Warum Russland am meisten an der Erhaltung einer einigen Ukraine interessiert ist

Die Ukraine ist dabei, in Stücke zu zerfallen. Nicht nur der Osten des Landes will sich abspalten, auch im Westen sind enorme separatistische Kräfte aktiv. Kandidat Nr. 1 für die Abspaltung ist nicht etwa DVR oder LVR, sondern Galizien im Westen der Ukraine. Dort wartet man nur darauf, dass die Zentralregierung in Kiew kollabiert, um endlich nach Polen heimkehren zu können. Polen seinerseits diskutiert öffentlich eine Neuteilung der Ukraine und signalisiert unmissverständlich, dass es bereit ist, Galizien aufzunehmen:


Polens Vorschlag für Neuaufteilung der Ukraine

Offiziell sprechen sich alle dafür aus, dass die Einheit der Ukraine gewahrt werden muss. Tatsächlich sind nicht alle daran interessiert. Schauen wir uns an, wie die Interessen der beiden entscheidenden Konfliktteilnehmer aussehen: USA und Russland.

Die USA würden sich tierisch freuen, wenn die Ukraine auseinander bricht. Insbesondere sind sie daran interessiert, dass sich DVR und LVR endlich abspalten. Warum? Sie haben aus der Ukraine ein Anti-Russland gebastelt. Das heutige Nationalbewusstsein der Ukraine besteht darin, anti-russisch zu sein. Das haben die USA nicht aus Spaß angestrebt, sondern um die Ukraine gegen Russland zu hetzen, idealerweise in einem Krieg. Ein Eiserner Vorhang würde auch reichen.

DVR und LVR sind innerhalb der Ukraine ein Anti-Anti-Russland. Solange sie Teil der Ukraine sind, kann die Ukraine intern keinen anti-russischen Konsens erreichen. So lange kann die Ukraine nicht die ihr zugedachte Funktion in vollem Umfang erfüllen.

Sobald sich der Südosten abspaltet, kann der Rest der Ukraine endlich in Gänze zum Anti-Russland werden. Deswegen tun die USA alles dafür, dass der Südosten sich abspaltet. Sie veranlassen die Ukraine, Wohngebiete, Schulen und Krankenhäuser im Donbass zu zerbomben. Das schürt den Hass der örtlichen Bevölkerung und fördert separatistische Tendenzen. Würden Sie gern einem Staat angehören, der Sie täglich zubombt?

Sobald sich der russischstämmige Südosten der Ukraine abspaltet, verliert Russland jeglichen Einfluss auf den Rest der Ukraine. Das ist das absolute Maximum dessen, was die USA in der Ukraine noch erreichen können.

Für Russland gilt das alles mit umgekehrten Vorzeichen. Solange DVR und LVR Teil der Ukraine sind, verhindern sie von innen heraus, dass die Ukraine anti-russisch wird. Solange Donezk und Lugansk mit ihren Gebieten Teil der Ukraine bleiben, muss sich die Ukraine innenpolitisch mit den Wünschen und Zielen des Ostens auseinander setzen und diese Wünsche in die Landespolitik integrieren. Solange der Südosten der Ukraine in der Ukraine bleibt, hat Russland die Chance, auf die ganze Ukraine Einfluss zu nehmen. Ein paar östliche Gebiete helfen Russland nicht weiter, wenn der große Rest der Ukraine zum Feind wird und dann noch der NATO beitritt.

Aus diesem Grund war Wladimir Putin gegen die Referenden in Lugansk und Donezk. Aus diesem Grund wurden in den anderen Regionen des Südostens solche Referenden von Russland verhindert. Aus diesem Grund ist die Hryvnja immer noch die offizielle Währung von LDVR, obwohl es starke Bemühungen gab, auf eine eigene Währung oder den Rubel zu wechseln.

Wenn Sie die Interviews von DVR-Präsident Sacharchenko mitverfolgen (auf den rechts verlinkten Saker-Seiten gibt es sie mit englischen und deutschen Untertiteln), werden Sie einen Sinneswandel mitbekommen haben. Seine anfangs separatistische Rhetorik ist komplett verschwunden. Heute betont er demonstrativ, dass DNR Teil der Ukraine ist und man eine innerukrainische Lösung im Dialog finden müsse. Russlands Interesse an der Einigkeit der Ukraine ist so groß, dass sie die Separatisten umpolen und von der Idee des Separatismus abbringen.

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3 Kommentare zu “Warum Russland am meisten an der Erhaltung einer einigen Ukraine interessiert ist
  1. angband sagt:

    In der Ukraine hat sich seit der Unabhängigkeit nur eine recht geringe nationale Identität entwickelt – viel Zeit blieb schließlich ja auch nicht. Dadurch, dass das Land seit einiger Zeit im Zentrum eines Konfliktes zwischen den USA und Russland steht, wurden vormals unterschwellige oder nicht vorhandene Gegensätze zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen hervorgerufen und von allen Seiten geschürt. Wie ein normales Zusammenleben innerhalb einer Nation nach einem solchen Bürgerkrieg überhaupt möglich sein soll, steht in den Sternen.

    Ich finde es unverständlich, wie man die russischen Initiativen, die seit der durch den “Euromaidan” eingesetzten “faschistischen Putsch-Regierung” wohl ganz klar auf eine Destabilisierung des Landes und eine Bestärkung sämtlicher separatistischer Strömungen abzielt, als integrativ und förderlich für die Erhaltung der staatlichen Struktur der Ukraine bezeichnen kann. Vor einem Jahr noch wurde die Krim einseitig annektiert, schon vergessen? Welche Signale ein solcher Schritt an andere Landesteile sendet, darf nicht außer Acht gelassen werden.

    Mr. Putin möchte sich gerne als Friedensstifter darstellen, der gerne sein bestes tut um den KOnflikt zu lösen. Falls er dann doch mal russische Soldaten auf fremdem Staatsgebiet einsetzen muss – was soll’s? Diese einseitige Sichtweise übernimmst du hier leider. Russland bemüht zur Zeit verstärkt traditionelle Feindbilder wie die USA und Polen. Das ist Teil der Strategie und Teil der (hybriden) Kriegsführung. Einerseits die eigenen Soldaten in ein anderes Land schicken (Krim, Ostukraine) und sich andererseits als Friedensengel und Beschützer gegenüber der bösen westlichen Invasoren darstellen – Russland scheint diese Taktik, die vom Weltpolizisten USA lange verwendet wurde und immer noch wird, abgekupfert und verbessert zu haben. Wenn es nicht so ernst wäre, dann wäre es geradezu lachhaft.

    • Zu zweien ihrer Bemerkungen möchte ich Sie einladen, noch mal sich kundig zu machen, um einen anderen Blick auf die Ereignisse zu bekommen, somit einen erweiterten Blick und Antwort auf die Frage, Wem nutzt es?
      Erstens zu Ihrer Aussage Russland. hat die Krim annektiert, wem nutzt es? Zunächst nutzt die Sichtweise „Annexion“ mit Sicherheit den USA, weil diese somit Sanktionen verhängen können, ihre Vasallen in EU dazu zwingen, es zu tun. (Eu wollte nämlich gar keine Sanktionen). Die USA sind die Gewinner, denn sie sind einen Marktkonkurrenten los. Jetzt können sie ihr Fracking Gas schön teuer nach Europa schiffen. Und viele andere Produkte mehr. Also muss die Sichtweise auf die Sache unbedingt eine Annexion bleiben. Aber bei genauerer Betrachtung waren die Krimbewohner im Recht, eine Sezession zu beantragen. Denn sie hatten nach der gewaltsamen Machtübernahme in Kiew vor allem durch Vertreter des Rechten Sektors berechtigte Ängste. Das erste, was dort verkündet wurde war, die russische Sprache zu verbieten. Dazu wurde laut vernehmbar vom Mob auf der Straße ( und Regierungsvertretern) gebrüllt, „Tot den Russen“. Es gab noch den Mord an Antimaidan – Demonstranten in Odessa und in anderen Städten blutige Niederschlagungen von Demonstrationen der Putschgegner.
      Nun sehen Sie mal nach bei Wikipedia unter Völkerrecht. Und es gibt zu „Referendum Krim“ bei Youtube unzählige Videos zu diesem Thema. Es wäre sehr positiv und demokratisch, wenn sich die EU/USA durchringen könnte, das Wort Sezession zu benutzen, aber dann gäbe es keinen Grund mehr für Sanktionen und keinen Nutzen mehr für USA. Aber, Es geht um das Selbstbestimmungsrecht der Bürger. Allerdings eben nur, wenn es eine Art Notwehr ist. Wikipedia: „Nur wenn der Staat die nach Autonomie oder gar einem eigenen Staat strebende Minderheit durch seine Herrschaftsausübung diskriminiert, kann er seinen Anspruch auf territoriale Integrität nach dem gegenwärtigen Völkerrecht verwirken.“[11] Nach Karl Doehring hat das Selbstbestimmungsrecht den Charakter eines Notwehrrechts: wenn eine ethnische Gruppe in fundamentaler Weise diskriminiert werde und zwar gerade aufgrund ihrer Gruppeneigenschaften, dann habe sie ein Recht auf Sezession.[12], …

      Noch zum Einmarschieren auf der Krim. Russland hat schon immer viele Soldaten auf der Krim stationiert (Flotte Sevastopol), die brauchten also nicht einzumarschieren. Wovor Putin Angst hatte, dass das ukrainische Militär bei der Abstimmung Schwierigkeiten macht. Hier die Links:
      „Putin hat die Krim nicht annektiert.“ Prof. Dr. iur. Karl Albrecht Schachtschneider
      https://www.youtube.com/watch?annotation_id=551e299b-0000-2a9f-97f5-001a113e8f44&feature=iv&src_vid=zO2AJXOQAJg&v=Y8OJ07D7gPI

      Zweitens: Thema Zerstückelung des Landes. Es ist nicht die Russ. Föderation, die das Land zerstückelt und auch, dass dort russ. Soldaten eingesetzt sind, stimmt einfach nicht. Was sollten denn die Russen davon haben? Haben etwa die Russen die Faschisten in Kiew eingesetzt, die rufen „Tot den Russen“ ? Die Methode der Zerstückelung, des Aufhetzens der Volksgruppen aufeinander hat Methode, aber nicht bei den Russen. George Friedman (Think Tank Chicago siehe Video unten): „Also, wir sind nicht in der Lage, überall militärisch zu intervenieren, aber wir sind in der Lage in erster Linie, die gegen einander kämpfenden Mächte zu unterstützen, damit sie ihre Aufmerksamkeit aufeinander lenken. Sie unterstützen politisch, finanziell, Waffen liefern, und die US-Berater aussenden.“
      Wo haben die USA das überall schon praktiziert? Schauen Sie sich die arabischen Länder an. Alles Chaos, Durcheinander, endlose Bürgerkriege. Wem nutzt es? Wer verdient dran? Wer sitzt dort in den Ländern und kontrolliert die Ölquellen und Pipelines?
      Hier George Friedman in einem Vortrag für The Chicago Council on Global Affairs über die geopolitischen Hintergründe der gegenwärtigen Ukraine-Krise und globalen Situation insgesamt:
      STRATFOR: US-Hauptziel seit einem Jahrhundert war Bündnis Russland+Deutschland zu verhindern
      https://www.youtube.com/watch?v=oaL5wCY99l8&t=366

      Ganz brandneu gestern gefunden eine hervorragende Analyse, die jeder ernsthaft wissenwollende lesen sollte:
      „Was will Putin“
      http://vineyardsaker.de/ukraine/was-will-putin-eine-grundlegende-analyse-von-rostislav-ishchenko-muss-man-lesen/

      http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/04/12/franzoesischer-geheimdienst-russland-plante-nie-eine-invasion-in-der-ukraine/

      „Ukrainischer Geheimdienst Chef packt aus: USA stehen hinter dem Putsch in Kiew“
      https://www.youtube.com/watch?v=JSJhi95cryo

      http://de.sputniknews.com/german.ruvr.ru/news/2014_08_01/UN-Schlusse-bestatigen-dass-Russland-nicht-an-Eskalation-in-Ukraine-beteiligt-ist-Au-enamt-0732/

      „Willy Wimmer: USA zerstören laufend das Völkerrecht! Nuklearkrieg, es würde nichts übrig bleiben“
      https://www.youtube.com/watch?v=4-HU98tk0ck&index=6&list=UUljy6_3EPeAybTZ6huAnyjw

      „Unglaubliches in der Ukraine! Incredible in Ukraine! Sponsored by US/EU?!”
      https://www.youtube.com/watch?v=UOhBk748vHs

      Ukrainischer Journalist ruft im ukrain.TV zum Mord an Ostukrainern auf
      Veröffentlicht am 31.07.2014
      https://www.youtube.com/watch?v=94WlwxYX2tE

      „Ukrainische Militärs sprechen Klartext: “Wir beschießen unsere Städte”“
      https://www.youtube.com/watch?v=Uz_Xvt7xlbw

    • 1) Nur eine geringe Zeit für eine ukrainische Identität?

      Da sind Sie mit der Geschichte wohl nicht sehr vertraut.
      Seit 85 Jahren versucht der ukrainische Faschismus nicht nur eine ukrainische Identität zu schaffen, sondern alles Nichtukrainische auszurotten, zu töten, zu vertreiben.

      http://remembers.tv/die-geschichte-des-ukrainischen-faschismus-1929-2015/

      2) Auch wenn es alle transatlantischen Medien schreiben, das war keine “Annexion”.
      (Da könnte man eher bei der deutschen Wiedervereinigung von Annexion reden, obwohl das genauso ein falscher Ausdruck wäre)

      Und völkrerrechtswidrig waren die Vorgänge auf der Krim auch nicht, nicht einmal gegen die ukrainische Verfassung. Erst 14 Tage NACH dem Referendum wurde die ukrainische Verfassung dementsprechend geändert.

      Hören Sie sich Prof.Reinhard Merkel, DEN Völkerrechtsexperten Deutschlands, an
      http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-krim-und-das-voelkerrecht-kuehle-ironie-der-geschichte-12884464.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

      http s://www.youtube.com/watch?v=nyEW_6kPulk
      (kein Leerraum hinter dem http)

      3) Russland setzt keine russischen Soldaten in der Ukraine ein. Putin will dieses wirschaftlich am Boden liegende Land gar nicht haben. Dazu kommen die Faschisten in der Ukraine.
      Die Sowjetunion brauchte nach dem Krieg eta 10-13 Jahre, um dort den Faschismus einzudämmen.
      Das wäre heute nicht anders.

      4) Die Krim ist etwas ganz anderes.
      Erstens war die Krim immer russisch und wurde – wegen einer Verwaltungsvereinfachung – von Chrutschow seiner Heimat Ukraine “geschenkt” Zwar völkerrechtlich nicht ok, aber in der UdSSR kein Problem.
      Seit 1991 versucht die Krim, wieder zu Russland zu kommen.
      Im Gegensatz zu anderen Gebieten leben dort fast nur Russen.
      Und was eine entscheidende Rolle spielte, war der strategisch wichtige Schwarzmeerhafen, für den Turschinow den Pachtvertrag kündigen wollte (Vorbereitungen für einen Stützpunkt der NATO wurden schon getroffen.)