Am 22. November 2016 hat Putin an einer Sitzung der “Gesamtrussischen Volksfront” teilgenommen. Die “Gesamtrussische Volksfront” ist ein von Putin initiierter Zusammenschluss unterschiedlicher gesellschaftlicher und politischer Bewegungen, der das tut, was westliche NGOs nur behaupten – das Leben der russischen Bürger in Russland zu verbessern. Die regelmäßige aktive Teilnahme bei dieser Bewegung ist für Putin einer von mehreren Kanälen, um die Stimmungen und Probleme an der Bevölkerungsbasis direkt (ohne zusätzliche Vermittler) wahrzunehmen.
Bei diesem Treffen im November 2016 hat es folgenden Dialog gegeben:
Gofmann: Guten Tag an alle. Ich bin Viktor Gofmann aus Kaliningad, unserer westlichsten Stadt. Wir haben natürlich auch eine Frage, unsere gesamte Delegation ist hier versammelt.
Ich bin Mitglied im Direktorium eines der größten landwirtschaftlichen Unternehmen in der Region Kaliningrad, (….)
Ich habe eine Frage von allen unseren Unternehmern. Wir haben uns gut eingerichtet, arbeiten recht bequem und sehr gut. Aber was ist die Perspektive, Wladimir Wladimirowitsch?
Herr Richter [ein Deutscher, der eine Wurstfabrik in Kaliningrad betreibt] sagt mir: ‘Grüße ihn von mir, wenn es geht. Und auf keinen Fall die Sanktionen aussetzen. Auf keinen Fall, insbesondere in der Region Kaliningrad’. [Applaus] Wir sind sehr davon abhängig, Wladimir Wladimirowitsch. Und wir würden gerne… Weil wir planen, in diesem Jahr unseren Viehbestand um Eintausend zu erhöhen. Das sind große Risiken, große Investitionen, die Investitionen belaufen sich bereits auf Milliarden [Rubel]. Deshalb hätten wir gern Sicherheit.
Putin: Grüßen Sie Herrn Richter von mir.
Interessante Situation. Herr Richter ist aus Deutschland zu uns gekommen und tritt dafür ein, dass wir unsere Gegenmaßnahmen möglichst lange aufrecht erhalten – das sind keine Sanktionen – dass sind Gegenmaßnahmen zum Schutz unseres Binnenmarktes. Warum passiert das? Verständlich, er hat offenbar sein Geld in diese Produktion investiert, das ist alles, er ist daran interessiert, dass wir die dominierende Position auf unserem Binnenmarkt erhalten.
In diesem Zusammenhang möchte ich folgendes sagen. Wir haben das wirklich bewusst gemacht und haben dabei im Grunde genommen die, sagen wir es offen, nicht weitsichtigen Entscheidungen ausgenutzt, die gegen uns von Seiten unserer sogenannten Partner getroffen wurden, als die Sanktionen gegen uns eingeführt wurden, und wir haben das ausgenutzt und im Gegenzug die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten in unseren Markt begrenzt, und haben damit Bedingungen für landwirtschaftliche Produktion in unserem eigenen Land geschaffen. Und natürlich sind alle landwirtschaftlichen Produzenten in unserem Land daran interessiert, dass diese Situation möglichst lange unverändert bleibt.
Und jetzt spreche ich eine unerwartete, in Ihren Augen vielleicht sogar kriminelle, Sache an: Aber der Konsument ist daran interessiert, qualitativ hochwertige Ware zum günstigsten Preis zu bekommen. Und deshalb müssen wir Konkurrenzbedingungen schaffen. [Applaus, auch von Gofmann] Und wir haben viel mehr Konsumenten als Produzenten. Sehen Sie, Sie sind mit mir einverstanden, das freut mich sehr. Aber ich verstehe Sie auch und kann Ihnen im Geheimen verraten: Wir werden es so lange wie möglich hinauszögern. [Lachen und Applaus im Saal]
Den kompletten Dialog kann man sich hier als Video anschauen oder in der obigen Verlinkung durchlesen.
2014 hat das Sanktionstheater begonnen, 2016 trug es bereits erste Früchte für die russische Wirtschaft. So sehr, dass die Produzenten in Russland flehentlich darum bitten, die russischen Gegenmaßnahmen/Gegensanktionen aufrecht zu erhalten. Putin warnt die Produzenten davor, sich auf dieser Hilfe auszuruhen und mahnt, die russischen Sanktionen als Starthilfe für eine effektive Produktion zu nutzen, die in absehbarer Zeit ohne Hilfe konkurrenzfähig sein muss. Putin verspricht aber auch, die Sanktionen als Hilfsmittel noch eine Zeitlang aufrecht zu erhalten.
Das war November 2016.
Dezember 2016: Die EU verlängert die Sanktionen gegen Russland um ein weiteres halbes Jahr.
Juni 2017: Die EU verlängert die Sanktionen gegen Russland um ein weiteres halbes Jahr.
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