China-Russland-Allianz am Beispiel Nordkorea

Ich erinnere noch einmal an die grundsätzliche Feststellung, dass Russland und China eine tiefe strategische Allianz eingegangen sind. Als Partner sind sie sowohl militärisch als auch wirtschaftlich weltweit auf höchstem Level. Beides ist zwingend notwendig, wenn man heute den USA trotzen will.

Am Beispiel Nicaragua kann die wirtschaftlich-militärische Allianz von Russland und China in Aktion sehen.

Schauen wir uns ein weiteres Beispiel an: Nordkorea.

Nordkorea ist das Land, von dem Sie so gut wie nichts wissen, außer dem Fakt, dass seine Herrscher sehr sehr böse sind und die Bevölkerung sehr sehr arm.

Im Fernen Osten ist Nordkorea ein Klotz am Bein. Die Feindschaft mit Südkorea sorgt für permanente Spannung in der Region, die auch auf die Nachbarstaaten übergreifen kann. Nordkorea ist nicht in das Wirtschaftssystem Asiens integriert und hat somit wirtschaftlich keinen Nutzen für die Region, weder als Produzent noch als Markt. Nordkorea strebt nach Atomwaffen. Das Streben ist ziemlich erfolglos, aber es gibt den USA einen Grund, ihre Flotte in der Nähe von Nordkorea kreisen zu lassen und die Nähe von Nordkorea ist auch die Nähe von Russland und China.

Wie auch immer es in Nordkorea aussehen mag, für alle direkten Nachbarn ist der Staat eine Belastung. Nur die USA können sich am Status quo erfreuen, denn Nordkorea belastet die Feinde der USA und gibt den USA einen Grund, das eigene Militär in der Nähe des Feindes zu halten. Lassen Sie sich von der offiziellen Rhetorik nicht blenden. Die militärische Schwäche Nordkoreas ist kein Geheimnis, überall auf der Welt reißt man Witze darum. Nordkorea ist eine ideale Feind-Attrappe: kaum Gefahrpotential, aber man kann die Attrappe nutzen, als ob das volle Potential da wäre und entsprechend darauf „reagieren“.

China und Russland haben sich einen hübschen Deal ausgedacht, der alle Probleme des Fernen Ostens mit Nordkorea auf einen Schlag löst. Hier sind die beiden wichtisten Komponenten:

  1. Russland garantiert militärischen Schutz einschließlich des Einsatzes von Atomwaffen. Im Gegenzug lässt Kim das Atomwaffenprogramm fallen.
  2. China übernimmt den wirtschaftlichen Aufbau des Landes. Dazu gehören große Infrastrukturprojekte und der politische Umbau Nordkoreas zu einem staatskapitalistischen System nach Chinas Vorbild.

Schauen wir uns an, wer wie davon profitiert oder auch nicht.

Nordkorea

Das eigene Atomwaffenprogramm wird nie ein Level erreichen, auf dem es Nordkorea möglich wäre, sich gegen die mächtigen Feinde zu verteidigen. Die Garantie, dass Russland das Land auch unter Einsatz von Atomwaffen vor den USA schützt, ist ungleich wertvoller.

Über die Vorteile eines gigantischen wirtschaftlichen Aufbaus des Landes (ähnlich wie in Deutschland im Zuge des Marshall Plans) muss nicht weiter diskutiert werden. Damit verbunden ist eine eche Integration in die Wirtschaft des Fernen Ostens.

Kims Bestreben, sein Land zu reformieren, was auch im Westen nicht unbemerkt bleibt, findet im Modell des staatlich gelenkten Kapitalismus sicher die beste Alternative aus Nordkoreas Sicht. Ein neoliberaler Kapitalismus westlicher Art ginge den Machthabern viel zu weit.

Einziger Nachteil ist, dass Nordkoreas Elite sich klar als Junior Partner einordnen muss. Auf mehr hoffen Sie auch nicht, aber das Gesicht müssen sie wahren können.

China, Russland, Südkorea

Alle asiatischen Nachbarstaaten profitieren auch. Der bockige Nachbarjunge, der mit Atom spielt und Onkel Sams Kriegsschiffe wie ein Magnet anzieht, ist endlich weg. China und Russland können die US-Militärpräsenz von der asiatischen Küste wegdrücken. Süd- und Nordkorea können endlich ihre Beziehungen verbessern. Für die gesamte Region entsteht ein neuer Markt, mit dem neue Wirtschaftsbeziehungen geknüpft werden können.

USA

Die USA sind die einzigen, die nicht profitieren. Ihre nützliche Attrappe ist weg und die Feinde erfreuen sich auch noch am gemeinsamen Wirtschaften. Nur die USA selbst blieben bei den neuen Wirtschaftsbeziehungen außen vor.

Soweit die Pläne und die Aussichten. Russland und China wollen Nordkorea befrieden und integrieren, weil es zum Vorteil des gesamten Fernen Ostens ist, die USA sind damit nicht einverstanden, weil sie nur Nachteile davon haben.

Wie werden die Pläne realisiert?

2014 haben sich Russland und China auf die oben beschriebene Aufgabenteilung geeinigt. Nordkorea wurde der Vorschlag unterbreitet. Nordkoreanische Diplomaten pendelten im Jahr 2014 mehrmals nach Moskau. Im Mai diesen Jahres reist Kim persönlich nach Moskau, auf Putins Einladung. Russland versucht, Nordkorea den Deal zusätzlich schmackhaft zu machen, indem es Nordkoreas Partnerschaft im Atomwaffenprogramm durchbricht: Pakistan. Pakistan ist das Land, das Nordkorea bei der Entwicklung der Atomwaffen unterstützt. 2014 wurden russische Waffenlieferungen an Pakistan vereinbart, außerdem eine engere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus und engere Wirtschaftsbeziehungen. Eine eingeschränkte oder komplett eingestellte Atompartnerschaft Pakistans mit Nordkorea ist höchstwahrscheinlich Teil dieser Deals.

All das bleibt den USA nicht verborgen. Ende 2014 verschärften sie den Ton gegenüber Nordkorea und verhängten Saktionen. Der Anlass dafür war der Sony-Hack, hinter dem angeblich Nordkorea steckt. Überzeugende Beweise wurden nicht präsentiert. Auch in den USA selbst waren sich die Computer-Sicherheitsexperten einig, dass der Sony-Hack nicht von Nordkorea durchgeführt wurde. Nun gut, mehr konnten die US-Geheimdienste auf die Schnelle nicht konstruieren. Sei’s drum, der Anlass ist beliebig, auf seine Nutzung kommt es an.

Die Anfeindungen und Sanktionen der USA machen es Kim nicht einfacher, sein Atomwaffenprogramm aufzugeben. Es ist ein Symbol der Stärke, gerichtet vor allem nach innen (im Ausland macht man sich keine Illusionen). Dieses Symbol soll Kim ausgerechnet während neuer US-Sanktionen gegen sein Land aufgeben?

Mit der Verurteilung Nordkoreas können die USA eine größere Militärpräsenz in der Nähe von Russland und China legitimieren. Sie werden wohl auch den ein oder anderen treuen Vassal mobilisieren können, etwa Japan, um das Vorhaben von China und Russland zu vereiteln.

Diese Geschichte hat gerade erst begonnen. Wir werden sehen, wie sie endet. Aber schon jetzt sehen wir einen weiteren gemeinsamen Auftritt von Russland und China auf der Weltbühne. Sie haben eine klare Aufgabenteilung. Sie sind dabei, eine neue Weltordnung zu schaffen.

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