht. Eine analoge Kooperation wird gerade auch mit Japan durchgestartet – deren Matrix wird auch korrigiert.

Putin hat scherzhaft angeboten, die EU militärisch zu schützen. Wenn Putin Scherze darüber macht, dann ist es äußerst ernst damit und wir werden den russischen strategischen Schutzschild über der EU schon bald bewundern dürfen. Macron war überrascht und stammelte sofort was von der Bedeutung der USA für die europäische Sicherheit, erholte sich aber wenig später und sprach ebenfalls von einer neuen Sicherheits-Architektur.

Alle haben mit dem Finger auf die USA gezeigt und gesagt: “Ne, also die machen das gerade gar nicht gut, das ist ja alles destruktiv, das geht so nicht”.

So viel zu eurasischer Geopolitik auf dem Petersburger Wirtschaftsforum.

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Ruhe in Frieden, liberale Weltordnung

“Ruhe in Frieden, liberale Weltordnung” – so lautet der Titel eines Artikels des Council on Foreign Relations, geschrieben von Richard Haass, einem der einflussreicheren globalistischen Meinungsmacher. Die sinkende liberale Weltordnung, so Haass, ist weder liberal, noch weltumspannend, noch eine Ordnung.

Die obersten Globalisten-Sprecher tragen ihr Schätzchen öffentlich zu Grabe. Während manche von der Presse vergifteten Bürger noch voller Angst und Ehrfurcht an die Rückkehr der Clintons glauben.

Nur anderthalb Jahre hat Trump gebraucht, um den Tod der liberalen Weltordnung fachmännisch so weit abzuwickeln, dass die Hoffnung auf eine Wiederkehr tot ist – bei den Globalisten selbst.

Rufen wir uns Trumps geopolitische Taten in Erinnerung:

  • Aufkündigung von TPP. Womit er nicht nur ganz Südost-Asien, sondern sogar auch Australien in Chinas ausgestreckte Arme übergeben hat.
  • Torpedierung der NATO, die Trump offen als nachteilig für die USA beschreibt. Von der EU verlangt Trump horrende Milliardensummen für den Aufrechterhalt der NATO. Mit der Folge, dass die EU nun offen mit dem Aufbau der EU-Armee begonnen hat.
  • Aufkündigung des Iran-Deals und Ankündigung von damit verbundenen Sanktionen gegen EU-Unternehmen. Trumps große Trumpf-Karte, die er sich lange aufgespart hat.
  • Die Forderung an Deutschland, Nord Stream 2 zu Grabe zu tragen. Würde aus deutscher Sicht genauso wie das Aufkündigen des Iran-Deals den Zugang Europas zu Energieressourcen einschränken, was den Tod der europäischen Industrie oder die totale Auslieferung an die USA bedeuten würde.
  • Wirtschaftskrieg gegen China und EU mittels Zöllen auf bestimmte Waren.
  • Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen, womit Trump die USA auf einer weiteren Spielwiese vom Rest der Welt isoliert hat.
  • Verlegung der israelischen US-Botschaft von Tel-Aviv nach Jerusalem, womit Trump sowohl die EU als auch den gesamten Nahen Osten (mit Ausnahme Israels und Saudi-Arabiens) gegen die USA aufstellt. Ehemalige Verbündete im Nahen Osten wie Türkei und Ägypten, werden durch das symbolische Geschenk an Israel weiter von den USA abgestoßen.
  • Torpedierung von NAFTA, womit Trump sowohl Mexiko als auch Kanada gegen die USA aufbringt.

Das sind nur die großen Taten, die hoffentlich einigermaßen vollständig erinnert wurden. Daneben gab es noch viel mehr im kleineren Maßstab, etwa die militärisch völlig sinnlosen Raketen-Shows in Syrien, die jeweils zur Folge hatten, dass die globalistischen Söldner in Syrien riesige Gebiete verloren.

Bei allen Fragen, die der EU wichtig sind, hat Trump stets gegen die EU gehandelt. Die transatlantischen Berührungspunkte werden immer weniger und Trump hält sich nicht mit Kleinigkeiten auf, er schlägt auch überall dort zu, wo es besonders weh tut. Mit dem Ergebnis, dass die EU endlich so weit ist, offen ihre politische Selbstständigkeit zu proklamieren.

Aber Trump zerstört nicht nur die transatlantischen Bande, er hackt auch fröhlich an asiatischen Banden herum und selbst die direkten Nachbarn auf dem amerikanischen Kontinent hat er gegen die USA aufgestellt.

Trumps bewusst maßlosen und unerfüllbaren Forderungen haben nicht das Ziel, erfüllt zu werden. Sie haben das Ziel, die Beziehungen zu zerstören. Trump fordert das Unmögliche, um die Beziehungen zu vergiften. Um dabei besonders effektiv zu sein, pflegt er das Image des Wilden und Unberechenbaren, der wie ein Psychopath agiert. “Fürchte mich, hrr! Gleich fresse ich dich! Hrrr!” Das ist wahrlich komisch. Gleichwohl ist es nur Theater, um den Übergang zur neuen Weltordnung zu legitimieren und “logisch” erscheinen zu lassen – in der Matrix. Jenseits der Matrix ist Trump absolut berechenbar. Er leitet die USA in geopolitisches Mittelmaß. Und weil das für die meisten Menschen dieser Welt eine unvorstellbare Vorstellung ist, fuchtelt Trump so wild mit den Armen herum und bellt alle an, damit die Menschen aus lauter Angst glauben, dass die USA weiterhin groß und stark und mächtig sind. Das ist schon das ganze Geheimnis von Trumps Außenpolitik seiner ersten Amtszeit.

Wer erinnert sich noch daran, wie Trump zum ersten mal Syrien mit Tomahawks angegriffen hat? Wer erinnert sich noch an die Todesängste, dass die USA da jetzt einmarschieren und alle platt machen? Was ist tatsächlich passiert? Tatsächlich haben die US-Söldner dort massiv Gebiete und Einfluss verloren. Wer erinnert sich noch daran, wie Trump die “Mutter aller Bomben” über Afghanistan abwarf und mehr Truppen für den dortigen Krieg versprach? Viele haben sich in die Hosen gemacht und die unglaubliche Größe der USA mit ihrer ganzen Angst erfahren. Wo sind die zusätzlichen Truppen für Afghanistan und ihre glorreichen Siege? Dann bellte Trump Nordkorea an, bis sich wieder alle in die Hosen gemacht hatten. Der Atomkrieg kommt, Trump, der unberechenbare Psychopath, wird ihn noch diese Woche lostreten! Wie viele Monate ist das jetzt her? Inzwischen ist ein Treffen zwischen Trump und Kim vereinbart, Trump hatte auch schon lobende Worte für seinen nordkoreanischen Kollegen gehabt. Dann hat Trump den Handelskrieg mit China eröffnet. Ohje, das führt in eine neue Weltwirtschaftskrise, ganz bestimmt. Nun wurde aus dem Weißen Haus verlautbart, dass eine Einigung erzielt wurde. Anderthalb Jahre fuchtelt Trump fürchterlich wild mit den Armen herum. Jedes mal folgt darauf… nichts, außer der Tatsache, dass die Welt sich ein Stück mehr von den USA distanziert hat.

Mit den erpresserischen Drohungen zerstört Trump nicht nur Beziehungen, sondern auch die Dollar-Hegemonie. Worauf basieren die Sanktionen der USA gegenüber der EU? Sie basieren darauf, dass die USA den Zahlungsverkehr in Dollar kontrollieren und jederzeit jeden davon ausschließen können. Europäische Konzerne, die ihren internationalen Handel in Dollar abwickeln, sind verwundbar. Das waren sie schon immer, aber jetzt wird diese Verwundbarkeit tasächlich genutzt – oder besser gesagt: Trump droht die Nutzung dieser Verwundbarkeit glaubhaft an. Damit zwingt Trump die EU, Auswege zur Nutzung des Dollars im internationalen Handel zu suchen. Indem Trump die EU dazu zwingt, fügt er der Dollar-Hegemonie den größtmöglichen Schaden zu.

Und Alternativen gibt es. In China wird inzwischen Öl in Yuan gehandelt. Wie Reuters kürzlich berichtete, entfallen auf die Shanghai International Energy Exchange (INE) inzwischen bis zu 12 % des globalen Öl-Handels. Befeuert unter anderem durch den Ausstieg der USA aus dem Iran-Deal. Der Iran-Deal hob die Sanktionen gegen den Iran auf und erlaubte es, iranisches Öl auf den Weltbörsen einzukaufen. Die Wiedereinführung der Sanktionen durch Trump torpediert diese Möglichkeit wieder und das Kontroll- und Durchsetzungsinstrument der USA in dieser Frage ist der Dollar, denn Öl wird üblicherweise in Dollar gehandelt. Wozu zwingt also Trumps Ausstieg? Er zwingt die potentiellen Käufer des iranischen Öls, an Börsen zu gehen, auf denen Öl ohne Dollar-Beteiligung verkauft wird. Hoppla, welch glücklicher Zufall, dass die Chinesen gerade erst eine solche Börse in Betrieb genommen haben. Trump scheucht die Öl-Händler auf die INE. Trump zerstört die Grundlagen der US-Hegemonie. Mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit und doch perfekt koordiniert mit den großen Spielern dieser Welt. Psychopatisch ist dabei nur das Matrix-Theater, das in den Matrix-Medien aufgeführt wird.

Die Isolation der USA, die Trump gerade vollzieht, hat einen interessanten Aspekt. Trump isoliert die USA von der ganzen Welt, die direkten Nachbarn eingeschlossen. Der ganzen Welt? Nein, zwei wagemutige Staaten haben sich im Tornado, das Trump entfacht hat, eng an die Seite der USA gestellt: Israel und Saudi-Arabien. Das sind mit die einzigen Staaten, denen Trump gut zuredet und Geschenke überreicht. Da es in der Politik keine Zufälle gibt, ist auch hier nichts zufällig. Israel und Saudi-Arabien werden sich gemeinsam mit den USA von der übrigen Welt isolieren. Israel und Saudi-Arabien waren schon lange in höchstem Maße auf die USA als Schutzmacht angewiesen. Doch gerade jetzt manövrieren sie sich in eine totale Sackgasse. Direkt um sie herum wird ein neues Eurasien ausgehandelt, werden die Rollen für die Zukunft verteilt. Israel und Saudi-Arabien nehmen an dieser Verteilung nicht teil und haben somit entweder gar keine Rolle in der Zukunft des Nahen Ostens oder bestenfalls die Rolle desjenigen, der die Reste vom Fest aufsammeln darf.

Das Ausschlachten von Saudi-Arabien ist bereits in vollem Gange. In den deutschen Medien wenig beleuchtet, sind sich die Prinzen dort gegenseitig an die Gurgel gegangen. Aus denjenigen, die verloren haben, wurden schon bis Anfang des Jahres 86 Milliarden Dollar rausgeprügelt. Die Summe hat sich sicherlich weiter erhöht. Reparationszahlungen für den verlorenen Krieg in Syrien. Und es ist keinesfalls sicher, dass es das Ende des saudi-arabischen Leidens ist.

Trump hat den Saudis neulich angeboten, eine führende Rolle in Syrien zu übernehmen. Und die Saudis haben daran auch noch Interesse bekundet! Dabei ist recht offensichtlich, wohin dieses Abenteuer führen wird. Trump wird die USA aus Syrien rausziehen und dann steht Saudi-Arabien ganz allein im direkten Konflikt mit der syrisch-russisch-iranisch-türkischen Koalition. Das kann zum Verschwinden Saudi-Arabiens von der Weltkarte führen. Die Saudis haben es nicht einmal geschafft, Jemen unter ihre Kontrolle zu bringen – obwohl die jemenitischen Aufständischen keine Versorgungsroute über Land zu ihren Unterstützern haben. Daran lässt sich das Potential der saudischen Armee ablesen. Wenn die Saudis sich offen in Syrien einmischen, werden sie dort einfach zerfleischt. Trump lockt die Saudis in diese Falle rein.

Mit Israel ist es das gleiche Spiel. Trump lockt Israel auf seine Seite, mit leeren Versprechungen und symbolischen Geschenken. Israel lässt sich dummerweise locken, zu seinem eigenen Leidwesen in nicht allzu ferner Zukunft. Das israelische Kalkül basiert einzig darauf, dass die USA als Schutzmacht niemals abtreten werden. Sollten die USA einmal beiseite treten, steht Israel umringt von feindlichen Staaten da. Das wird nie passieren? Warum denn nicht? Trumps Doktrin ist “America first”, er macht allen Verbündeten klar, dass diese für den Schutz dramatische Abgaben leisten müssen, er macht klar, dass die USA sich aus der Welt zurückziehen und sich auf sich selbst konzentrieren werden. Wenn Trump mit etwas konsequent ist, dann ist das Abstoßen von Verbündeten. Israel spielt ein äußerst gefährliches Spiel. Übrigens, das Haus Rothschild distanziert sich (mindestens) zum zweiten mal innerhalb der letzten Wochen von Israel und Netanjahu.

Mit der Aufkündigung des Iran-Deals seitens der USA haben sich endgültig zwei Lager gebildet. Auf der einen Seite die USA, Israel und Saudi-Arabien (plus nicht weiter erwähnenswerte Mini-Vasallen). Auf der anderen Seite Russland, China, Indien, EU, Türkei, Iran – also das große Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok. Es hat etwas Zeit gebraucht, die Karten so zu sortieren und jetzt liegen sie genau so, wie man sie haben will. Jetzt wird der Graben zwischen den beiden Lagern vertieft werden. Und dann werden sich die USA auf ihren Kontinent zurückziehen. Und zwei Freunde werden merken, dass die USA nach dem Rückzug sicher auf einem anderen Kontinent sind, während die beiden Freunde am Rande eines großen politischen Eurasiens liegen, zu dem sie das Gegenteil von guten Beziehungen aufgebaut haben. Dann werden neue Grenzen auf der Weltkarte nicht unwahrscheinlich werden.

Wir sind mittendrin in einem sehr spannenden Prozess. 2014 bäumte sich der Hegemon zum Kampf gegen seine Herausforderer auf. 2016 wurde der Hegemon des Throns enthoben. Trump wurde als Insolvenzverwalter eingestellt. Keine zwei Jahre später ist die liberale Weltordnung offiziell für tot erklärt worden. An der neuen Weltordnung wird sehr aktiv gebastelt. Wir sind noch nicht am Ende der Umwandlung. Vor uns liegen noch einige Höhepunkte.

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Europa im Fokus

George Friedman hat einmal Japans Position erklärt:

Friedman erklärt in diesem Artikel auch, warum Japan ein so treuer US-Vasall ist und es auch bleiben wird. Japan hat eine hochentwickelte Industrie, aber keine eigenen Rohstoffe, die die Industrie benötigt. Alle Industrierohstoffe müssen importiert werden und die Handelsrouten werden von den USA kontrolliert. So simpel kann Geopolitik sein. Deshalb wird sich Japan auch weiterhin von den USA ficken lassen und dabei brav lächeln, egal ob Japan das geil findet oder nicht so sehr.

Hochentwickelte Industrie, aber keine Rohstoffe, vor allem keine Energieressourcen.

In einem größeren Maßstab soll die EU in die gleiche Lage versetzt werden, wie Japan. Der Krieg gegen Russland, zu dem die EU von den USA 2014 gezwungen wurde, sollte die EU vom russischen Erdgas abschneiden. Die Isolation des Iran, die gerade erst durchbrochen wurde, sollte verhindern, dass die EU Zugang zu einem unabhängigen großen Öllieferanten bekommt. Und Europa ist ein Wirtschaftsgigant, der gigantische Energielieferungen benötigt. Die Isolation von zwei solchen Größen wie Russland und Iran wäre nicht spurlos an Europa vorbeigegangen.

Aus großer Distanz betrachtet haben die heißen Konflikte der letzten Jahre auch damit zu tun, Europa den Zugang zu Energieressourcen zu versperren. Das Vorhaben ist gescheitert, das ist auch nicht erst seit gestern klar, aber bis einschließlich 2014 wurde noch verheißungsvoll an Europas Strangulierung gearbeitet.

PS: Friedmans Selbstsicherheit, dass Japan bis in alle Ewigkeit US-Vasall bleibt, basiert nicht nur an der Abhängigkeit Japans von Ressourcenimporten (daran wird sich nichts ändern), sondern auch auf der Kontrolle von Japans Import-Routen durch die US-Flotte. Und letzteres ist wahrlich nicht in Stein gemeißelt…

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Goldjunge

Trump hat es getan. Wir haben darauf gewartet und es erhofft und Trump hat einmal mehr nicht enttäuscht.

Das Theaterstück um den Iran-Deal ist meisterlich inszeniert. Zunächst war die schwere Geburt des Deals, in Zusammenarbeit von Russland, USA, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Eine Zusammenarbeit von Russland und China auf der einen Seite und den USA und der EU auf der anderen Seite. Diese beiden gegeneinander kämpfende Blöcke decken die größten und wichtigsten Machtzentren der Welt ab. In der Frage des iranischen Atomprogramms konnten sich diese feindlichen Blöcke einigen, was bemerkenswert erscheint. Der Deal wurde als riesiger Erfolg für alle Beteiligten und die gesamte Welt verkauft. Wir haben also etwas, das von allen Machtzentren der Welt als großer, teuer erkaufter Erfolg bewertet wird.

Dann taucht Trump auf der Bühne auf. Er stellt den Deal von Anfang an infrage. Er wettert dagegen, droht immer wieder mit dem Ausstieg der USA. Russland und China sind ganz entspannt, sie unterhalten ohnehin gute Beziehungen zum Iran. Die EU aber wird zunehmend nervös. Die EU braucht neue Märkte und der Iran ist ein solcher Markt. Europäische Banken und Großkonzerne stehen in Teheran Schlange, um Verträge abzuschließen. Die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran als Teil des Deals ist der Türöffner für Europa in dieses große, von Großkonzernen relativ unbefleckte Land, das gigantische Gewinne verspricht. Der Ausstieg der USA bedeutet konkret die Wiedereinführung von Sanktionen. Und dass die USA ihre Vasallen zwingen, bei US-Sanktionen mitzumachen, haben die Europäer in den letzten Jahren sehr schmerzvoll und kostenintensiv am eigenen Leib erfahren. Trumps Ausstiegs-Drohung war ein Horror-Szenario für die EU – wenn denn alles nach den alten Herr-Vasall-Regeln gelaufen wäre. Aber diese Regeln wurden bereits gebrochen, die EU gehorcht nicht mehr. Unter diesen Umständen bedeutet der Ausstieg der USA, der mit schmerzhaften Forderungen an die EU verknüft ist, entweder die erneute bedingungslose Unterwerfung der EU samt Geißelung oder eine dramatische Vertiefung des transatlantischen Bruchs, der sich seit 2014 bereits aufgetan hat. Wobei die bedingungslose Unterwerfung als unrealistischer Traum einzustufen ist und eine zunehmende Abspaltung der ohnehin sich abspaltenden Vasallen als unausweichliche Realität. Vor die harte Wahl gestellt hat die EU praktisch keine Wahl. Aber das heißt nicht, dass die EU vor diese Wahl gestellt werden möchte. Jedenfalls offiziell nicht, denn offiziell sind EU und USA doch noch enge Freunde, strategisch verbunden, mit gemeinsamen Werten usw.

Die EU redet offen auf Trump ein, nicht aus dem Deal auszusteigen. Hunderte europäische Parlamentarier schreiben einen offenen Brief an den US-Kongress. Sie drohen damit auch. Ein Ausstieg bedeutet Schaden an der Glaubwürdigkeit des Westens. Und:

Aber eines ist klar: Falls das Abkommen scheitert, wird es nahezu unmöglich sein, noch einmal ein großes und geschlossenes Bündnis zur Sanktionierung des Iran zu schmieden.

Das ist die klare Ansage, dass Europa sich erneuten Sanktionen gegen den Iran verweigern wird. Dann gibt es da noch solche Sätze:

Es liegt im ureigensten Interesse Europas und der USA, (…) das transatlantische Bündnis als verlässliche und glaubwürdige Gestaltungskraft der Weltpolitik zu erhalten.

Damit wird unzweideutig klargestellt, was ein Ausstieg der USA zerstören würde – das transatlantische Bündnis.

Trump ließ sich nicht beirren. Die EU versuchte weiter ihr Glück. Macron und Merkel besuchten kurz aufeinander Trump und bei beiden war einer der wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung der Versuch, Trump vom Ausstieg aus dem Iran-Deal abzuhalten.

Was hat all dieses Theater gebracht? Es hat dazu geführt, dass sich USA und EU deutlich gegeneinander positioniert haben, mit ultimativen Ansagen und roten Linien. Dieses Theater hat die Kompromisslosigkeit in der Frage des Iran-Deals öffentlich bekundet. Die EU hat vor aller Welt klargestellt, dass sie den USA im Ausstieg aus dem Iran-Deal nicht folgen werden.

Das mag vielleicht zufällig wirken, aber das ist es nicht. Die Zuspitzung der Positionen, die keinen Raum für Kompromisse lässt, ist hart erarbeitet, von beiden Seiten des Atlantiks.

Und dann hat Trump den Ausstieg der USA aus dem Iran-Deal verkündet.

Mögliche Sanktionen könnten laut Trump auch für die Länder gelten, die Wirtschaftsbeziehungen zu Teheran unterhalten.

Da ist die Drohung von US-Seite an die EU. Trump droht der EU Sanktionen an. Großartig!

Die EU reagiert, wie sie reagieren muss – die EU werde den Deal nicht aufkündigen und sie bittet auch den Iran darum, den Deal weiterlaufen zu lassen:

In einer gemeinsamen Erklärung schrieben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May an Teheran: “Wir ermuntern Iran, mit Augenmaß auf die US-Entscheidung zu reagieren.” Merkel sagte außerdem: “Wir werden diesem Abkommen verpflichtet bleiben und alles daran setzen, dass auch Iran seine Verpflichtungen einhält.”

Die EU wird angepeitscht vom Iran, der sich gerade in einer herrlichen Lage befindet und ganz neue Spielräume bekommt:

Rohani drängte die europäischen Partner laut der Nachrichtenagentur Isna zur Eile: “Unter den aktuellen Umständen hat Europa eine sehr limitierte Gelegenheit, das Atomabkommen zu bewahren”, sagte Rohani demnach. Europa müsse “so schnell wie möglich” seine Position klarstellen und seine Absichten in Bezug auf seine Verpflichtungen genau darlegen.

Teheran hat außerdem einem Regierungssprecher zufolge einen Plan ausgearbeitet, um mit dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen umzugehen. Einzelheiten gab der Sprecher nicht bekannt.

Köstlich! Teheran hat einen “Plan”, wie der Ausstieg der USA für die übrigen Vertragspartner zu regeln ist. Einzelheiten werden den EU-Diplomaten hinter verschlossenen Türen zur Unterschrift vorgelegt! Der West-Block des Deals in Gestalt der USA rüttelt am Deal und der West-Block des Deals in Gestalt der EU wird dafür bezahlen müssen. Ein Teil der zukünftigen Gewinne von EU-Konzernen und EU-Banken wird dem Iran und/oder den anderen Vertragspartnern überschrieben werden. Beachten Sie, wie die EU bei diesen Forderungen des Iran keinen Spielraum hat, denn die EU hat sich im Theater mit Trump bereits klar darauf positioniert, dass der Iran-Deal so wahnsinnig wichtig ist, dass man ihn auf keinen Fall aufkündigen darf. Die EU bekommt jetzt von beiden Seiten auf die Fresse, von der einen Seite von Trump und von der anderen Seite vom Iran.

Derweil goss der gerade erst ins Amt getretene neue US-Botschafter in Deutschland kräftig Öl ins Feuer und rief deutsche Unternehmen auf, Geschäfte mit dem Iran umgehend zu beenden. Die Reaktionen fielen allseits feindlich aus, stellvertretend die von Wolfgang Ischinger, dem Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz:

Aber sagen Sie dem Gastland nie, was es zu tun hat, wenn Sie keinen Ärger wollen. Deutsche hören gern zu, aber Anweisungen werden sie übelnehmen.

So redet man nicht mit seinem Herren. Aber die USA sind auch kein Herr mehr. Schon lange nicht, aber zunehmend kann und will man das nicht mehr vor den Massen verbergen. Dem US-Botschafter war es egal, er hat weiter nachgetreten, er wolle einfach ehrlich sein. Kein Ausrutscher eines unerfahrenen Diplomaten, nein nein, Deutschland, beende deine gewinnträchtigen Geschäfte! Die USA wollen die Eskalation mit Deutschland und der EU.

Und die bestellte Konfrontation ist da. Die Medien sind kriegslüstern gegen die USA. “Europas Stunde”, heißt es etwa, und im Beitrag steht unter anderem:

Und schließlich geht es um die über Jahrzehnte wichtigste, verlässlichste und, ja, beste Konstante europäischer Außenpolitik: die Partnerschaft mit den USA, das transatlantische Verhältnis.

(….)

Dieser Konflikt hat das Potenzial, zu einer echten Konfrontation zwischen Europa und den USA zu eskalieren, im schlimmsten Fall würde Trump die Europäer vor die Wahl stellen: Wir oder Iran. Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns.

Die EU wird vor die Wahl zwischen USA und Iran gestellt. Und die EU entscheidet sich für Iran. Merken Sie, wie grundlegend sich die Welt in den letzten vier Jahren verändert hat? Bei der Wahl zwischen USA und Iran entscheidet sich die EU für den Iran.

Nachdem sich die Redakteure gesammelt, die Anweisungen von oben verdaut und sich beraten haben, wurde der Ton noch schriller:

Der Westen existiert nicht mehr. Donald Trumps Iran-Entscheidung zerstört das transatlantische Bündnis. Europa muss sich wehren.

Und das sind alles Zitate aus der deutschen CIA-Pressestelle. Offensichtlich hat Trump die CIA gut unter Kontrolle gebracht und die Clintonisten gründlich ausgemistet.

Das ist aber nicht nur der Tenor der Presse. Neben der oben bereits erwähnten gemeinsamen Erklärung von Deutschland, Frankreich und Großbritannien hat die europäische Spitzenpolitik weitere Duftmarken gesetzt. Zum Beispiel Merkel:

Europas Beitrag zu Frieden und Stabilität hängt von unseren Fähigkeiten ab, gemeinsam zu handeln und international mit einer Stimme zu sprechen. Nach Jahrzehnten ist es uns in den letzten Monaten gelungen, eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigungspolitik zu erreichen. Das ist ein Riesenschritt, den es lange nicht gab. Aber seien wir ehrlich: Bezüglich der gemeinsamen Außenpolitik steckt Europa noch in den Kinderschuhen. Diese wird aber existenziell notwendig sein. Denn die Art der Konflikte hat sich seit dem Ende des Kalten Krieges vollständig verschoben. Sehr viele große globale Konflikte finden vor der Haustür Europas statt. Und es ist nicht mehr so, dass die Vereinigten Staaten von Amerika uns einfach schützen werden, sondern Europa muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Das ist die Aufgabe der Zukunft.

Die USA schützen die EU nicht mehr. Die EU muss ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen. So sieht sie aus, die transatlantische Scheidung. Und wer treibt die Scheidung voran? Trump. Er ist der Mann, der den Drecksjob machen muss und sich von allen Seiten mit verbaler Gülle übergießen lassen muss. Trump ist großartig darin, wie er das aushält und seinen Job pflichtbewusst weiter führt. Das ist wahrlich kein Zuckerschlecken für ihn und Dank ist ihm nicht gewiss. In den europäischen Geschichtsbüchern könnte er als der Dumme und Böse enden, und die wahren Dummen werden glauben, dass ihre Unabhängigkeit von den USA sich zufällig ergeben hat. Die EU wird sich unabhängig von den USA machen und Trump gebührt ein Großteil der Ehre dafür.

Juncker hat in einer Rede vor dem flämischen Regionalparlament gefordert, die USA als Supermacht zu ersetzen. Die Haltung der EU ist also eindeutig und geschlossen hinsichtlich der Iran-Frage. Und obwohl es angeblich um den Iran geht, geht es zufälligerweise darum, dass die USA kein verlässlicher Partner und kein Beschützer mehr sind und dass die EU sich schleunigst selbstständig machen muss. Wem hat die EU zu verdanken, dass sie sich so klar zur Selbstständigkeit und gegen die USA positionieren kann, und dass dabei die Transatlantiker keine Chance zum Aufmucken haben? Trump.

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