Netanjahu hat sich so viel Mühe gegeben mit seiner Präsentation. Iran habe ein verdecktes Atomwaffenprogramm. Internationale Gemeinschaft, erhebe dich gegen den Bösewicht! Das Ergebnis hat sich der israelische Ministerpräsident sicher anders vorgestellt, sonst hätte er die Präsentation nicht halten müssen. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die EU und die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) erteilten Netanjahu umgehend eine Abfuhr. Es gebe keine glaubwürdigen Hinweise auf eine Fortführung des iranischen Atomwaffenprogramms, der iranische Atomdeal bleibt. Nur Trump stand Netanjahu bei, jedenfalls für ein paar Stunden. Dann stellte eine Pressesprecherin klar, dass es sich um einen Tippfehler handelte. Das Weiße Haus behaupte keinesfalls, dass Iran aktuell ein Atomwaffenprogramm hat.
Israel versucht derzeit vieles, um die Situation im Nahen Osten zu eskalieren. Das Kalkül besteht wohl darin, die USA in einen Krieg gegen den Iran zu ziehen. Aber die westliche Gemeinschaft hat darauf überhaupt keine Lust. Auch Trump nicht, von dem viele immer noch glauben, er sei ein großer Freund Netanjahus. Am 30. April hat Trump auf einer Pressekonferenz mit dem nigerianischen Präsidenten folgendes gesagt:
we more and more are not wanting to be the policeman of the world. And we’re spending tremendous amounts of money for decades on policing the world, and that shouldn’t be our priority. We want to police ourselves, and we want to rebuild our country.
Trump verweigert öffentlich – einmal mehr – die Polizisten-Rolle der USA in der Welt und erklärt, dass die USA sich auf sich selbst konzentrieren werden. Trump hat nicht einmal die verbale Bereitschaft für neue Kriegsabenteuer, geschweige denn die Bereitschaft für echte Kriegstaten. Im Gegenteil, er schließt sämtliche Abenteuer kategorisch aus.
Und selbst in den höchsten jüdischen Eliten ist man sich nicht mehr einig. Baron Rothschild lässt öffentlich verkünden, dass Netanjahu keine Beweise für eine Verletzung des Atomdeals vorgelegt hat (“he has presented no evidence that Iran is violating the agreement”).
Netanjahus Theater ist krachend gescheitert.
Was Trump aber tun könnte, und hoffentlich auch tun wird, ist die Aussetzung des Iran-Deals seitens der USA. Er droht regelmäßig und laut damit und hat die EU gezwungen, sich klar zu positionieren. Die EU hat sich klar für den Iran-Deal positioniert. Jetzt muss Trump seine Drohung nur noch wahrmachen, um den Riss zwischen den USA und der EU schlagartig um weitere Kilometer zu vergrößern. Und auch den Riss zwischen Israel und dem Rest der Welt.
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Nachtrag, 4. Mai 2018: Netanjahu ist natürlich Israels Ministerpräsident. Und Großbritannien wird mit nn geschrieben. Danke an den aufmerksamen Leser für die Hinweise!
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