Demokratie vs Queen

Boris Johnson hat seine Königin gebeten, das unliebsame Parlament in außergewöhnlich langen wochenlangen Urlaub zu schicken, damit es keine Gesetzesinitiativen gegen den harten Brexit anzetteln kann. Die Königin hat sich nicht lange bitten lassen und schnell zugestimmt.

Jetzt schäumt die ganze Welt. Oh, böser, undemokratischer Boris! Du bist ein Schandfleck auf der mustergültigen britischen Demokratie!

Der unverhohlene Widerspruch, der einem wie ein Löwe ins Gesicht springt, ist den Lesern dieses Blogs hoffentlich aufgefallen. Es ist die Königin, die entscheidet und mit ihrer Entscheidung das Parlament lahmlegt. Es ist die Königin, die die Freiheit hatte, das Parlament nicht zu lähmen. Johnson hat in dieser Frage keinerlei Befugnis, er darf einzig den Vorschlag unterbreiten.

Der Presse ist das egal. Es ist natürlich einzig Johnson, der die Demokratie zersetzt. Dabei müssten logischerweise alle über die Königin aufheulen. Was sagt uns das Verhalten der Presse über ihren Zustand aus? Die Presse hat entweder jegliche Scham verloren und hält ihre Kunden für vollendete Idioten, oder die Presse ist selbst zum vollendeten Idioten degradiert und glaubt selbst an die idiotischen Aufreger, die sie verbreitet.

Schauen Sie, was Spon seinen Lesern andreht:

Zumindest theoretisch hätte auch die Queen noch ein Wörtchen mitreden können – schließlich ist es formal ihre Aufgabe, das Parlament einzusetzen und wieder einzuberufen. Corbyn hat der Queen einen Brief geschrieben. Doch die Queen akzeptierte Johnsons Bitte – und stimmte der Aussetzung des Parlaments zu. Andernfalls hätte sie auch etwas getan, was kaum vorstellbar ist: aktiv Politik.

Die westliche Welt zerbröselt vor unseren Augen und mit ihr die westlichen Mythen über sich selbst. Die sinkende Titanik stellt sich schon hochkant, aber das Orchester spielt ungeniert weiter und behauptet stumpf, dass die Titanik ein geiles, unsinkbares Schiff ist.

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