Eine Stellenanzeige im Informationskrieg

Nicht zum ersten mal machen Leser auf Stellenanzeigen aufmerksam, bei denen die NATO Statisten sucht. Aktuell ist es diese Stellenanzeige:

Russisch – Rollenspieler /innen für NATO Übungen gesucht

1. Hintergrund

Gesucht werden Statisten für Rollenspiele bei Trainingseinsätzen der U.S. Army. Durch die Statisten wird die Zivilbevölkerung in Krisengebieten dargestellt. Dadurch wird ein realitätsnahes Übungsszenario für die Soldaten und somit eine optimale Vorbereitung für deren Auslandsmissionen erreicht.

(….)

5. Tätigkeitsbeschreibung

Die Teilnehmer spielen kleine Statistenrollen wie z. B. ein Viehzüchter, Ladenbesitzer oder auch der Bürgermeister eines Dorfes in Afghanistan der hin und wieder auch mit den anwesenden U.S. Streitkräften vermittelt und verhandelt. Auf dem Übungsgelände sind bis zu 10 Dörfer künstlich angelegt die jeweils aus 10 bis 30 Häusern bestehen.

Seit wann sprechen afghanische Viehzüchter und Ladenbesitzer Russisch?

Die Statisten werden für zwei Wochen gebucht und halten sich ohne Telefon und Internet durchgehend auf einem Truppenübungsplatz auf. Eine ideale Gelegenheit, um Agenten anzuwerben. In den zwei Wochen kann man die Eignung der Kandidaten ausgiebig testen.

Afghanistan wird von den USA als Ausgangspunkt für viele Operationen gegen Russland verwendet, angefangen in den späten 70-ern. Die CIA hat ein sowjetfeindliches Regime in Afghanistan (ein Nachbarland der Sowjetunion, analoges Vorgehen wie jüngst in der Ukraine) gefördert und damit die Sowjetunion zum Eingreifen provoziert. Als die Sowjetunion eingegriffen hat, wurde islamistischer Terrorismus entfacht und bezahlt, um der Sowjetunion möglichst großen Schaden zuzufügen. Später war Afghanistan Ausbildungs- und Rückzugsort für kaukasische Terroristen und damit ein entscheidender Faktor in den kaukasischen Kriegen Russlands. Diese Arbeit geht auch heute weiter. Es reicht nicht mehr, um einen Krieg in Russland zu entfachen, aber an Terror mangelt es in den kaukasischen Regionen Russlands nicht. Afghanistan wurde auch benutzt, um Russland mit Heroin zu fluten und auf diese Weise die russische Gesellschaft zu zersetzen. Für die Destabilisierung der zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken diente und dient Afghanistan als zentraler Stützpunkt. Leider gibt es zu viele hässliche Gründe, wofür die USA Agenten mit Russisch-Kenntnissen in Afghanistan brauchen.

Man kann nicht ausschließen, dass die Übung gar keinen Bezug zu Afghanistan hat. In einer vorherigen Anzeige wurden Statistischen mit Arabisch-Kenntnissen gesucht und der Text war fast identisch. Möglich ist, dass die gleiche Tätigkeitsbeschreibung immer wieder verwendet wird, egal für welchen Einsatz tatsächlich geübt wird. Es ist egal, denn es ändert nichts am Prinzip. Wenn die Statisten Russisch-Kenntnisse haben sollen, dann geht es offensichtlich um Krisengebiete in der Nähe von Russland und mit Russland als Ziel. Ob das dann Afghanistan, die Ukraine oder Usbekistan ist, ist nur eine technische Frage.

Nun gut, Agenten werden immer angeworben, unter dem einen oder anderen Vorwand. Und die NATO bereitet sich dauernd auf Einsätze in und gegen Russland vor – dafür wurde die NATO schließlich geschaffen. Die Stellenanzeige wäre keiner Erwähnung wert. Allerdings hat Sputniknews über die Stellenanzeige berichtet, eine kritische Stellungnahme eines deutschen Abgeordneten inklusive. Und – welch Zufall! – die CIA-Pressestelle ist sofort zur Stelle. SPON schaltet eine als Artikel getarnte Werbeanzeige für die Stellenausschreibung. Die geforderten Russisch-Kenntnisse werden ganz am Ende ganz beiläufig erwähnt, selbstverständlich ohne Einordnung im Kontext.

Das ist ein herrliches Beispiel für Informationskrieg. In den politischen Blogs geistern diese Stellenanzeigen schon seit Wochen, vielleicht Monaten herum. Die kleinen Blogs bekämpft man am besten durch Totschweigen. Dann greift Sputniknews das Thema auf. Und Sputniknews ist schon gefährlich, es hat zwar keine große, aber doch eine gefährliche Reichweite. Keinen Tag später folgt der Konter eines großen Presseorgans. SPON versucht das Thema an sich zu reißen und im Sinne der Auftraggeber zu deuten.

Pressealltag im Informationskrieg.

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