Vom Sinn und Unsinn von Krediten

Warum gibt es Kredite? Stellen Sie sich vor, Sie haben eine geniale Idee für ein kompliziertes Produkt, sagen wir eine besonders effizient arbeitende Verbrennungsanlage für Erdgas. Damit lässt sich viel Geld machen, denn die Nachfrage ist vorhanden. Also los!

Sie müssen erst einmal ein paar Prototypen bauen und diese testen. Um Ihre Anlagen zu bauen, brauchen Sie teure Produktionsmaschinen. Sie brauchen eine Werkshalle. Sie brauchen qualifiziertes Personal, das die Verbrennungsanlagen baut. Sie brauchen Personal für die Buchhaltung. Und so weiter. Das alles müssen Sie jetzt schon bezahlen. Aber von welchem Geld? Es geht um gewaltige Summen.

Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten:

  1. Sie haben kein Geld, also können Sie Ihre Idee nicht umsetzen. Pech gehabt. Wenn die Menschheit nach dieser Regel vorgegangen wäre, hätte es die Industrialisierung nicht geben können, geschweige denn die weitere darauf aufbauende Wirtschaftsentwicklung.
  2. Jemand gibt Ihnen Geld. Das kann eine sehr reiche Person sein oder eine Gemeinschaft von nicht sonderlich reichen Leuten, die aber in der Summe auch eine größere Geldmenge zusammenlegen können (der Staat stellt auch eine solche Gemeinschaft dar).

Aber warum sollte Ihnen jemand Geld leihen? Der potentielle Geldgeber kann sich von seinem Geld Vergnügungen leisten. Er kann es auch Ihnen leihen. Dann kann er das Geld eine Zeitlang nicht selbst benutzen. Ein Nachteil für ihn. Außerdem besteht das Risiko, dass Sie das Geld nicht zurückzahlen können. Nachdem Sie eine Werkshalle und Produktionsmaschinen gekauft haben, 15 Facharbeiter angestellt und im Laufe eines Jahres drei Prototypen gebaut haben, stellt sich heraus, dass Ihre Idee doch nicht funktioniert. Das Geld ist ausgegeben und Sie haben kein Produkt, mit dem Sie Geld verdienen können, um Ihre Schulden zu bezahlen.

Verschiedene Gründe machen es nötig, dass der Geldverleih nur gegen eine Gebühr erfolgt.

  • Es besteht das Risiko, dass das Geld nicht zurückgezahlt werden kann. Dieser Fall tritt in einem niedrigen Prozentsatz ein. Diesen Prozentsatz müssen alle Kreditnehmer draufzahlen, um für die vereinzelten Ausfälle aufzukommen.
  • Der Geldverleiher bietet die Dienstleistung Geldverleih sinnvollerweise nur gegen Bezahlung an. Die Bezahlung muss den Nachteil aufwiegen, dass der Geldverleiher eine Zeitlang auf die Nutzung seines eigenen Geldes verzichtet, um jemandem ein Projekt zu ermöglichen.

Wie kann die Bezahlung für den Geldverleih bemessen werden? Man könnte eine feste Summe festlegen. Sagen wir 10 Euro. Sie bezahlen für einen Kredit von 100 Euro und für einen Kredit von 1000000 Euro jeweils 10 Euro. Das macht keinen Sinn, denn der Nachteil für den Geldverleiher ist umso größer, je größere Summen er verleiht. Der Preis muss sich also irgendwie an der Summe richten. So gelangen wir zum Zins und stellen fest, dass es eine notwendige, natürliche und sogar faire Regelung für Kreditvergabe ist. Je mehr Sie sich leihen, desto mehr müssen Sie dafür bezahlen.

Man kann auch Alternativen zum Zins finden. Zum Beispiel eine Gewinnbeteiligung des Kreditgebers in Ihrem Unternehmen. Es bleibt aber dabei, dass Sie dem Kreditgeber mehr zurückzahlen müssen, als er Ihnen verliehen hat. Gewinnbeteiligungen gibt es in der Praxis durchaus (George Lucas hat sich damit eine goldene Nase verdient), aber sie sind nicht so verbreitet, weil man damit schlecht planen kann. Mit dem Prozentsatz der verliehenen Geldsumme kann man dagegen sehr gut planen. Deswegen hat sich der Zins durchgesetzt.

Kreditvergabe mit Zins ist also fair und sie ermöglicht überhaupt erst die Entstehung komplexer Technologien, Infrastrukturprojekte und der Schwerindustrie. All diese Dinge zeichnen sich dadurch aus, dass man sehr viel Geld bezahlen muss, bevor die ersten Gegenleistungen eingefahren werden. Bis zur kompletten Rückzahlung können sehr viele Jahre oder Jahrzehnte vergehen.

Das wichtige ist, dass wir hier von Krediten sprechen, die in Produktion fließen. Mit dem Kredit wird ein Unternehmen aufgebaut und das Unternehmen generiert eine Leistung, von der der Kredit auch abbezahlt werden kann. Der Kredit ermöglicht die Erschaffung eines Mehrwerts. Wenn Produktion mit Krediten finanziert wird, entsteht Wirtschaftswachstum.

Das ist der Sinn von Krediten.

Davon zu unterscheiden sind Verbraucherkredite. Hierbei wird Geld geliehen, um es zum Vergnügen auszugeben. Von diesem Geld kaufen Sie sich neue Möbel, Fernseher, Autos. Diese Dinge konsumieren Sie einfach. Als Endverbraucher erschaffen Sie keinen Wirtschaftswachstum mit dem von Ihnen gekauften Fernseher. Sie produzieren nichts damit. Mit einem Verbraucherkredit holen Sie sich Ihren Lohn aus der Zukunft ins jetzt und geben es jetzt aus. Das Geld können Sie dann in Zukunft nicht mehr ausgeben. Ein Verbraucherkredit heute senkt die Kaufkraft von morgen und damit die Wirtschaftsleistung von morgen.

Das ist der Unsinn von Krediten.

Verbraucherkredite waren früher sinnvollerweise stark beschränkt. Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts änderten die USA unter Reagan die Kreditpolitik und förderten Verbraucherkredite. Der Leitzins war damals bei knapp 20%, d.h. der Kredit war sehr teuer und man konnte sich entsprechend nur kleine Kredite leisten. Der Leitzins ist sukzessive zurückgegangen und liegt heute nahe bei null. Die Kredite wurden immer billiger. Endverbraucher konnten sich deshalb immer größere Kredite mit immer längerer Laufzeit leisten. Sie konnten also immer weiter in die Zukunft greifen und ihren zukünftigen Lohn ausgeben. Mit der Zeit wurde den Verbrauchern zusätzlich möglich gemacht, alte Kredite durch neue Kredite zu begleichen. Das war früher noch verboten. Und irgendwann hat man aufgehört, die Kreditwürdigkeit ernsthaft zu prüfen und lieh Geld allen Verbrauchern, die es haben wollten, selbst wenn absehbar war, dass es nie zurückbezahlt wird.

In anderen Ländern ist genau das gleiche passiert, nur mit ein paar Jahren Verzögerung.

Warum hat man diesen Unsinn politisch befördert und immer weiter intensiviert? Dazu ein anderes mal mehr.

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14 Kommentare zu “Vom Sinn und Unsinn von Krediten
  1. Franz H sagt:

    analitik,
    Sie haben auch für Laien verständlich erklärt, wie man im heutigen Betrugsgeldsystem den Zins auf Kredite rechtfertigt.

    Diese Erklärung erscheint auf den ersten Blick logisch und der Zins als quasi “Naturerscheinung” unausweichlich und sogar gerecht und alternativlos.

    So ist das immer, wenn man ein Postulat setzt, welches richtig oder falsch sein kann … und dann auf dieser Grundannahme entsprechende Schlüsse zieht.
    Das Ergebnis kann dann total falsch sein und trotzdem aber 100 Prozent logisch.

    Die Grundannahme in Ihrem System lautet:
    Ein Schuldner kann sich nur Geld von einem Geldbesitzer leihen.

    Auf dieser Grundannahme basieren dann die Überlegungen, dass der Geldbesitzer ein Risiko hat und außerdem eine Liquiditätsprämie braucht, weil er ja das Geld nicht selbst ausgeben kann, während es der Kreditnehmer besitzt.

    Ich stelle nun die Frage:
    Wer sagt denn, dass Geld nur von Geldbesitzern verliehen werden sollte ?

    Wie wäre es, wenn es eine Institution gäbe, welche dem Unternehmer, der ein Produkt herstellen möchte, das benötigte Geld druckt und es ihm ausleiht ?
    Dann bräuchte man keine Geldbesitzer als Kreditgeber, welche Zinsen für ihr Geld verlangen, oder ?

    Wie wäre es, wenn eine Gemeinde (und dann der Bezirk, das Land, der Bund) das Monopol hätte, neues Kreditgeld zu drucken und es dem Unternehmer leiht ?

    Bräuchte solch eine Institution Zinsen für ihre Tätigkeit des Gelddruckens und Geldverleihens ?

    Die Antwort ist “Nein”.
    Alle Kosten, welche für solch einen Kredit anfallen, könnten durch das Drucken von neuem Geld beglichen werden.

    Was wäre, wenn der Kreditnehmer pleite geht und den Kredit nicht zurückzahlen könnte ?
    Antwort: Gar nichts wäre, denn die Gemeinde, welche das Geld gedruckt hat, hätte keinen Verlust erlitten, denn sie hatte das Geld ja auch nicht, sondern hat es einfach nur gedruckt.

    Sie sehen also, dass das heutige System, welches den Zins als Naturgesetz rechtfertigt, darauf basiert, dass niemand nachdenkt und dieses System in Frage stellt und bessere Alternativen anbietet.
    In Wirklichkeit wäre es problemlos möglich, Kredite ohne Zinsen zu vergeben.

    Ein solches neues System wirft Fragen auf, welche ich an dieser Stelle nicht alle aufwerfen möchte, weil mein Kommentar sonst viel zu lang wird.
    Die Fragen können jedoch alle zufriedenstellend beantwortet werden, das kann ich ganz gewiss sagen.

    Der Zins im heutigen System hat gewaltige destruktive Konsequenzen. Bernd Senf hat darüber Vorträge gehalten und Bücher geschrieben.
    Der Zins (und Zinseszins) verursacht Wirtschaftskrisen, Umweltzerstörung, spaltet die Gesellschaft, Kriege und Ausbeutung.
    Es ist nur der Gehirnwäsche durch Generationen von Professoren und Politikern zu verdanken, dass so eisern am Zins und dessen Rechtfertigung festgehalten wird.

    Das heutige Geldsystem ist noch einen Schritt weiter in den Wahnsinn gegangen, denn es erlaubt den Banken, Kredite zu vergeben, ohne dass sie das Geld besitzen, das sie angeblich verleihen.
    Auf dieses nicht vorhandene Geld jedoch nimmt die Bank Zinsen und das irregeführte Volk verteidigt sogar noch den Zins, weil dieser angeblich “natürlich und notwendig und gerecht” ist.

    Hans Scharpf, ein Rechtsanwalt in Frankfurt, kämpft gegen diese kriminelle Praxis der Banken.

  2. analitik sagt:

    Hallo Herr Scharpf,

    ich habe Gemeinschaften, inklusive dem Staat, als potentielle Geldverleiher genannt. “Geldverleiher” meine ich abstrakt und stellvertretend für alles zwischen einzelne Person und Staat.

    Ihre Kritik ist absolut berechtigt und ich bin bereit, mich in alternative Konzepte zu vertiefen. Wenn es mich mit Argumenten überzeugt, werde ich es verbreiten und verteidigen.

    Bei privaten Geldverleihern funktioniert es aus den beschriebenen Gründen nur mit Zins. Es funktioniert nur gut, wenn die Kredite für Produktion vergeben werden. Und selbst bei dieser Einschränkung funktioniert es nicht ewig, was ich im Beitrag nur angedeutet habe. Soweit bin ich überzeugt und so weit vertrete ich es.

    Helfen Sie mir, das von Ihnen vorgeschlagene Konzept zu verstehen und zu prüfen.

    Welche Fragen werden vom System aufgeworfen und wie sieht die befriedigende Antwort aus?

    Wo wurde es erfolgreich praktiziert (regional beschränkte und zeitlich weit zurückliegende Beispiele sind völlig in Ordnung) und warum wurde es nicht viel häufiger und flächendeckender erfolgreich praktiziert?

  3. Johanniskraut sagt:

    Hallo Analytik,

    ich habe mal ein bischen in Deinen Artikeln gestöbert und habe besonderes Interesse an diesem hier gefunden, denn ich selber beschäftige mich seid Jahren mit dem Thema Geldsystem und kann Herrn Scharpf´s Kontraposition voll und ganz unterschreiben. Da er diese aber bisher nicht näher ausgeführt hat, will ich das versuchen:

    Schauen wir uns noch mal seinen Post an. Er fragt, was wäre wenn…

    …das als Kredit ausgegebene Geld nicht irgendwo weg genommen werden würde, sondern frisch gedruckt werden würde?

    Als ich das las, musste ich schmunzeln! Denn genauso verhält es sich im “fraktionalem Reserve System” ( = der Name unseres Geldsystems)! Nur das das Monopol Geld zu “drucken” nicht bei der Gemeide liegt, sondern bei den Banken. Und zwar bei allen Banken, den staatlichen (z.B. Sparkasse) und den privaten (z.B. Deutsche Bank). Und die Bedingungen unter denen die Banken Geld “drucken” dürfen ist dummerweise die Kreditvergabe…

    D.h. wenn eine Bank einen Kredit vergibt, produziert (“druckt”) sie neues Geld. Um es bildlich zu machen: Die 100.000 €, die nach “Prüfung” und Bewilligung Deines Kredites plötzlich auf Deinem Konto erscheinen, sind NICHT von woanders überwiesen worden, sondern extra neu produziert worden. Diesen Akt nennt man Geldschöpfung. Die Gesamtgeldmenge im Euroraum hat sich also gerade um diese 100.000 € erhöht.

    Jede Währung hat nur drei wirklich wichtige Fragen:
    1. Die Verbreitung. Kann Mensch überall damit bezahlen? Stichwort “gesetzliches Zahlungsmittel”
    2. Wie ist die Geldschöpfung geregelt?
    3. Wie ist die Geldvernichtung geregelt?

    Die zweite und dritte Frage sind die alles entscheidende Fragen! Wie ist die Geldschöpfung und die Geldvernichtung geregelt?

    Weltweit läuft die Geldschöpfung schlimmerweise über die Kreditvergabe! (obwohl ich bezweifeln möchte, dass die Russen, Chinesen oder Koreaner sich der, von den Amies dominierten Weltbank oder der BIZ unterordnen und somit können die vermutlich mit ihrer Währung machen, was sie wollen. Ich verstehe auch nicht Chinas Antrag, in den IWF-Währungskorb mit aufgenommen zu werden – aber das ist ein anderes Thema)
    Anlalog zur Geldschöpfung via Kreditvergabe ist die Geldvernichtung an die Kredittilgung gekoppelt. Das heißt jede Tilgung, die Du tätigst, verringert die Gesamtgeldmenge im Euroraum, um die Tilgungssumme. In der Praxis sieht das so aus, das die Bank verpflichtet ist in ihrer Bilanz Tilgungen zu streichen und somit zu vernichten (Stichwort Bilanzverkürzung).

    Was bedeutet das im wesentlichen, dass die Geldschöpfung/vernichtung durch die Kreditvergabe/tilgung bedingt ist?

    1. Alles Geld ist als Kredit in die Welt gekommen.
    2. Es gibt kein Zins unbelastetes Geld.
    3. Die Zinsen, die auf allem Geld liegen, werden nicht mitproduziert und verlangen nach neuem Geld auf dem wieder Zinsen liegen…
    4. Das System geht mathematisch schon nicht auf, weil die Zinsen nicht mitproduziert werden und auf allem Geld wieder Zinsen liegen.
    5. Wenn alle ihre Kredite zurückbezahlen, gibt es kein Zahlungsmittel mehr.
    6. Durch die Zinsen wird kontinuierlich umverteilt: von denen, die fleißig sind und etwas erschaffen, zu den Banken und Kapitalsammelbecken, bei denen sich aller gesellschaftlicher Reichtum aufgrund dieser Struktur zwangsläufig sammeln muss.
    7. Es fehlt ständig Geld im System, weil die gigantischen gehorteten Geldsummen der Superreichen durch die Zinsen Anspruch auf mehr Geld produzieren. Dieses fehlende Geld können die Eliten im wesentlichen durch zwei Möglichkeiten ranschaffen:
    7a. Durch Zwangsverarmung der eigenen Bevölkerung – man zwingt die Unter- und Mittelschicht zur Ausgabe ihrer Spar- und Notgroschen – was der eigentliche Grund und das eigentliche Ziel der Euroeinführung war.
    7b. Durch ausplündern der Nachbarstaaten (Krieg etc.)
    8. Da ständig Geld fehlt und niemand am Ende ohne Geld dastehen will, erschafft das Geldsystem eine Gesellschaft entsolidarisierter, eigennütziger Ellenbogenegoisten.

    So. Jetzt schauen wir uns die Liste noch mal an – und dann wird wahrscheinlich klar, warum Mensch unser Geldsystem (das fraktionale Reserve System) als das URSÄCHLICHSTE aller unserer Probleme betrachten sollte und ihm entsprechende Bedeutung beimessen sollte.

    Ich würde mich freuen, wenn Du das Thema Zins und Geldsystem noch mal aufgreifen würdest. Optimal wäre es m. E. den obigen Artikel zu ersetzen. Ich gehe auch gerne in jeglichen weiteren Austausch mit Dir – mail mir einfach.

    Zum Abschluss noch DER Filmtipp zum Thema:
    “Wie funktioniert Geld?”
    https://www.youtube.com/watch?v=9BrLrwbkQWQ

    Viel Spaß! 😉

    Als Alternative schlage ich ein System mit drei Grundpfeilern vor, die da wären:
    Monetative/BGE/ULG
    Aber dazu mehr an einem anderen Tag/Nacht 😉

  4. Analitik sagt:

    Hallo Johanniskraut,

    Ihre Kritik ist berechtigt, steht jedoch nicht im Widerspruch zu dem, was ich geschrieben habe. Mein Thema war, wo Kredite Sinn machen und wo nicht. Sie kritisieren, dass Kredite zur Geldschöpfung verwendet werden. Diese Themen muss man gesondert betrachten. Nicht jeder Kredit ist mit Geldschöpfung verbunden. Und unabhängig davon, ob mit einem Kredit neues Geld geschaffen wird oder nicht, kann der Kredit ein nützlicher oder ein schädlicher sein.

    Zum Thema “Geldschöpfung ausschließlich durch Kredit” kann ich auch etwas beitragen. Sie sagen, das es mathematisch nicht aufgeht. Das stimmt, die Geldmenge muss exponentiell wachsen und das kann nicht endlos gehen. Aber… das Prinzip wird schon über Jahrhunderte angewendet! Warum hat es so lange Zeit überlebt und wie begründen Sie, dass ausgerechnet jetzt die Schwelle der Tragfähigkeit überschritten ist? Diese Frage wird man Ihnen um die Ohren hauen. Dazu mein Beitrag: http://analitik.de/2015/08/24/entwicklung-weltbevoelkerung-folgen-gesellschaftliche-organisation-20713360/

    Während sich das Geld exponentiell vermehrte, vermehrte sich die Menschheit ebenso exponentiell. Deswegen war das System so lange tragfähig. Das Geldsystem verlangt auch weiterhin exponentielles Wachstum. Die Menschheit aber verlässt seit der zweiten Hälfte des letztes Jahrhunderts die Kurve des exponentiellen Wachstums. Genau da begannen die systematischen Probleme des Kapitalismus, die bis heute mit immer stärkerem faulem Zauber kaschiert wurden. Aber die Schere zwischen Geldmenge und Menschenmenge geht immer weiter auseinander. Das Kaschieren fällt immer schwerer. Eins der Systeme wird kollabieren und es wird nicht die Menschheit sein.

    Insofern haben Sie Recht, das Problem ist akut. Das Problem wird mit exponentiell steigender Geschwindigkeit akuter. Wir brauchen neue Ideen und Konzepte. Ein Film darüber, wie unser Geldsystem funktioniert, ist gut! Vielleicht noch wichtiger wäre ein Film darüber, wie das neue, alternative System aussehen könnte.

    Der Kapitalismus wird aber noch eine Zeitlang existieren. Noch gibt es weltweit eine relativ große Mittelschicht, die noch aufgefressen werden kann. Ich fürchte, sie wird noch aufgefressen werden (und das dauert ein paar Jährchen), bevor die Menschheit sich durchringt zu einer neuen finanziellen und wirtschaftlichen Organisationsform. Erst wenn der siechende Spätkapitalismus schmerzvoller sein wird als die Neuorganisation, wird es zu letzterer kommen. Und man muss sich keinen Illusionen hingeben: Eine Neuorganisation ist sehr sehr schmerzhaft. Schmerzhafter als unser derzeitiger siechender und wenig erfreulicher Zustand der Dauerwirtschaftskrise.

  5. CGB sagt:

    @Johanniskraut:
    Sie sind auf der richtigen Spur, Punkt 4 ihrer Liste ist allerdings falsch. Vergessen sie die “der Zins wird nicht mitgeschöpft-Geschichte”. Wenn sie diesen Punkt in Zusammenhang mit ihrem Punkt 7 durchdenken, kommen sie selbst d´rauf.
    @Analitik: Richard A. Werner unterscheidet 3 Arten Kredit:
    Investitionskredit, Konsumkredit und bitte nicht zu vernachlässigen: Spekulationskredit. Nach Werner ist nur dieser letzte für Blasenbildung verantwortlich. Die österreichische Schule vernachlässigt diese Form von Kredit ganz bewusst.
    @Johanniskraut: Nicht jede Bank kann zwangsläufig Geld schöpfen. Abgesehen von den USA können kleinere Banken in Leistungsbilanzdefizitstaaten dies nicht. Vollgeld geht am eigentlichen Thema vorbei, und das ist ganz beabsichtigt, sonst würde Weidmann (Stichwort Goethe Faust) sich diesbezüglich auch nicht wichtig machen.

    • Johanniskraut sagt:

      Zu Ihrem ersten Einwang:
      Wenn ich mir Punkt 4 ansehe und dann Punkt 7, dann sehe ich URSACHE (Punkt4) und Wirkung (Punkt7). Passt also alles wunderschön zusammen!

      Zu Ihrem zweiten Einwand:
      Sie sagen: “Vollgeld geht am eigentlichen Thema vorbei, und das ist ganz beabsichtigt, sonst würde Weidmann (Stichwort Goethe Faust) sich diesbezüglich auch nicht wichtig machen.”

      Also ich finde das Vollgeld (bzw. Monetative) eine wunderbare Alternative zu dem jetzigen Scheiß ist und keineswegs am Thema vorbei geht.

      Aber da Sie Ihre Behauptung diesbezüglich nicht begründen und so zu einem Argument wandeln, welches Aussagekraft hat (das mit Goethe und Weidman ist ja nun wirklich alles andere als ne Begründung), werde ich mich mit Ihnen auch weiter nicht auf eine Diskussion einlassen (wegen akuter Sinnlosigkeit).

  6. CGB sagt:

    @Analitik: Zu ihrer Aussage “Ein Verbraucherkredit heute senkt die Kaufkraft von morgen und damit die Wirtschaftsleistung von morgen.” Das stimmt nur in einer vollausgelasteten Wirtschaft. Aktuell trifft diese Aussage (Disinflation) nicht zu.
    Grundsätzlich gilt: Die Kaufkraft aus einem realwirtschaftlichen Kredit kompensiert den Entzug von Kaufkraft aus realwirtschaftlicher Ausgabenzurückhaltung, also Sparen in finanzwirtschaftlichen Titeln.

  7. CGB sagt:

    @Johanniskraut:
    “D.h. wenn eine Bank einen Kredit vergibt, produziert („druckt“) sie neues Geld. Um es bildlich zu machen: Die 100.000 €, die nach „Prüfung“ und Bewilligung Deines Kredites plötzlich auf Deinem Konto erscheinen, sind NICHT von woanders überwiesen worden, sondern extra neu produziert worden. Diesen Akt nennt man Geldschöpfung. Die Gesamtgeldmenge im Euroraum hat sich also gerade um diese 100.000 € erhöht.”
    Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Erstens würde keine Bank dann Refinanzierungskredite benötigen, zweitens siehe Fußnoten 9 und 10 hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Kredittheorie#cite_note-9

    • Johanniskraut sagt:

      Ich bin selber kein Banken-Bilanz-Buchhalter, der sich mit den Buchungsregeln der Banken bis ins kleinste Detail auskennt. Ich kann mir nur das ansehen, was andere dazu sagen und dann prüfen, wie weit das EHRLICHE Fachleute sind, oder sie mehr so aussehen, wie Propagandaspezialisten (im negativen Sinne). Und die jenigen, die ich gefunden habe, die wie EHRLICHE Fachleute reden und sich benommen haben, sagen genau das aus, was ich oben zur Geldschöpfung wieder gegeben habe.

      Sie dagegen sagen, dass die Bank dann keine Refinanzierungskredite bräuchte. Das eine Bank in Schieflage geraten kann und Refinanzierungskredite braucht, kann aber auch ganz andere Hintergründe haben.

      Und Ihre Fußnoten verstehe ich nicht. Auf so ein Terrain begebe ich mich auch generell nicht, da all diese komplizierten Wörter i.d.R. nur dazu dienen den eigentlichen Sachverhalt zu verschleiern. Formunlieren Sie es einfach nach voll ziehbar und alle werden sehen können, ob da was dran ist oder nicht.

  8. Johanniskraut sagt:

    Generell sind die Profies die sich gut damit auskennen und die ich noch nie dabei erwischen konnte, wie sie verwirrenden Unsinn reden folgende:

    Dirk Müller
    Prof. Bernd Senf
    Prof. Franz Hörmann

    Wer sich zu diesem Thema weiter informieren möchte: Man findet zahlreiche Videos dieser Koriphäen auf YouTube…

  9. Johanniskraut sagt:

    Und der Vollständigkeithalber noch ein paar Infos zu den drei bzw vier Begriffen Monetative/Vollgeld/ULG/BGE aus meinem ersten Post:

    Monetative/Vollgeld
    Bezeichnet die Möglichkeit den Banken das Geldschöpfungsmonopol zu entreißen und es dem Staat zu zu führen, welcher es dann über eine neu zu gründende vierte Staatsgewalt – die Monetative – ausübt. Das wiederum würde zu einem Zustand führen den man “Vollgeld” nennt -> die Banken dürfen nur noch das Geld verleihen, dass sie auch tatsächlich besitzen.

    BGE = Bedinngungsloses Grundeinkommen
    Eine super Sache, dei sehr schön in diesem Film erklärt wird: https://www.youtube.com/watch?v=ExRs75isitw
    Zur Betrachtung wie das Geld produziert wird (Monetative) kommt die Frage, wie es verteilt wird. Und das könnte mittels des BGE´s geschehen.

    ULG = Umlaufsicherungsgebühr
    Jedes Geldsystem braucht ein Geldschöpfungsmechanismus und ein Geldvernichtungsmechanismus, damit es möglich wird die zirkulierende Gesamtgeldmenge einer Währung zu senken, oder zu erhöhen. Nur so kann die Zentrale Institution den Nullpunkt zwischen Inflation und Deflation ansteuern und halten. Heute ist der Geldschöpfungsmechanismus die Kreditvergabe und der Geldvernichtungsmechanismus die Kredittilgung. Im Alternativsystem ist es die Monetative und die ULG. Die ULG ist ein prozentualer Teil von sagen wir beispielsweise 1%, der auf allem Geld liegt und monatlich fällig wird. Hast Du 100,- € auf dem Konto, so sind es im kommenden Monat nur noch 99,- € usw. So kann die zentrale Institution effektiv die Gesammtgeldmenge verringern und einer Inflation vorbeugen. Dieses System ist von Silvio Gesell erfunden worden und in Wörgl (Östereich) über die Maßen erfolgreich getestet worden, bevor es von der dortigen Zentralbank wegen extremen Erfolges verboten wurde. Mann nannte es damals (in den 30gern): “Das Wunder von Wörgl”

  10. Johanniskraut sagt:

    Hab ich vergessen hin zu zu fügen: die obigen drei Maßnahmen in Kombination wären unschlagbar(!) – einzelnd bringen sie kaum diesen Erfolg…