“Im Kanzleramt ist von ‘gefährlicher Propaganda’ die Rede”, schreibt der Spiegel.
Wow.
“Propaganda” ist ein starkes Wort in Deutschland, reserviert für die Bösen. Dieser klangvolle Begriff wird nun direkt gegen die USA eingesetzt.
Dass sich ein Graben zwischen USA und EU auftut, wurde spätestens auf der Münchner Sicherheitskonferenz deutlich. Schon da konnte der Zwist nicht mehr verborgen werden. Jetzt wird es aber richtig heiß.
Verweilen wir einen Augenblick beim aktuellen Spiegel-Artikel. Der Vorwurf der Propaganda kommt aus dem Kanzleramt, also von ganz oben, also von der Kanzlerin. Er wurde dem Spiegel zugesteckt, der Unmut wird damit öffentlich gemacht. Das ist ein starkes diplomatisches Signal. Hinter verschlossenen Türen wissen die USA und EU natürlich längst, dass sie im Ukraine-Konflikt nicht einer Meinung sind. Sie haben längst darüber diskutiert. Dass die Differenzen mit einer derartigen Knaller-Meldung an die Öffentlichkeit gebracht werden, ist ein unmissverständliches Zeichen an die USA, dass die EU es ernst meint. Das ist eine Meuterei. Deutschland bekennt sich als Anführer der Meuterer, die anderen wollen ungenannt bleiben, werden aber mehrfach demonstrativ erwähnt (“mehrere Allierte”, “aus den Hauptstädten”).
Als wäre das noch nicht genug, spricht sich Verteidigungsministerin von der Leyen für eine eigene EU-Armee aus, “die Nato brauche ein stärkeres europäisches Profil”. Das sagt sie auf einer Tagung mit dem Titel “USA – fremder Freund?”. Übersetzt aus der Sprache der Diplomatie in Alltagsdeutsch heißt das: USA, wir haben die Schnauze voll davon, deine Vassalen zu sein. Wir wollen selbst entscheiden, wie wir unsere Außen- und Sicherheitspolitik gestalten.
Die Idee der EU-Armee ist nicht neu. Sie wird unter dem Deckmantel der NATO-Zusammenarbeit vorangetrieben. Von der Leyen propagiert diese Idee regelmäßig. Dass sie das nun wieder mit aller Deutlichkeit tut und das Kanzleramt gleichzeitig die USA der Propaganda bezichtigt, dürfte kaum ein Zufall sein, sondern vielmehr eine Medienkampagne, die den Ernst der Absichten unterstreicht.
Der Spiegel-Artikel wird Wellen schlagen. Aber auch von der Leyens Auftritt bei einer Ihnen möglicherweise völlig unbekannten evangelischen Akademie ist im Ausland nicht verborgen geblieben.
Ich bin auf die Antwort der USA gespannt.
Nachtrag, 08. März 2015:
Weitere Politiker schließen sich der Kampagne an:
- Jean-Claud Juncker
- Norbert Röttgen, CDU
- Hans-Peter Bartels, SPD
- Javier Solana, Spanien
Über Länder- und Parteigrenzen hinweg. Die EU meint es ernst.
Nachtrag, 09. März 2015:
Merkel und Steinmeiner begrüßen die Idee ebenfalls.
Beachten Sie nicht nur den Inhalt der Kampagne, sondern auch wie sie in den Medien lanciert wurde.
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