Fehlerhaftes Axiom

Es folgt eine zusammenfassende Übersetzung des Beitrags “Fehlerhaftes Axiom“.

“Es gibt keinen Preis, den Russland nicht für die Ukraine bezahlen würde” – das ist das wichtigste Axiom, mit dessen Anwendung die westliche Koalition, gemeinsam mit Israel und einer Gruppe arabischer Staaten, einen Fehlstart in der Ukrainekrise hingelegt haben, mit dem eigentlichen Ziel, Russlands Einmischung in Syrien zu verhindern. Der Putsch in der Ukraine wurde seit langem vorbereitet, war aber zu den Neuwahlen [regulär Anfang 2015] geplant. Putin hat das so bestätigt, dass der Putsch zu den Neuwahlen geplant war, aber vorgezogen wurde. Der Grund für die Eile war die Angst, dass Russland es wagen könnte, sich im Nahen Osten einzumischen und dort das Fest des Westens stören könnte. Bei der Umverteilung im Hauptspiel wurde die Ukraine von Beginn an als Joker zurückgehalten, für den Fall, dass Putin sich in den geplanten Mega-Raub und die Neuziehung von Grenzen einmischen würde. Die Gewissheit über “es gibt keinen Preis…” gründete sich auf die Meinung zahlreicher Experten, Analysen, Berichte, sowie den zahlreichen Bestätigungen dieses Axioms durch russischsprachige Juden, die im Westen als Russlandexperten gelten. Das ist wirklich so, die stehen dort verschiedenen Instituten vor und sind Mitglieder in Think Tanks und machen ein gutes Geschäft, indem sie ihre kostbare Meinung verteilen, sowohl über Russland als auch über alle ehemaligen Territorien des Russischen Imperiums.

Das von ihnen hergeleitet Axiom “es gibt keinen Preis” war entscheidend für die Wahl der Ukraine als Joker in diesem Spiel und gab dem Westen das Gefühl der völligen Sicherheit, dass für den Fall des Falles eine todsichere Falle zur Verfügung steht, die, wenn sie zur richtigen Zeit gestellt wird, Russland von der Einmischung in das Hauptspiel abhält, so dass Russland still und schweigend, sich in das winzige Territorium des Donbass und Charkows verbeißend, zusehen wird, wie vor seinen Augen alle Zukunftsperspektiven untergehen und für Jahrzehnte eine unausweichlich abhängige Position übrig bleibt.

Da das Axiom “es gibt keinen Preis” tatsächlich ein Axiom war [als wahr vorausgesetzt, ohne Inbetrachtziehung der Möglichkeit, dass es falsch sein könnte], wurde auch sofort der höchste Preis verlangt – die Beerdigung Russlands als unabhängigen Staat. Sie waren sicher, dass Russland sich in ein Stück ukrainischer Steppe verbeißen wird und dem Westen den Rest der Welt überlässt, dass Russland sich von den Märkten abschneiden lässt und zur billigen Tankstelle Chinas wird.

Sie haben sich brutal verkalkuliert.

Die Auslandsaufklärung Russlands arbeitet sehr gut und Putin kannte diese Pläne schon vor langem. Ausgehend von den Plänen des Westens und ihrem Schizo-Axiom wurde der eigene Plan aufgestellt.

Der Gegner war so sehr von seinem Axiom überzeugt, dass sogar reale Schritte und Entscheidungen Putins seit dem Putsch als Bluff aufgefasst wurden. Obwohl unmittelbar Maßnahmen unternommen wurden – eine Neuordnung der russischen Industrie mit Berücksichtung des Ausschlusses russisch-ukrainischer Partnerschaften, der Bau neuer Straßen zur Umgehung der Ukraine, einschließlich des Baus der Kertsch-Brücke – waren die Experten sicher, dass Russland gezwungen sein wird, einen Landweg zur Krim zu erobern. Alternative Gastransit-Strecken nach Europa erschienen nicht bedrohlich, es reichte zu zeigen, dass die EU den Prozess mit Sonderregeln stoppen konnte. Aber Putin gab zu verstehen, dass er keine Eile hatte und dass es andere Alternativen gab. Der Westen mischte sich in die anderen Alternativen ein und für Monate wurde alles in Frage gestellt, aber Putin demonstrierte erneut Gelassenheit, wartete auf einer Position, ohne aufzuhören, auf anderen Positionen zu arbeiten – nur zu den ukrainischen Varianten wendete er sich nicht zu. Die West-Experten sind nicht von ihrem Axiom abgerückt und warteten, aber es gab nichts, worauf es sich zu warten lohnte. Sie konnten nicht verstehen, dass es kein Bluff war, dass Putin die Zeit anders misst, nicht so, wie sie es gewohnt waren.

Ein Beispiel für das Messen der Zeit… Als im Irak der Krieg, d.h. die Demokratisierung begann, stellten sich die Saudis, Kataris und andere Zwerge natürlich auf die Seite der USA und halfen, den Irak in Stücke zu reißen, und damals haben sie gewonnen, aber in der Zeit haben sie schon damals verloren, denn der Irak und das irakische Volk werden nicht vergehen und die Eroberer werden dort nicht für immer bleiben und sobald die Überlebenden sich berappelt haben, werden sie allen alles erinnern, mit allen Konsequenzen. Nun werden die Saudis im Irak auf Jahrzehnte verhasst sein, sie werden dort keine Geschäfte machen können, ihre Bürger werden sich nicht sicher im Irak bewegen können, werden dort ihre Firmen nicht aufmachen können usw. Amerika ist weit weg, aber die Saudis und die Iraker sich nah beieinander, deswegen müssen sie die Zeit anders messen, und nicht nur die Zeit. Denn der heutige Sieg bedeutet, dass du morgen und für Jahrzehnte verloren hast, genau am Tag des Sieges hast du bereits verloren.

Putin misst die Zeit anders, nicht so wie es westliche geopolitiche Experten gewohnt sind. Bei jedem Subjekt [selbtständger Staat] oder Objekt [abhängiger Staat] wird die Zeit anders gemessen und werden die Handlungen an die besondere Zeit angepasst, die in diesem oder jenem Ort gilt.

Die Zeit in der Ukraine wirkt so, dass, je länger die Tatenlosigkeit Russlands in dieser Richtung andauert, desto näher Russlands Sieg in der Ukraine, ohne etwas dafür zu tun. Für den Westen wirkt die Zeit in der Ukraine exakt umgekehrt – je länger der Westen dort wirkt, desto näher ist seine unausweichliche Niederlage gegen Russland auf dieser Front, selbst wenn Russland gar nicht zu diesem Krieg erscheint.

Die Zeit in Syrien musste man so lange hinziehen, bis der letzte Hirte kapiert hatte, dass der Westen und der IS eins sind. Der gesamte Nahe Osten musste die Folgen des westlichen Handelns sehen und verstehen, dass es für jeden das Ende bedeutet, ohne starke Hilfe von außen. Dann, als alle diesen Zustand erreicht haben, musste man reingehen und anschaulich gewinnen, damit seine Stärke zeigen, eine Alternative zum Tod zeigen, an die man glauben konnte. Und dann – in Sotschi sitzen und darauf warten, dass die Vasall-Bewerber um Audienz bitten. FERTIG.

Die Einsätze begannen zu sinken, der Preis der Ukraine fiel, aber Putin bezahle den kleineren Preis nicht und den noch kleineren auch nicht. Das Axiom erwies sich als fehlerhaft, genauso wie das von der Erdscheibe.

Das wirkliche Axiom geht so: Es gibt keinen Preis, den Russland bereit ist für die Ukraine zu zahlen, wenn Russlands zukünftige Interessen davon berührt sind. Wir werden gar nichts zahlen, denn die Zeit selbst und Tatenlosigkeit werden die Ukraine unausweichlich wie eine reife Frucht in unseren Korb fallen lassen.

Russlands außergewöhnlicher geopolitischer Sieg in einer strategisch wichtigen Weltregion wird weitreichende Konsequenzen für alle haben – für die Verlierer, die Gewinner und die Staaten des Nahen Ostens, ebenso für Afrika und, natürlich, für Europa und die USA.

Die Niederlage des Westens und seiner Koalition ist katastrophal für sie selbst und grundlegend für die zukünftige Machtverteilung. Dank Russlands Einmischung wurde das wichtigste Ziel nicht erreicht – die Aufteilung von sieben Staaten in neue Gebilde, mit anschließender Kontrolle der dortigen Territorien, Ressourcen und Politik für Jahrzehnte.

Öl, Gas, die Territorien und alles, was daraus folgt, werden der Westen und seine Verbündete nicht bekommen. Alle Völker des Nahen Ostens, Afrikas und Asiens haben anschaulich gesehen, dass die Pläne der mächtigen westlichen Koalition, einschließlich superreicher Nahost-Staaten, von Russland im Alleingang zerstört wurden. Das lässt Russlands Aktienwert um zehnfache Größenordnungen steigen und senkt im gleichen Ausmaß die Aktienwerte der Verlierer.

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