Zugang der EU zu Libyen nur über Putins Gnaden

Wir verfolgen weiter die Entwicklung der EU-Armee und der damit verbundenen Aspekte.

Es ging los im November 2016:

Wenn man sich die Weltkarte anschaut, stellt man fest, dass der einzige Ort, dem sich die EU militärisch widmen kann, der Norden Afrikas ist. Nordafrika ist erreichbar, machbar, relevant und von keinem Konkurrenten uneinnehmbar besetzt. Alle aufgezählten Voraussetzung sind notwendig. Alle anderen Regionen verletzten mindestens eine dieser notwendigen Voraussetzungen und kommen daher als Abenteuerspielplätze nicht in Frage.


In Nordafrika ist Libyen der beste Kandidat. Libyen, das von der EU selbst zerstört wurde, ist ein herrliches Territorium, um die neue EU-Armee trainieren zu lassen. Da herrscht Chaos, dieses Chaos schadet der EU, in Libyen hat sich keine geopolitische Großmacht militärisch breit gemacht, Libyen ist nah dran an der EU. Wenn wir im Strategiestab der EU-Armee sind, sieht Libyen wie eine Schatzkiste für uns aus. Eine perfekte Spielwiese. Moralisch leicht zu legitimieren. Geeignet, um See-, Luft- und Bodenstreitkräfte im Verbund an einem ungefährlichen Feind üben zu lassen. Wir (die EU) werden wohl im Laufe des kommenden Jahrzehnts die Demokratie nach Libyen bringen müssen.

Nur zwei Monate später zeichnete sich ein unangenehmer Stolperstein für die EU ab:

Inzwischen hat es Hinweise gegeben, dass Putin seine Hand nach Libyen ausstreckt. Wenn sich das bestätigt, wird die EU allenfalls von Putins Gnaden in Libyen tätig werden. Das bedeutet, dass die Libyen-Prognose sogar kippen könnte – wenn die EU besonders unartig ist. Halte ich für unwahrscheinlich, dass es so weit kommt, aber wir behalten diesen doch möglichen Entwicklungsstrang (Russland blockiert der EU den Zugang zu Libyen) im Hinterkopf.

Am 16. Dezember 2019 hat Merkel Putin angerufen. Hauptgesprächsthema war die “libysche Krise”.

Am 17. Dezember 2019 haben Erdogan und Macron Putin angerufen (eins, zwei). Eines der Gesprächsthemen bei beiden: die libysche Krise.

Die von der NATO nach Libyen gebrachte Demokratie scheint auch nach vielen Jahren noch nicht ganz reif und stabil zu sein. Genauer gesagt bekämpfen sich dort zahlreiche demokratische Banden mit den Truppen von General Haftar. Haftar wurde vor einigen Jahren von der CIA in Deckung genommen und gilt daher vielen als CIA-Agent. Haftar pflegt aber auch gute Kontakte nach Moskau, inklusive persönlicher Visiten in die russische Hauptstadt, und gilt deshalb vielen als Putin-Agent. Jedenfalls macht er die demokratischen libyschen Banden ziemlich platt, was die Weltpresse offensichtlich sehr nervös macht.

Die Tatsache, dass sich drei Staatsführer fast zeitgleich bei Putin melden und über Libyen reden wollen, lässt uns erahnen, dass Haftar wohl eher ein Putin- als ein CIA-Agent ist. (Kenner wissen längst, dass es ein und dasselbe ist…)

Es scheint, dass General Haftar am Wochenende mindestens drei demokratischen Banden das Leben deutlich erschwert hat.

Die Anhäufung der Telefonate lässt keinen Zweifel daran, wer in Libyen das Zepter in der Hand hat. Was sich vor drei Jahren angedeutet hat, ist heute Realität geworden: Putin hat sich Libyen genommen. Der Weg der EU nach Libyen führt jetzt über Moskau.

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