Von der freien Wirtschaft

Ein Raunen geht durch die Presse. Airbus stellt die Herstellung des A380 ein und wie sich jetzt für die Öffentlichkeit herausstellt, hat für dieses Projekt allein der deutsche Staat knapp eine Milliarde Euro Kredit vergeben, von dem zwei Drittel noch nicht zurückgezahlt sind und vermutlich nicht zurückgezahlt werden.

Die EU streitet sich mit den USA seit anderthalb Jahrzehnten vor dem WTO-Gericht, ob solche Kredite der EU-Staaten an Airbus überhaupt rechtens sind. Die USA geben ihrem Flugzeugbauer Boeing keine Kredite, sondern fördern die heimische Industrie mit freiwirtschaftlich sauberen staatlichen Zuschüssen.

Und die Moral von der Geschicht? Wirtschaftsgiganten wie Boeing und Airbus können nicht ohne direkte und umfassende Staatshilfen ihres Heimatlandes. Wer einen Schritt weiterdenkt, vermag sich auszumalen, wofür die Staatsvertreter auf ihren Auslandsreisen ganze Delegationen von Wirtschaftsvertretern im Schlepptau haben. Auf der einen Seite bürgt der Staat mit dem Geld der Steuerzahler dafür, dass das angebotene Produkt vom freiwirtschaftlichen Anbieter tatsächlich entwickelt und gebaut wird. Auf der Gegenseite bürgt der Staat mit dem Geld der Steuerzahler dafür, dass das angebotene Produkt vom freiwirtschaftlichen Vertragspartner tatsächlich im ausgehandelten Umfang gekauft wird. Freiwirtschaftliche Banken wollen derart große freiwirtschaftliche Deals nicht mit Krediten stützen – sonst wären Kredite vom Staat nicht notwendig.

Ohne den Staat geht nichts. Außer in den Märchen von der freien Wirtschaft und dem schlanken Staat. Das betrifft nicht nur die Flugzeugbauindustrie. Für die deutsche Fahrzeugindustrie etwa wurde das deutsche Sozialsystem ausgewaschen. Die europäische Milchindustrie expandiert auf Weltmärkte dank der EU-Subventionen. Bei den Ölgiganten ist es noch deutlicher, da müssen die weltweit verstreuten Förderfelder von den Streitkräften des heimischen Staates militärisch beschützt werden, um die freiwirtschaftliche Förderung von Ressourcen überhaupt zu ermöglichen. Und so weiter, und so fort. Mal sind es Steuernachlässe, mal Staatszuschüsse, mal Staatskredite, mal Friedenstruppen – im Kern ist es immer staatliche Hilfe, ohne die die freie Wirtschaft im globalen Machtkampf verrecken würde.

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